
Magath soll den Abstieg verhindern.
(Foto: imago images/GEPA pictures)
Hertha BSC steckt tief im Abstiegskampf - jetzt soll ein alter Haudegen den Verbleib in der Fußball-Bundesliga sichern. Mit Felix Magath verpflichtet der Klub einen berühmt, berüchtigten Trainer. Einen, der schon zehn Jahre raus ist. Eine überraschende Entscheidung.
So mancher witzelte bereits, dass die Treppen des Berliner Olympiastadions endlich wieder eine Funktion haben. Dass die Herthaner wenigstens fit absteigen werden. Dass Innovationen eh eher zu einem Startup in Mitte passen als zur Alten Dame in Charlottenburg. Und mancher wünschte sich schon wenige Stunden nach dessen Entlassung Tayfun Korkut zurück. Eins muss man Fredi Bobic lassen, die Aufmerksamkeit ist Hertha BSC sicher. Die Verpflichtung von Felix Magath als Trainer des akut abstiegsgefährdeten Teams kommt, nun ja, überraschend.
"Die Vita von Felix Magath spricht für sich", sagte Bobic laut Vereinsmitteilung über den Nachfolger für den frisch entlassenen Tayfun Korkut. "Mit ihm haben wir jemanden für uns gewinnen können, der schon vielfach bewiesen hat, dass er mit seiner immensen Erfahrung als Trainer in jeglicher sportlichen Situation, seiner Art und seiner Ausstrahlung an den richtigen Stellschrauben drehen kann, um uns aus unserer sportlich herausfordernden Lage herauszuführen." Klar, Magath wurde als Trainer dreimal Deutscher Meister und zweimal Pokalsieger, ihm gelang es als erster Trainer der Bundesliga-Geschichte, das Double zu verteidigen. Aber das ist lange her. Und das war mit dem FC Bayern.
Zehn Jahre raus
Auch Erfahrung im Abstiegskampf hat Magath. Allerdings nicht nur gute, denn 2014 konnte er den Abstieg des FC Fulham aus der Premier League nicht verhindern. Es war die Trainerstation, mit der es bergab ging. Nach sechs Pleiten in sieben Spielen in der 2. Liga folgte im September 2014 der Rausschmiss bei Fulham, im Juni 2016 zog es den gebürtigen Aschaffenburger nach China. Sportlich eine andere Klasse als Deutschland und England, doch es gelang Magath immerhin, Shandong Luneng im Mittelfeld der Liga zu platzieren. Das Ende folgte abrupt, und es wurde in Deutschland fast ebenso wenig zur Kenntnis genommen wie zuvor seine eineinhalb Jahre in Fernost.
Gut zwei Jahre musste Magath dann auf seinen nächsten Job warten, es wurden die Posten als "Global Sport Director" bei Admira Wacker und den Würzburger Kickers. Das Unternehmen Flyeralarm versuchte sich im Fußballumfeld, setzte auf den prominenten Namen. Es kam zum großen Knall, das Sponsoring von Flyeralarm beim DFB endete nach sieben Jahren mit einem heftigen Krach. Gründer Thorsten Fischer fühlte seine Kickers ungerecht behandelt. "Nach heute elf spielentscheidenden Fehlentscheidungen kündige ich auf diesem Wege vorab in mündlicher Form - mit aller Gelassenheit und ohne Emotionen - sämtliche Verträge mit dem DFB. Dies betrifft mein komplettes Sponsoring für die Nationalmannschaft und den DFB", teilte Fischer im April 2021 mit. Im Mai endete dann auch die Zusammenarbeit mit Magath, die Kickers stiegen in die 3. Liga ab.
Nichts zum Prahlen, die letzten zehn Jahre lassen sich als desaströs zusammenfassen, für einen, der von seinen Spielern immer volle Leistung erwartete. Wenig deutete darauf hin, dass Magath noch einmal als Trainer arbeiten würde.
Rehhagel schaffte es nicht
Nun aber wird er es. "Ich bin gerne bereit, Hertha BSC mit all meiner Erfahrung dabei zu helfen, das Ziel Klassenerhalt zu erreichen", wird Magath vom Klub zitiert. Ausführlicher sprechen wird er bei seiner Antrittspressekonferenz am Nachmittag (13 Uhr, live bei ntv.de). Abstiegskampf war für Magath übrigens nicht immer so enttäuschend wie mit Fulham. In der Saison 1999/2000 rettete er Eintracht Frankfurt, nachdem das in der Saison zuvor schon Jörg Berger gelungen war. Magath bezeichnete die Rettung hinterher als seinen "größten Erfolg".
Schon damals hatte er sich den Ruf als "Quälix" erarbeitet. "Ich weiß nicht, ob Felix Magath die Titanic gerettet hätte, aber wenigstens wären alle Überlebenden topfit gewesen", sagte der damalige Spieler Jan Aage Fjörtoft. Es hat sich im Verlauf der Jahre nichts geändert. Klar scheint: Die Herthaner werden einen Trainer kennenlernen, der aus der viel zitierten alten Schule stammt, der - zumindest früher - auf Ackern bis zum Umfallen Wert legt. Der extra Hügel für Bergsprints aufschütten ließ, der seine Profis kotzen sehen wollte. Seine Definition von Training scheint aus der Zeit gefallen.
Auch seine herrische Art, seine Spieler nicht mitbestimmen zu lassen, wirkt aus der Zeit gefallen. Spieler sind mündiger geworden, haben eigene Ideen und Ansichten. Mit "aus der Zeit gefallen" hat es Hertha schon einmal probiert. Vor zehn Jahren sollte Otto Rehhagel den Klub vor dem Abstieg bewahren - und scheiterte. Und er hatte damals immerhin 14 Spiele Zeit.
Magath bleiben nur noch acht Spieltage. Der Rückstand auf Platz 15 beträgt nur zwei Punkte, mit dem Augsburg, Arminia Bielefeld und dem VfB Stuttgart hat Hertha große Abstiegskonkurrenz - gegen alle spielen die Berliner noch. Aber sie spielen als nächstes erst einmal gegen Hoffenheim, Bayer Leverkusen und den 1. FC Union. Schwer vorstellbar, dass es da Punkte gibt. Aber: Die Aufmerksamkeit ist Hertha sicher. Wieder einmal.
Quelle: ntv.de