Langer Ausfall, Sorge um Kimmich FC Bayern bezahlt Sieg gegen Union Berlin teuer
25.01.2024, 07:03 Uhr
Joshua Kimmich war böse auf die Schulter geknallt und hatte danach Schmerzen.
(Foto: IMAGO/MIS)
Der FC Bayern muss den nächsten Ausfall in der Defensive verkraften. Dayot Upamecano fällt nach einem Faserriss länger aus. Mit Joshua Kimmich und Konrad Laimer sind weitere Spieler angeschlagen. Die Suche nach Verstärkungen bekommt nun noch mehr Druck.
Thomas Tuchel war zufrieden. Und damit war beim FC Bayern schon viel gewonnen. Zwar hatten die Münchner nach der aufschreckenden 0:1-Niederlage gegen Werder Bremen ihren "Wut-Motor" nicht gewohnt hochtourig angeworfen, wie sonst nach schweren Rückschlägen, dafür aber war die Leistung gegen Union Berlin hochseriös. Ernsthaft in Gefahr ein Gegentor zu kassieren, war die Mannschaft des Rekordmeisters nicht. So ließe sich einzig darüber klagen, dass es lediglich zu einem eigenen Treffer gereicht hatte. Aber nach Tagen, in denen in München sehr, sehr viel geklagt worden war, tat seine blitzsaubere Nummer ohne Glanzpunkte in der B-Note auch mal gut.
"Ich denke, wir haben verdient gewonnen, auch wenn es knapp war. Wir haben das Ergebnis, das wir wollten", sagte Tuchel. Es wird sich kaum jemand finden, der eine Gegenrede hält. Wichtig war ihm besonders, dass seine Spieler aus dem gelangweilten Müßiggang herausfanden, den sie gegen Werder noch an den Tag gelegt hatten, und ihre Aufgabe dieses Mal "sehr aufmerksam und diszipliniert" abarbeiteten. Diese war, den Rückstand auf Tabellenführer Bayer Leverkusen von sieben Punkten auf vier zu verringern und damit den Druck hochzuhalten.
Hat ordentlich funktioniert. In den Modus der großen Zufriedenheit mochten die Bayern und ihr Trainer, der zuletzt doch reichlich verzweifelt gewirkt hatte, dennoch nicht verfallen. Noch immer ist die Mannschaft nicht da, wo man eine Münchner Mannschaft gerne sieht. Auf Platz eins, mit mitreißendem Fußball. Und so benannte der Coach auch klar, was ihm gegen die einzig aufs Verteidigen ausgerichteten Berliner nicht gefallen hatte: Die "Präzision" bei Flanken und beim Abschluss ließ zu Wünschen übrig, nach einer guten Viertelstunde zu Beginn der zweiten Hälfte habe es "einen Bruch in der Energie" gegeben. Darüber hinaus habe "das zweite Tor gefehlt". Ein (Rekord)-Treffer von Harry Kane nach der Führung von Raphaël Guerreiro (46.) wurde wegen Abseits zurückgenommen.
Der 22-fache Saisontorschütze verpasste so, die Hinrunden-Bestmarke von Robert Lewandowski zu überbieten. Der inzwischen für den FC Barcelona spielende Pole hatte in seiner 41-Tore-Rekordsaison 2020/21 in den 17 Hinrunden-Partien ebenfalls 22 Treffer für den FC Bayern erzielt.
Eric Dier überzeugt bei seinem Debüt
Guerreiro, um den es in den vergangenen Tagen viel gegangen war, weil er für Leon Goretzka gespielt hatte, machte seine Sache wieder gut. Und lieferte seinem Trainer weitere Argumente. Der hatte seine Aufstellung nämlich dahingehend verteidigt, dass der Portugiese derzeit gar keine Gründe liefere, ihn außen vorzulassen. Das tat, auch nach Meinung des Chefexperten Lothar Matthäus, ebenfalls Goretzka nicht. Dem Rekordnationalspieler zufolge sei der dynamische Mittelfeldmann nicht zu ersetzen und überdies auch für die Hierarchie sehr wichtig. Also spielten nun beide, dafür musste Alphonso Davies weichen. Dem formschwachen Linksverteidiger hatte der Coach bescheinigt, dass er seit Wochen Luft nach oben habe. Guerreiro rückte nach außen und überzeugte.
