Die Lehren des 32. Spieltags FC Bayern nimmt den Titel mit, BVB bocklos
18.06.2020, 09:31 Uhr
So gesittet sieht es aus, wenn der FC Bayern mal eben den achten Titel in Folge einsammelt.
(Foto: GES/gumzmedia/nordphoto)
Nummer acht in Folge, der FC Bayern ist wieder einmal Deutscher Meister. Also zu den wichtigen Dingen der Fußball-Bundesliga: Borussia Dortmund vergisst den Fußball, Erzfeind FC Schalke verlängert seine Horrorserie und Werder Bremen ist der große Verlierer.
Bayern langweilt mit der Zeitenwende-Meisterschaft
Fast hätte das alte Schlitzohr seinem vorherigen - und wahrscheinlich bald auch wieder neuen - Arbeitgeber noch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Werder-Stürmer Claudio Pizarro rutschte Millimeter am Ball am langen Pfosten vorbei und hätte beinahe die Münchner Meisterschaft noch verschoben. Aber Pizarro traf nicht und so ist wieder alles normal in der Bundesliga. Denn beim achten Titel in Folge muss das gesagt werden: Der Normalzustand bedeutet, Bayern war Meister, ist Meister - und wird Meister. Kein anderes Team kann finanziell und damit personell und spielerisch mit den Münchnern mithalten. Selbst eine schlechte Hinrunde und ein Trainerwechsel halfen den anderen Bundesligisten kaum. Wie soll das nur werden, falls die Sanés und Havertz' wirklich alle kommen? Und können die restlichen 17 Mannschaften überhaupt noch etwas gegen die konstante Vormachtstellung des Krösus unternehmen?
Die Feier der Bayern fiel auf dem Platz im Anschluss so gelangweilt aus, wie der Rest der Liga seit Jahren auf die Spitze blickt. Denn: Die Bundesliga zählt für die Bayern schon lange nicht mehr. Sie ist Pflichtprogramm. Fest eingeplant. Ebenso eigentlich der DFB-Pokal, auch wenn es da in einem Spiel immer mal eine Überraschung geben kann. Aber die Kür, das ist mittlerweile die Champions League. Danach sehnen sie sich in München, endlich soll zum ersten Mal seit dem Triumph in London 2013 der Henkelpott dieses Jahr wieder her. Spannend wird zu beobachten sein, wie der Rekordmeister dann im August in das nach Lissabon verschobene Königsklasse-Turnier reinkommt. Fast anderthalb Monate wird dann das letzte Pflichtspiel her sein, während die Mannschaften aus England und Spanien voll im Rhythmus sein dürften. Sollte Bayern-Coach Hansi Flick gleich in seiner ersten Saison das Triple holen können? Jupp Heynckes, der einzige Bayern-Trainer, der in einem Jahr Meisterschaft, Pokal und Europacup holen konnte lobt im "Kicker" schon mal: "Am meisten imponieren mir die Homogenität der Elf auf dem Platz und die Harmonie der Spieler außerhalb." Er sehe darin das "Werk Hansi Flicks". In den Augen des 75 Jahre alten Heynckes ist Flicks Ernennung zum Cheftrainer "eine Zeitenwende für den Verein". Und das heißt für die Bundesliga nichts Gutes.
