Fußball

Guardiola staunt über City-Freak Haaland frisst Gegner, Legenden und Rekorde

Noch Fragen? Erling Haaland ist der beste Stürmer der Premier League. Mindestens.

Noch Fragen? Erling Haaland ist der beste Stürmer der Premier League. Mindestens.

(Foto: IMAGO/Sportimage)

Erling Haaland trifft und trifft und trifft. Nichts und niemand kann diesen phänomenalen Norweger aufhalten. Gegen West Ham United schnappt sich der Angreifer von Manchester City den nächsten Rekord. Und greift nun sogar eine fast 100 Jahre alte Bestmarke an.

Als sich Erling Haaland in der 70. Minute aus dem Mittelfeld aufmachte, als er das Tempo in seiner typischen Art anzog, da dürfte ganz England klar gewesen sein: Jetzt wird es historisch. Zwischen den beiden Innenverteidigern von West Ham United sauste er hindurch, wurde von seinem Teamkollegen Jack Grealish perfekt angespielt und chippte den Ball schließlich über den polnischen Keeper Łukasz Fabiański hinweg ins Tor. Schön war's und eben etwas für die Geschichtsbücher. Zum 35. Mal hatte das norwegische Sturm-Phänomen von Manchester City am Mittwochabend in der Premier League zugeschlagen. Er hat damit häufiger in einer Saison getroffen, als jeder andere vor ihm.

Jeder andere, das waren bis zu dieser nachgeholten Partie des 28. Spieltags die englischen Sturm-Legenden Alan Shearer und Andy Cole. Shearer machte sich in den 90er-Jahren bei den Blackburn Rovers und Newcastle United zur Legende, Cole vor allem bei Manchester United. "Das ist irre", kommentierte Englands Fußball-Ikone Gary Lineker die historische Leistung bei Twitter, und auch die Liga beglückwünschte den früheren Dortmunder. "Meine Gedanken sind bei Alan Shearer in dieser schwierigen Zeit", meinte Lineker ironisch. Der entthronte Stürmer reagierte: "Hätte mir nicht wünschen können, dass der Rekord an einen netteren Kerl geht. Es hat nur 28 Jahre gedauert. Er ist der Beste."

"Wir haben erwartet, dass er Tore erzielt, aber ..."

Diese Giganten der Vergangenheit nun einkassiert zu haben, lässt auch Haalands Coach Pep Guardiola staunend zurück. Wobei das Wort "auch" völlig Fehl am Platz. Denn niemand im Weltfußball staunt schöner über seine Spieler als der stolze Katalane. Auf ewig unvergessen sind seine 1000 Dantes. "Er ist unglaublich. Er ist erst 22 - und hat noch fünf Spiele vor sich. Wir haben erwartet, dass er Tore erzielt, aber dass er die Rekorde von Cole und Shearer bricht …", meinte Guardiola ungläubig. Schon oft hatte der Coach Fußballer mit einem Superlativ-Feuerwerk in den Himmel gelobt, sie dann auf der Erde vergessen. Im Fall Haaland lässt sich das ausschließen.

Der Sturmbüffel ist das fehlende Puzzleteil in einem perfekt komponierten Ensemble, dem vermutlich derzeit besten der Welt. Und dem womöglich auch erfolgreichsten. In der Premier League ist die Mannschaft durch den furiosen Lauf der vergangenen Wochen doch noch am FC Arsenal vorbeigezogen - und hat einen Acht-Punkte-Rückstand aufgeholt. Entschieden ist bei bloß einem Punkt Vorsprung zwar noch nichts, aber die Citizens haben ein Spiel weniger ausgetragen. Zudem steht der Verein im Halbfinale der Champions League (gegen Real Madrid) und im Endspiel des FA Cups (gegen Man United). Und sehr viel hängt mit Haaland zusammen, der das Spiel der Weltfußball wieder und wieder veredelt. Besonders schön und unaufhaltsam, wenn er mit Kevin de Bruyne auf dem Platz steht, was gestern nicht der Fall war.