Das galt auch für Eric Dier, den bisher einzigen Wintertransfer. Er war zur Pause für Dayot Upamecano ins Spiel gekommen und fiel mit selbstbewusster Ausstrahlung und Souveränität auf. Tuchel zeigte sich vom Debüt sehr angetan: "Eric hat so gespielt, wie ich es erwartet hätte." Und er wird das in den kommenden Wochen wohl noch häufiger tun müssen. Denn die Münchner haben den Sieg gegen Union teuer bezahlt. Upamecano wird länger ausfallen. Bei einem Laufduell vor der Pause hatte er sich verletzt. "Es ist eine Sache von Wochen, nicht von Tagen. Das ist extrem bitter für Upa und für uns. Er ist seit vielen Wochen in absoluter Topform", sagte Tuchel.
"Es ist eine Faserverletzung der Oberschenkel-Rückseite", sagte Tuchel. Und tröstete sich nur ein bisschen damit, auf Dier setzen zu können. Der Transfer des englischen Nationalspielers, der bei den Tottenham Hotspur kaum eingesetzt worden war, habe sich somit schon "bezahlt gemacht." Und je nachdem, was die medizinische Abteilung nun noch so funkt, wird der Transferdruck auf Sportvorstand Christoph Freund weiter steigen. Denn Sorgen gibt es auch um den flexibel einsetzbaren Konrad Laimer und um Joshua Kimmich. Der Mittelfeldchef ist an der Schulter angeschlagen und hatte sichtlich Schmerzen, Laimer verließ die Arena später humpelnd. Beim Österreicher sei die Sorge eines Ausfalls allerdings größer als bei Kimmich, sagte Tuchel. "Ich hoffe, dass es so wenig wie möglich ist", sagte Laimer, der sich womöglich eine Muskelverletzung an der Wade zugezogen hat.
"Wir werden auf keinen Fall in Panik geraten"
In blinden Aktionismus wollen die Münchner trotz der neuen Sorgen und der Abstellungen von Min-jae Kim zum Asien-Cup und Noussair Mazraoui zum Afrika-Cup nicht verfallen. Die Transferpläne, so Tuchel, werden nun nicht im Handumdrehen umgeworfen. "Wir werden auf keinen Fall in Panik geraten, auch Verletzungen gehören in der Saison dazu. Wir sind nicht vom Glück verfolgt. Wir werden unsere Strategie nicht wegen einer Muskelverletzung über den Haufen werfen." Es sei aber klar, "was wir machen wollen - und was wir nicht machen." Etwa Kieran Trippier. Der englische Nationalspieler, um den es intensive Bemühungen gab, kommt definitiv nicht. Das Thema "sei erledigt", sagte Freund. Zu einem Interesse an Nordi Mukiele von PSG wollte sich nicht äußern.
Für große Aufregung hatte am Mittwochabend indes vor allem der Berliner Trainer gesorgt. Nenad Bjelica hatte Leroy Sané ins Gesicht gefasst und dafür Rot gesehen. Aus den eigenen Reihen hagelte es dafür Kritik. "Trainer und Spieler haben eine Vorbildfunktion. Emotionen sind okay, aber wenn es körperlich wird, geht das nicht", sagte etwa Nationalspieler Robin Gosens. "Er weiß, dass ihm da vielleicht die Sicherungen durchgebrannt sind. Da darf er sich nicht hinreißen lassen", sagte auch Kevin Vogt zum Aufreger um seinen Trainer.
Bjelica entschuldigte sich nach der Partie - allerdings ausdrücklich nicht bei "Gegner" Sané. "Es ist nicht zu tolerieren, was ich da gemacht habe, ich muss mich nur bei meiner Mannschaft entschuldigen", sagte Bjelica nach dem Spiel bei Sky, "nicht bei Sané: Er kommt in die Coaching Zone, um mich zu provozieren."
Quelle: ntv.de