Fußball

Der Bundesliga-Check: 1. FC Köln Immer schön auf der Domplatte bleiben

Muss man sich mal vorstellen: Peter Stöger ist so nüchtern, dass er sogar eine Rückkehr von Lukas Podolski zum 1. FC Köln ablehnt.

Muss man sich mal vorstellen: Peter Stöger ist so nüchtern, dass er sogar eine Rückkehr von Lukas Podolski zum 1. FC Köln ablehnt.

(Foto: imago/Eibner Europa)

Beim FC läuft es dermaßen glatt, dass niemand nach Lukas Podolski schreit. Der Kader hat Potenzial, das Umfeld bewahrt Ruhe - und Trainer Peter Stöger ist so angesehen, dass er sich sogar den Erzrivalen zum Vorbild nehmen darf.

"Eine Abwehr aus Granit, so wie einst Real Madrid …" Selten passte dieser Fußball-Schlager besser auf das einstige "Real Madrid des Westens" als in der Vorsaison. Dreizehnmal blieb der 1. FC Köln ohne Gegentor. Schön anzuschauen war das vor allem in der ersten Saisonhälfte nicht, zu ideenlos agierte der Aufsteiger im Spiel nach vorn. Am Saisonende standen ganze neun torlose Unentschieden - Bundesligarekord.

Die Hausaufgaben für den Sommer stellten sich somit von selbst: Die Stärken in der Defensive pflegen, die Offensive entfesseln. Das Personal für das Projekt Weiterentwicklung besorgte Sportdirektor Jörg Schmadtke, der gleich vier U21-Nationalspieler nach Köln lotste, dazu den erfahrenen Stoßstürmer Anthony Modeste. Und so ganz nebenbei haben die Kölner drei Spieler mit großer Perspektive gehalten: Torhüter Timo Horn, Neu-Nationalspieler Jonas Hector und Edeljuwel Yannick Gerhardt.

Plötzlich haben die Kölner einen vielversprechenden Kader beisammen, der in früheren Zeiten regelrechte Euphorie ausgelöst hätte. Aber träumen, das ist in Köln bis auf Weiteres verboten, es gilt das Mantra von Jörg Schmadtke: Ruhig, liebe FC-Fans. Gaaaaanz ruuuhig.

Was gibt’s Neues?

Das fragen sich die sonst so gut informierten Kölner Boulevardblätter auch manchmal. Jahrelang hatte sie das "Loddar-Gedächtnis-Abo" auf die heißesten Interna sicher, und nun? Laufen Transfers ab, ohne dass auch nur das kleinste Gerücht in die Redaktionsstuben dringt. So geschehen beim Wechsel von Leo Bittencourt von Hannover nach Köln. Heimlich, still und leise fügte Jörg Schmadtke der kreativarmen Offensive noch ein junges Talent hinzu. Zuvor hatte er schon Milos Jojic verpflichtet, der nach seinem Blitzstart in Dortmund nicht mehr zum Zug gekommen war. Als Ersatz für Toptorjäger Anthony Ujah kam Anthony Modeste aus Hoffenheim, Philipp Hosiner ist von Stade Rennes ausgeliehen. Große Hoffnungen setzen die Kölner auch in ihre Japaner Kazuki Nagasawa und Yuya Osako, die nach einer langen Anlaufzeit gegen Ende der vergangenen Saison ihr großes Potenzial andeuteten. Es scheint, als habe der FC plötzlich so etwas wie eine Abteilung Attacke.

Auf wen kommt es an?

