Fußball

6 Dinge, gelernt am 22. Spieltag FCB kriselt, Paderborn kniet, BVB gesundet

Und sie jubeln dennoch: Zwei Tore weniger als zuletzt gegen den Hamburger SV gelangen dem FC Bayern am Samstag in Paderborn.

Und sie jubeln dennoch: Zwei Tore weniger als zuletzt gegen den Hamburger SV gelangen dem FC Bayern am Samstag in Paderborn.

(Foto: imago/Eibner)

Während die Tendenz beim FC Bayern abwärts zeigt, üben sie in Ostwestfalen nach dem Schützenfest den Kotau, Sepp Herberger irrt und Augsburgs Torwart Marwin Hitz verhandelt schlecht.

1. Die Bayern haben eine Luxuskrise

Die gute Nachricht für den FC Bayern ist: 14 Tore haben die Münchner nun in ihren jüngsten beiden Spielen der Fußball-Bundesliga geschossen. Die schlechte Nachricht für den Spitzenreiter: Die Tendenz ist fallend. Waren gegen den Hamburger SV noch acht Treffer, gelang der Mannschaft von Trainer Josep Guardiola nun am 22. Spieltag in Paderborn nur sechs. Zudem sind diese 14 Tore kein Rekord. Den hält immer noch die Mönchengladbacher Borussia. In der Saison 1977/1978 besiegte die Elf vom Niederrhein erst den HSV mit 6:2, dann am letzten Spieltag die Namenscousine aus Dortmund mit 12:0. Meister wurde übrigens dennoch der 1. FC Köln - zum bisher letzten Mal.

"Besser kann es nicht sein": Robert Lewandowski.

"Besser kann es nicht sein": Robert Lewandowski.

(Foto: AP)

Das ist lange her, zurück zur aktuellen Krise des FC Bayern. Sportvorstand Matthias Sammer hatte ja jüngst die Welt belehrt, die Münchner seien gar nicht so stark wie alle denken. Wir lassen das mal so stehen und denken uns: So eine Krise hätten wir auch gerne. Die besteht beim FC Bayern nämlich, wenn überhaupt, darin, dass Guardiola so viele gute Spieler in seinem Kader hat, dass nicht immer alle spielen können. Beim Schützenfest in Ostwestfalen saßen zum Beispiel die deutschen Nationalspieler und Weltmeister Bastian Schweinsteiger und Mario Götze auf der Bank. Abgesehen davon, dass sie sich dort köstlich amüsiert haben, tat das dem Spielfluss der Münchner keinen Abbruch. Dann wirbeln und treffen halt der erneut überragende Arjen Robben und Franck Ribéry. Auch Angreifer Robert Lewandowski, dem, weil er in der Champions League beim 0:0 gegen Donezk auf der Bank saß, ein leicht gestörtes Verhältnis zum Trainer nachgesagt wurde, stand in der Startelf - und erzielte prompt zwei Tore. Wie hatte Guardiola vor der Partie gesagt: "Wenn Lewandowski nicht spielt, ist es ein Problem mit Lewandowski. Wenn Götze nicht spielt, ist es ein Problem mit Götze." Lewandowski kommt nun auf zehn Treffer in 20 Bundesligaspielen und sagte hinterher: "Ich habe kein Problem, ich will natürlich jedes Spiel spielen. Wenn ich ein Tor schieße und wir gewinnen: Besser kann es nicht sein." Wenn alles so läuft wie bisher, gewinnen die Bayern dann am nächsten Freitag mit 4:0 gegen den FC Köln. Tendenz: fallend. Oder wie Robben es formulierte: "Es läuft ganz okay."

2. Paderborns Breitenreiter kniet vor Guardiola

Das fand auch Paderborns Trainer André Breitenreiter. Jedenfalls sagte er das. "Wir haben gegen die weltbeste Mannschaft gespielt mit dem weltbesten Trainer. Vielen Dank für das tolle Erlebnis." Klingt wie ein verbaler Kniefall nach der höchsten Niederlage des Aufsteigers in dieser ersten Saison in Deutschlands höchster Spielklasse, hätte nur noch gefehlt, dass er den Kollegen Guardiola um ein Trikot von Arjen Robben und einen Satz Autogramme bittet. Ein wenig verwunderte diese Demut vor dem Klassenprimus dann doch. Natürlich können die Paderborner nicht mit dem FC Bayern mithalten und natürlich können sie auch ein Heimspiel gegen die Münchner mit 0:6 verlieren. Aber danke, danke, danke? Und "tolles Erlebnis"? Absurd! Auch wenn es sein kann, dass sich da einer einfach für guten Fußball begeistert. Vielleicht aber wollte Breitenreiter auch nur davon ablenken, dass es für den SC Paderborn langsam, aber sicher sehr eng wird im Kampf gegen den Abstieg. Wenn das der Plan war, ist er aufgegangen. Manager Michael Born jedenfalls argumentierte in die gleiche Richtung: "Wir brauchen nicht von einem Rückschlag zu sprechen, wenn man gegen Bayern verliert. 0:6, o.k., aber ohne die Rote Karte wäre es nicht so hoch ausgefallen. Dieses Spiel muss man isoliert sehen." Schließlich hatte der große Guardiola hinterher gesagt: "Ich bin mir sicher, Paderborn bleibt in der Bundesliga." Was das alles wert ist, zeigt sich dann am kommenden Sonntag. Dann spielt der SC Paderborn in Mönchengladbach - beim Tabellendritten.

3. Auch Sepp Herberger kann sich irren

Einem Weltmeister zu widersprechen ist unhöflich. Und wenn dieser Weltmeister noch Trainer-Legende Sepp Herberger ist, dann wird's noch unhöflicher. Aber, dass müssen wir an dieser Stelle mal in aller Deutlichkeit sagen, was der Josef da vor dem WM-Finale 1954 sagte, stimmt einfach nicht - oder nicht mehr. Zur Erinnerung: Der Herberger motivierte seine Jungs gegen die favorisierten Ungarn mit den Worten: "Der Ball ist rund und ein Spiel dauert 90 Minuten".

Aber eigentlich stimmt immer noch alles, was er gesagt hat: Sepp Herberger.

Aber eigentlich stimmt immer noch alles, was er gesagt hat: Sepp Herberger.

Nun, über die geometrische Form des Spielgeräts braucht hier sicher nicht diskutiert zu werden. Wohl aber über den Umstand, dass so ein Fußballspiel nach exakt zweimal 45, in der Summe also 90 Minuten abgepfiffen wird. Gut, jetzt mag der eine oder andere vielleicht einwenden: Ein, zwei, drei Minuten mehr, was macht das schon, seien wir nicht so kleinkariert und lassen dem Sepp doch seine Weisheit. Aber nein, da müssen wir entschieden einhaken. Denn gerade diese ein, zwei, drei Minuten obendrauf geben einem Spiel mitunter eine ganz andere Wendung. Diese süße oder bittere Erkenntnis – das ist natürlich immer eine Frage der Perspektive - hatten am 22. Spieltag gleich sechs Vereine. In Hamburg, Leverkusen und Schalke war die Welt nach 90 Minuten noch in Ordnung. Und wäre der alte Herberger-Satz allgemein und verbindlich gültig, wäre sie auch in Ordnung geblieben. Weil aber selbst Weltmeister-Weisheiten nicht unumstößlich sind, durften Gladbacher, Augsburger und Bremer ihre Welt in der Herberger-plus-X-Phase noch gerade rücken. Und so sicherten der Borusse Branimir Hrgota (1:1), Bremens stürmende Abwehrkante Sebastian Prödl (1:1) und FCA-Keeper Marwin Hitz (2:2) ihren Klubs einen späten Punkt. Sie alle haben genau das gemacht, was der Sepp immer schon verlangte: Das Runde muss ins Eckige.