BVB hat keinen Bock mehr
Borussia Dortmund verliert. 0:2 steht es am Ende des 32. Spieltags für den Tabellen-Zweiten. Kann ja mal passieren - wirklich? Gegen den 15. aus Mainz? Die Mannschaft von Trainer Achim Beierlorzer hat sich damit wohl den Klassenerhalt beschert, hat nun fünf Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz - bei noch sechs zu verteilenden Punkten. Am Samstag geht es gegen den direkten Konkurrenten Werder Bremen darum, die zwölfte Bundesligasaison in Folge einzutüten. Die Ausgangsposition ist äußerst ansprechend. Das liegt auch am desolaten BVB. Die Niederlage folgt auf das Spiel in Düsseldorf, das die Dortmunder erst in der 95. Minute für sich entschieden (1:0). Für Trainer Lucien Favre war die Partie eine "große Enttäuschung". Und nahm damit sein Team eigentlich noch in Schutz. Die Kritik hätte drastischer ausfallen können, nein müssen. Nur selten Torgefahr, fehlende Durchschlagskraft, Ideenlosigkeit. "Heute hat uns alles gefehlt. Das war vielleicht das schlechteste Heimspiel überhaupt", sagte Thorgan Hazard dann schon deutlicher.
Gut, Favre hatte erneut viele Ausfälle zu beklagen, auf der Bank saßen unter anderem Marco Rente, Taylan Duman und Alaa Bakir - bislang unbekannte Nachwuchsspieler. Und ebenfalls ein Argument: Seit Dienstagabend ist die Meisterschaft endgültig dahin, der BVB konnte die Bayern nun auch rein rechnerisch nicht mehr einholen. Die Qualifikation für die Champions League ist dagegen gesichert. Alles in dieser Saison mögliche also eingefahren? Und deswegen in den Trödel-Modus verfallen? Das spricht nicht fürs Favre-Team. Platz zwei ist noch nicht fix, RB Leipzig lauert nur drei Punkte zurück - und Zweiter klingt doch besser als Dritter. Allerdings ist das einigen in Dortmund offenbar recht egal.
Union zeigt es allen
Eines war (fast) allen Bundesliga-Experten schon vor der Saison klar: Ein Absteiger stand bereits fest - und dieser hieß Union Berlin. Der Neuling im Oberhaus beeindruckte aber die etablierten Teams ein ums andere Mal. Gleich im zweiten Heimspiel wurde mal schnell der BVB mit 3:1 vom Platz gefegt, im ersten Hertha-Union-Derby der Bundesliga gewannen die Köpenicker den ersten Teil der Stadtmeisterschaft - und mit dem 1:0 gegen Paderborn schafften sie nun schon bei noch zwei verbleibenden Spieltagen den vorzeitigen Klassenerhalt. In der gesamten Saison stand die Mannschaft, die aus Bundesliga-Frischlingen und etablierten Kräften wie Neven Subotic und Christian Gentner gekonnt zusammengestellt worden war, nur am ersten Spieltag auf einem Abstiegsrang. Chapeau!
Da wird man es dem nun nicht mehr ganz so neuen Neuling nachsehen, dass er die Corona-Regeln nach Abpfiff kurz mal vergaß. "Singt weiter! Singt weiter!", rief Union-Coach Urs Fischer zu einem Haufen Anhängern, die sich nach dem Paderborn-Spiel am Stadion an der Alten Försterei versammelten und "Fischer"-Sprechchöre skandierten. "Es waren keine Dinge dabei, die ausgeartet sind", erkannte Manager Oliver Ruhnert an, um gleich darauf zu beschwichtigen: "Das meiste war mit Abstand. Wenn überhaupt war die Thematik sehr, sehr kurzzeitig. Ich denke, dass es kein großes Thema werden wird." Wurde es auch nicht. Der Klassenerhalt des eigentlich sicheren Absteigers aus Union dafür umso mehr.