Schon jetzt versehen Fans und Experten Trainer Peter Stöger mit dem Prädikat "Glücksgriff". Der Österreicher jongliert kunstvoll mit den speziellen Umständen in Köln: Er macht jeden Karnevalsspaß mit, um der kölschen Seele Genüge zu tun, verweigert sich aber jeder Träumerei und bietet dem Publikum biederste Fußballkost, wenn er es für nötig hält. Die Neuverpflichtungen in der Offensive bedeuten auch nicht, dass der Trainer von seiner Stabilitätsdoktrin abrückt: "Wir werden für mehr Attraktivität nie unsere Organisation opfern", sagte er im Interview mit "Spox". Und noch etwas Interessantes offenbarte er im Gespräch mit den Kollegen: Wenn es um seine Zukunftsvision für den Verein geht, orientiert er sich ausgerechnet an dem Klub, dessen Anhänger in Köln nur als "Kartoffelbauern aus Ostholland" bekannt sind – an Borussia Mönchengladbach. Wenn Stöger auch nur annähernd die Erfolge von Lucien Favre erreicht, werden es ihm die Fans verzeihen.

Wie gut kennen Sie den 1. FC Köln?
"Ganz ruuuhig bleiben", empfiehlt FC-Manager Jörg Schmadtke den Kölner Fans. Und auch Trainer Peter Stöger scheint diese Philosophie zu vertreten. Und Sie? Kennen Sie sich beim FC aus? Probieren Sie es aus. Und bleiben Sie dabei ganz ruuuhig.

Was fehlt?

Lukas Podolski. 13,5 Millionen Euro hat der FC für Neuzugänge ausgegeben – mit diesem Geld hätte der Verein locker den verlorenen Sohn nach Hause holen können. Podolski hat oft genug betont, wie gerne er noch einmal das Trikot seiner großen Liebe tragen würde. Aber es ist wie so oft in einer Beziehung: Einer verändert sich, der andere bleibt auf der Strecke. Beim neuen, seriösen FC ist kein Platz für den Kölner Helden. Gnadenlos urteilte Trainer Stöger vor einem Jahr: "Podolski passt nicht ins System." So bleibt "Prinz Poldi" nur die Rolle als zweites Maskottchen neben Hennes. So ganz loslassen kann er nicht, auch seinen neuen Arbeitgeber hat Podolski mit Blick auf seine zahlreichen Trips in die Heimat ausgewählt: An speziellen Tagen fährt die Tramlinie 18 ja bekanntlich bis nach Istanbul.

Wie lautet das Saisonziel?

Wäre das Saisonziel des FC ein Karnevalslied, dann "Mer losse d‘r Dom en Kölle". Sie lassen die Kirche im Dorf. Trainer und Sportdirektor fordern unisono den Klassenerhalt, nicht mehr und nicht weniger. "Es nützt nichts, unrealistische Erwartungen zu wecken, denn damit lassen Sie nur enttäuschte und frustrierte Menschen zurück", sagte Jörg Schmadtke beim Trainingslager in Kitzbühel. Doch halt, ein Spieler redete vom Europapokal: Neuzugang Philipp Hosiner merkte an, die Fans "träumen von der Europa League". Peter Stöger wird seinem Landsmann die Flausen schon noch austreiben.

Die n-tv.de-Prognose

Fragen wir doch einfach den größten FC-Fan unter der Sonne - Lukas Podolski. "Das Ziel muss der Klassenerhalt sein", sagte der Weltmeister der "Bild"-Zeitung. "Das wird wieder eine schwere Herausforderung. Aber die Kölner haben im letzten Jahr gezeigt, wie es klappt und da müssen sie anknüpfen. Nur so geht's, um Jahr für Jahr ein Stück weiter nach vorne zu kommen." Vieles spricht dafür, dass der FC sich tatsächlich weiterentwickeln kann. Nur hinter der Innenverteidigung steht ein Fragezeichen. Der teils überragende Kevin Wimmer ging für 7 Millionen Euro zu Tottenham Hotspur, Dominic Maroh fehlt in den ersten Wochen verletzt. Neuzugang Frederik Sörensen muss also seine Bundesliga-Tauglichkeit genauso schnell unter Beweis stellen wie U21-Nationalspieler Dominique Heintz, die beiden werden wohl zunächst das Verteidigerpaar bilden. Ein Risiko, wenn auch ein überschaubares. Im Angriff verfügt der FC nun über genügend Potenzial und Optionen. Mit dem Abstieg sollten die Kölner nichts zu tun haben.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen