Schwerste Momente bei der EMFürs DFB-Team litt Giulia Gwinn "unfassbar schlimm"

Nach außen lächeln, innerlich zertrümmert: Giulia Gwinn stellt ihre eigenen Gefühle hinten an, nachdem sie bei der Fußball-EM schon im ersten Spiel verletzt ausfällt. Sie gibt alles für das Team, obwohl sie extrem darunter leidet.
Die Schiene am Bein, die Krücken in der Hand - und doch beim DFB-Team bei der Europameisterschaft. Kapitänin Giulia Gwinn musste zugucken, beim Training, bei den Spielen. Sie hat ihre eigenen Gefühle bei dem Turnier im Sommer in der Schweiz hinten angestellt. "Es war unfassbar schlimm, wenn ich ehrlich bin", sagte die 26 Jahre alte Verteidigerin im Podcast "Wie geht's" von Nationalspieler Robin Gosens.
Im ersten Spiel gegen Polen (2:0) hatte sich die Abwehrspielerin des FC Bayern eine Innenbandverletzung im linken Knie zugezogen. Sie hatte im Strafraum einen Ball weggegrätscht und so den sicheren Führungstreffer der Polinnen verhindert. Die Folgen waren schwerwiegend, dennoch blieb sie beim Team. "Es war quasi einfach nur ein Funktionieren für die Mannschaft", so Gwinn. "Ich habe sehr darunter gelitten."
Die Rolle als Kapitänin habe sie im Sinne des Teams aber auch ohne eigene Spielzeit unbedingt erfüllen wollen - und ihre innerlichen Leiden deshalb verborgen. "Ich habe es nicht nach außen gezeigt, habe versucht, irgendwie so eine Maske zu tragen, weil es mir einfach wichtig war, dass die Mannschaft da nicht von beeinflusst wird, aber es war schon ein sehr, sehr großer Kampf", sagte Gwinn.
Die EM war für sie gelaufen, viele Wochen musste sie pausieren. Wenn auch nicht so lange, wie sie es von ihren zwei zuvor erlittenen Kreuzbandrissen bereits musste. 2020 und 2022 schaffte sie jeweils das Comeback. Die Verletzung bei der EM im Sommer - Gwinns erstes Turnier als Kapitänin - sei der bisherige Tiefpunkt in ihrer Karriere. "Es war für mich viel, viel schlimmer als die Kreuzbandrisse", sagte die aus der Bodensee-Region stammende Führungsspielerin. Sie habe gleich gemerkt, ihr Knie "verdreht sich gerade ganz unschön".
Zwar habe sie vom Gefühl her einen Kreuzbandriss direkt ausgeschlossen, aber auch gewusst: "Dieses Turnier wird gelaufen sein für mich. Und diese Realität so krass zu spüren, das war das Schlimmste, was mir passieren konnte. Da ist so eine Welt für mich zusammengebrochen."
Heute Abend kann Gwinn in ihrem 68. Länderspiel die vorläufige Krönung als Kapitänin erleben. Im Nations-League-Finalrückspiel (18.30 Uhr/ARD und im ntv.de-Liveticker) geht es für das Team von Bundestrainer Christian Wück in Madrid gegen Spanien um den ersten Titel seit Olympia-Gold 2016. Für Gwinn und ihre Mitspielerinnen wäre es die Titel-Premiere im DFB-Trikot. Das Hinspiel am Freitag in Kaiserslautern endete trotz vieler guter DFB-Chancen torlos. Für das zweite Duell im Estadio Metropolitano sind bereits 45.000 Tickets verkauft worden.