Unzufrieden-Debüt bei Chelsea Tuchel wirft dunklen Schatten auf Zauberer Potter
16.09.2022, 11:44 Uhr (aktualisiert)
"Es ist, was es ist", erklärt Graham Potter.
(Foto: picture alliance / empics)
Vor langer Zeit verlässt Graham Potter seine Komfortzone. Aus England zieht es ihn nach Schweden. Dort meistert er nicht nur ein Abenteuer, sondern gerät ins Visier der großen Klubs in England. Viele Jahre später ist er ganz oben. Doch der alte Chelsea-Trainer wirft noch einen Schatten auf den neuen.
Der FC Chelsea steht nur eine Woche nach dem Aus von Trainer Thomas Tuchel vor einer Herkulesaufgabe in der Champions League. Nach dem enttäuschenden 1:1 (0:0) gegen RB Salzburg gestand der neue Coach Graham Potter, dass er nicht zaubern kann. Unterdessen feierten die Fans der Blues ein letztes Mal den gefeuerten Ex-Mainzer. Sie sangen ein Lied für ihn.
Die Entlassung war eine Überraschung. Nur wenige Stunden nach dem 0:1 bei Dinamo Zagreb zum Auftakt der Champions League musste Thomas Tuchel in der vergangenen Woche seine Zelte beim FC Chelsea abbrechen. Todd Boehly, der neue Mit-Eigentümer und Klub-Boss, hatte andere Visionen für den Verein nahe der Themse.
Der US-Amerikaner ließ es sich nicht nehmen, dem 49-jährigen Deutschen noch ein unfreundliches "offensichtlich äußerst talentiert" hinterherzurufen und dann in die Zukunft zu schauen. Neben großen Plänen für den englischen und europäischen Fußball hat Boehly natürlich auch Visionen für Chelsea.
Potter geht auf Heldenreise
Die soll nun Graham Potter gestalten. Der ehemalige U21-Nationalspieler Englands hatte in den vergangenen Jahren einen atemberaubenden Aufstieg hingelegt. Über unterklassige Ligen in England war er im Januar 2011 bei Östersund, damals ein schwedischer Viertligist, gelandet. "Im Leben muss man seine Komfortzone verlassen", blickte der 47-Jährige dieser Tage zurück auf den Antrieb hinter seinem Abenteuer.
Innerhalb von nur sechs Jahren führte er Östersund nach oben, zum Pokalsieg und in die Europa League. Dort machte Potter, dem die englische Presse mittlerweile zu Füßen lag, unter anderem mit einem Sieg über Hertha BSC auf sich aufmerksam. Bald schon war er zurück auf der Insel, bei Swansea City in der Championship. Nach nur einem Jahr ging es in die Premier League. Potter formte Brighton & Hove Albion zu einer der spannendsten Mannschaften der Liga und sich zu einem der begehrtesten Trainer der Liga.
Zu einem, der Chelseas neuem Visionär, also Boehly, 20 Millionen Pfund wert war. So viel überwies Chelsea an die "Seagulls", die laut dem Portal "The Athletic" ihrerseits nun ein Auge auf Mainz-Trainer Bo Svensson geworfen haben sollen. Der ewige Kreislauf, der Potter an die Spitze des Systems brachte und ihn am Mittwoch direkt in der Champions League debütieren ließ.
"Super Tommy Tuchel"
Ein für Potter gänzlich unbekannter Wettbewerb, dem er nach eigenen Angaben nicht einmal als Zuschauer beigewohnt hatte und bei dem er nur ein runtergedrehtes Debüt feierte. Weil nach dem Tod von Queen Elizabeth II. auf die Hymne der Champions League verzichtet wurde, weil er mit schwarzem Anzug und Schlips erschien und während der Schweigeminute für die verstorbene Monarchin einen Journalisten auf der Pressetribüne reden hörte. Der Rest der Chelsea-Bank brachte den Mann mit Blicken zum Schweigen, schrieb der "Guardian".
Das wollte ihnen nicht in der 21. Minute gelingen. Da brachen die Zuschauer an der Stamford Bridge in einen letzten Gesang für ihren geliebten "Super Tommy Tuchel" aus und zeigten Potter den Weg, der noch vor ihm liegt. Später, in der zweiten Halbzeit, jubelte er über Raheem Sterlings Führungstreffer und ärgerte sich über Noah Okafors Ausgleich. Mit dem Unentschieden bleibt Chelsea am Ende der Gruppe E. Noch ist nichts verloren, doch gewonnen eben auch nicht. "Wir sind enttäuscht. Die Jungs haben alles gegeben, es sollte nicht sein", sagte er: "Es ist nicht die Position, in der wir sein wollen. Es ist, was es ist." Eine Herkulesaufgabe außerhalb der Komfortzone.
(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 15. September 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de