Werder ist der Verlierer des Spieltags
Der SC Paderborn ist abgestiegen, aber wer folgt den Ostwestfalen in die 2. Liga? Seit gefühlten Ewigkeiten scheint es der SV Werder Bremen zu sein. Nach 30 Jahren gilt der erste Abstieg des Klubs fast als besiegelt. Doch an der Weser regiert das Prinzip Hoffnung - solange nix fix ist, ist nix fix. Schließlich hatten es die Konkurrenten auch nicht leicht an diesem Spieltag. Während die Bremer mit ansehen mussten, wie der FC Bayern die achte Meisterschaft lapidar ohne große Freude mitnimmt, musste Mainz in Dortmund ran und Düsseldorf war zu Gast in Leipzig. Die Abstiegszone duellierte sich mit den ersten Dreien der Tabelle. Bleibt also alles eng - denkste. Dortmund lässt die Mainzer wehrlos siegen (siehe oben) und RB verpatzt den Sieg gegen die Fortuna (2:2). Bedeutet für Bremen: Platz 15 ist nur noch sehr theoretisch machbar, um den Relegationsplatz wird es in den letzten zwei Spielen ein enger Fight mit der schlechteren Ausgangsposition.
Umso ärgerlicher, dass die Münchner nur mit 1:0 gegen Bremen gewannen - und vor allem, dass Pizarro (siehe oben) in der 90. Minute nicht doch noch irgendein zur Torerzielung zugelassenes Körperteil an den Ball bekam. Mit einem Punkt mehr wären die Bremer mit Düsseldorf gleichauf, die letzten beiden Spieltage wären noch enger. So aber jubeln - zumindest vorerst - die Düsseldorfer. "Es ist zwar wieder nur ein Unentschieden, aber das fühlt sich wie ein Sieg an", sagte Kaan Ayhan. Und Werder-Coach Kohfeldt? Bleibt bei der Hoffnung: "Wir sollten sechs Punkte holen, um eine hohe Wahrscheinlichkeit zu haben, um zumindest die Relegation zu schaffen." Los geht's mit der Punktejagd am Samstag gegen den nun beinahe geretteten FSV Mainz 05.
Schalke setzt die Horror-Serie fort
Der Start in die Rückrunde scheint Ewigkeiten her. Damals konnte der FC Schalke 04 noch gewinnen. 2:0 hieß es gegen Borussia Mönchengladbach. Nun, das war am 17. Januar. Seitdem ist die Mannschaft von Trainer David Wagner sieglos. Fünf Monate, knapp 22 Wochen oder noch genauer: 153 Tage. Gegen Eintracht Frankfurt - wir erinnern uns, die steckten selbst mal in einer Krise - endet die Partie 1:2. Es ist das 14. Spiel ohne einen Dreier. Die krisengeplagten Schalker können nicht einmal auf dem Platz für Besserung sorgen. Es passt irgendwie zu einem FC Schalke, der in heftiger Geldnot steckt, der seine Fans mit "Härtefall-Formularen" erzürnt, dessen Boss Clemens Tönnies nun auch noch Coronavirus-Stress in seinem Schlachtbetrieb hat.
Kaum zu glauben, aber erst mit der Pleite gegen Frankfurt ist die Europa League endgültig außer Reichweite. So aber sitzen die Gelsenkirchener mit 39 Punkten auf Platz zehn fest, mussten die Eintracht vorbeiziehen lassen. "Wir haben die erste Halbzeit verschenkt", urteilte Kapitän Bastian Oczipka. Wagner wird dagegen nicht müde, das Positive zu suchen - und zu finden: "Wie die Jungs sich gewehrt haben, verdient Respekt." Und: "Wir werden weiter arbeiten." Und: "Jedes Spiel hilft, sich zu entwickeln." Und, Achtung, der Höhepunkt: "Ich glaube daran, dass wir noch ein Spiel gewinnen werden." Angesichts der beiden noch ausstehenden Spiele ist das geradezu vollmundig: Es geht gegen den VfL Wolfsburg und den SC Freiburg. Beide stehen in der Tabelle über den Schalkern.
Der FC Bayern ist Meister, spannend bleibt's dagegen im Abstiegskampf: Der 1. FSV Mainz 05 kann sich am Samstag im Duell mit dem SV Werder Bremen endgültig retten, die Werderaner wiederum kämpfen noch mit Fortuna Düsseldorf um den begehrten Platz für die Relegation.
Quelle: ntv.de