4. Borussia Dortmund gesundet - langsam

3:0 in Freiburg, 4:2 gegen Mainz und nun 3:2 in Stuttgart - der Februar markiert das Ende der langen Talfahrt von Borussia Dortmund. Und das hat seine Gründe. Jürgen Klopp hat endlich wieder das, was er in den guten Zeiten der vergangenen Jahre am liebsten hatte: eine Stammelf, die über mehrere Wochen tatsächlich eine solche ist. Der körperlichen Gesundung weiter Teile des Kaders folgt nun die spielerische. Und es sind die spielerischen Elemente, die den BVB derzeit erfolgreich machen: Nuri Sahin und Ilkay Gündogan als Strippenzieher mit Zug zum Tor - der eine, Sahin, traf gegen Mainz, der andere, Gündogan, nun in Stuttgart. In der Offensive knüpft Shinji Kagawa erstmals seit seiner Rückkehr nach Dortmund an die Form vergangener Tage an. Marco Reus und Pierre-Emerick Aubameyang ragen vorne heraus. Anfällig bleibt das Team in der Defensive. Und eben die wird bei den kommenden Aufgaben stärker gefordert sein - am Dienstag in der Champions League bei Juventus Turin und am Samstag in der Bundesliga gegen Schalke 04. Rechtzeitig für diese beiden Kracher ist das schwarzgelbe Glas aber eher halbvoll als halbleer zu betrachten. Unabhängig vom Ausgang dieser beiden Spiele wird es sich im Frühjahr ganz sicher weiter füllen.

5. Torhüter sind keine Verhandlungskünstler

Kommen wir noch einmal zum Torschützen Marwin Hitz. Der ist nämlich gerade ein bisschen zu kurz gekommen. Nun ist es keine Bundesliga-Premiere, dass ein Torwart mal aus dem Spiel heraus einen Treffer erzielt. Der erste, dem das gelang, war Jens Lehmann im Jahr 1997. Ausgerechnet im Derby gegen Borussia Dortmund gelang dem damaligen Schalker im Westfalenstadion kurz vor Schluss der Ausgleich (2:2). Fünf Jahre später traf Frank Rost für seine Bremer in der 89. Minute zum 3:3 gegen Hansa Rostock. Durch ein Elfmeter-Tor von Ailton gewann Werder am Ende sogar noch mit 4:3.

Und nun, am Samstag, traf also Marwin Hitz. In bester Manier des Bochumer Top-Angreifers Simon Terodde drehte sich der Schweizer Keeper in der 94. Minute elegant um die eigene Achse und hämmerte den Ball an Leverkusens Schlussmann Bernd Leno vorbei ins Netz zum 2:2. Das war ein historischer Moment. Und sicher auch ein schöner Augenblick für Hitz, der sich aber, nachdem der erste Jubel abgeebbt war, direkt mal in den Popo beißen wollte. Denn, was für ein unfassbarer Fauxpas, bei den Vertragsverhandlungen hatte er vergessen, eine Torprämie auszuhandeln.

6. Dem VfB scheint nichts mehr zu helfen

Dortmund entfernt sich mit großen Schritten aus der Abstiegszone. Zwischenstand: Platz zwölf. Ebenso zielstrebig rutschen Klubs wie Köln, Paderborn, Hertha und Stuttgart immer tiefer ab. Am stärksten ist die Bedrohung beim VfB, der in diesem Jahr noch nicht gewonnen hat. Die Anhänger der Schwaben staunen immer noch darüber, dass die Abwehr in der Winterpause nicht verstärkt wurde. Beim Stevens-Team deutet derzeit alles auf den ersten Abstieg seit 40 Jahren hin. Überraschend käme er nicht. Die Qualität des Stuttgarter Spiels lässt schon seit Jahren stetig nach.

Eingerahmt wird die zweite Tabellenhälfte von Stuttgart auf Rang 18 und Hannover auf Rang zehn. Am kommenden Wochenende treffen sie aufeinander, und, was sie noch verbindet, auch Hannover 96 ist 2015 noch ohne Sieg. Alle anderen Abstiegskämpfer haben in der Rückrunde schon zumindest einmal gewonnen. Ein Zeichen dafür, dass der Kampf ums rettende Ufer bis zuletzt spannend bleiben dürfte.

Quelle: ntv.de

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