Manchester City scheint nicht mehr aufzuhalten

In diesen Wochen, in denen City glänzt und Haaland ohne Ende und Gnade trifft, wirkt es noch einmal reichlich absurder, dass in dieser Saison, im Februar, auch darüber diskutiert worden war, ob die Mannschaft ohne diesen Stürmer stärker sei, weil weniger ausrechenbar. Lineker scherzte ob der Debatten: "Wartet nur ab, wenn er sich erst mal an den Premier-League-Fußball gewöhnt hat." Die Antwort auf die oben diskutierte Frage musste nicht mehr ausgesprochen werden, sie ist Woche für Woche auf dem Feld zu sehen. Und sollte sich Guardiola auf dem Weg zum Titel-Triple nicht wieder irgendwelche taktischen Absurditäten ausdenken, etwa Haaland in die Innenverteidigung zu stellen, dann wirkt City nicht mehr aufzuhalten. Wie abgezockt diese Mannschaft spielen kann, hat der FC Bayern zuletzt zu spüren bekommen. Obwohl die wankenden Münchner im Viertelfinale der Königsklasse alles in die Duelle hereinwarfen, waren sie chancenlos. Sie spielten mit, aber waren nie auch nur den Hauch dran an der Sensation.

Die wäre es gewesen. Das zeigt eben auch, wie weit sich die Investorenklubs mittlerweile von den klassischen Vereinen entfernt haben. Um in der Königsklasse im Titelkampf ernst genommen zu werden, brauchen Klubs wie der FC Bayern extrem kreative Lösungen auf dem Transfermarkt, während City und Konsorten einfach schauen können, wer im Weltfußball zum Riesen erwächst und dann zuschlagen. Es ist längst ein Transferkampf in einem elitären Kreis. Und Haaland ist der derzeit schillerndste Diamant. In seiner Karriere ging es bislang immer nur auf dem Weg nach oben, von Salzburg über den BVB bis nach Manchester. Eine Grenze? Derzeit nicht ersichtlich.

"Ich weiß nicht, was ich sagen soll", stammelte der 22-Jährige bei seiner kurzen Kabinenansprache nervös, "aber ich bin sehr glücklich. Vielen Dank, Jungs!" Der Rest waren Jubel und Applaus. Der an Wortgirlanden reichen englischen Presse gingen derweil die Superlative aus. Haaland, schrieb die altehrwürdige "Times", spiele "in einer eigenen Liga", der "Independent" titelte: "Huldigt Haaland!" Guardiola, der das Spalier höchstselbst organisiert hatte, tat genau dies - und verglich Haaland sogar mit seinem einstigen Musterschüler Lionel Messi. An Torgefahr und Mentalität, betonte er, könne es der Angreifer mit dem siebenmaligen Weltfußballer aufnehmen. "Wir lernen so viel von ihm", schwärmte Guardiola, "auch ich als Trainer. Er ist etwas Besonderes, ein einzigartiger Mensch." Eines Tages, prophezeite der Trainer, "wird er seine eigenen Rekorde brechen".

"Ich meine das höflich - Erling Haaland ist ein Freak"

Mehr zum Thema

Am vergangenen Wochenende hatte er natürlich auch getroffen, beim knappen 2:1-Sieg gegen den FC Fulham. Es war wettbewerbsübergreifend sein 50. Treffer. Das Fußball-Mutterland war verzückt. "Ich meine das höflich - Erling Haaland ist ein Freak", sagte Shearer der BBC. "Wenn man sich einen Mittelstürmer malen könnte, würde er ungefähr so aussehen wie er", betonte er. 50 Tore in allen Wettbewerben hatte ein Erstligaspieler in England zuletzt vor 92 Jahren geschafft. Tom "Pongo" Waring erreichte diese Marke 1930/31 für Aston Villa, als Ramsay MacDonald Premierminister war. "Vor Winston Churchill? Wow! Das ist lange her", sagte Guardiola.

Der britische Rekord steht bei 63 Toren. Der legendäre Dixie Dean stellte ihn 1927/28 im Trikot des FC Everton auf. Haaland bleiben noch bis zu neun Saisonspiele, um die Bestmarke zu knacken. Eine historische Marke hat der 22-Jährige übrigens verpasst - und kann diesen, nun ja, Fauxpas nicht mehr korrigieren. Gegen West Ham erzielte er das 999. Tor in der Ära von Guardiola bei City, den magischen 1000. Treffer nahm ihm Phil Foden in der 86. Minute weg.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen