Bremer Vorstoß kein Sonderweg In Europa zahlen viele Vereine die Polizei
11.08.2014, 12:23 Uhr
Polizeieinsatz beim Spiel Frankfurt gegen Köln: Die Kosten tragen die Länder.
(Foto: picture alliance / dpa)
In Deutschland tobt die Diskussion um Polizeikosten bei Fußballspielen. Der Blick über die Grenze zeigt: Der Bremer Vorstoß ist nicht abwegig, in einigen Ligen müssen die Vereine blechen - besonders hart trifft es Klubs in der Schweiz.
Fußball ist ein großartiger Sport - und am schönsten im Stadion. Es gibt aber auch Menschen, denen ist Randale wichtiger als das eigentliche Spiel. Ihretwegen marschieren Hundertschaften von Polizisten durch die Stadien, um die gefährlichsten Ausschreitungen zu verhindern. Das kostet den Steuerzahler fast 100 Millionen Euro pro Jahr.
Bremen bittet den Fußball jetzt zur Kasse: Bei Risikospielen soll die Deutsche Fußball-Liga für zusätzliche Polizeikosten aufkommen. Bis zu 300.000 Euro könnten das für ein Spiel sein. Sich an den Kosten zu beteiligen, kommt für die Deutsche Fußball-Liga aber bislang nicht in Frage.
Dabei geht es den deutschen Fußballklubs finanziell prächtig: In der Saison 2012/2013 erzielten sie einen Rekordumsatz von über 2,1 Milliarden Euro bei einem Gewinn von 383,5 Millionen Euro. Im Land des viermaligen Weltmeisters scheinen die Finanzen der Klubs unantastbar zu sein. Im Ausland sieht das oftmals anders aus.
England
Im Mutterland des modernen Fußballs müssen die Vereine schon seit Jahren mitbezahlen. Die Grundlage dafür sieht John Shea, Anwalt für Sportrechte, im "Police Act" von 1996. Die Polizei darf im Auftrag von jedermann "Special Police Services" anbieten, wenn entsprechend gezahlt wird, sagt Shea.
Bezahlen müssen die Klubs aber nur für Polizeieinsätze auf ihrem eigenen Gelände. Pro Jahr kommen so laut der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" mehrere hunderttausend Euro zusammen, die die Vereine an den Staat überweisen müssen. Zusätzlich brauchen die Fußballklubs für jedes Spiel ein Sicherheitszertifikat - sonst wird die Partie nicht angepfiffen.
Schweiz
Als wegweisend gilt in der Alpenrepublik ein Urteil aus dem Jahr 2009. Dem Kanton Neuenburg wurde erlaubt, Vereine und Verbände in die Pflicht zu nehmen. Konkret heißt es in dem Urteil, dass den Organisatoren einer Veranstaltung zwischen 60 und 80 Prozent der Polizeikosten in Rechnung gestellt werden dürfen, wenn es sich um ein Risikoveranstaltung handelt.
Problematisch für die Vereine ist die unterschiedliche Behandlung der Sicherheitskosten in den verschiedenen Regionen der Schweiz. Für Edmond Isoz, den Direktor des Schweizerischen Fußballverbandes, kommt es dadurch zu unterschiedlichen finanziellen Belastungen der Klubs. Daraus würden unterschiedliche sportliche Voraussetzungen entstehen. Der Verein Grasshoppers Zürich bezahlt pro Saison rund 500.000 Franken (412.000 Euro) an den Staat. Die Berner Klubs Young Boys und der SC Bern müssen pro Zuschauer und Spiel eine sogenannte Kopfquote von 1,50 Franken (1,24 Euro) bezahlen.
Schweden
2013 mussten einige Fußballvereine des 9,5 Millionen Einwohner-Landes für Polizeieinsätze bezahlen. Daraufhin begann der schwedische Ligaverband mit einer nach eigenen Angaben massiven Lobbykampagne, die Anfang 2014 zu einer Gesetzesänderung führte. Der Verband hat es sogar geschafft, die Öffentlichkeit für sich einzunehmen, die zuvor eher für eine Kostenbeteiligung der Vereine war.
Laut Gesetz müssen natürlich ausreichend Sicherheitsleute in den Stadien vorhanden sein. Diese kosten die schwedische Liga bei 16 Vereinen und 240 Spielen umgerechnet rund sieben Millionen Euro pro Saison.
Italien
In Italien hat der gewaltsame Tod eines Polizisten während eines Fußballspiels im Jahr 2007 zum Umdenken geführt. Die Sicherheitsvorschriften für Stadien wurden geändert: Die Polizei ist nur noch für die Sicherheit außerhalb der Stadien verantwortlich - dafür bezahlt weiterhin der Steuerzahler. In den Stadien sollen Stewards für Ordnung sorgen, die den Verein laut "Frankfurter Allgemeine Zeitung" mindestens 60.000 Euro pro Spiel kosten.
Nach heftigen Ausschreitungen rund um das Pokalfinale zwischen dem SSC Neapel und dem AC Florenz im Mai 2014 sollen die Vereine sogar für die Polizeikosten außerhalb der Stadien aufkommen. Das fordert der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi. "Die Sicherheit [...] darf nicht nur auf den Schultern der Steuerzahler lasten, sondern muss auch von den Klubs getragen werden", sagt Renzi. Rund 12,5 Millionen Euro im Jahr kosten die etwa 6000 Polizisten, die in Italien für die Sicherheit rund um die Stadien eingesetzt werden müssen.
Anreiz für Prävention
Die Situation der Deutschen Fußball-Liga scheint im internationalen Vergleich ziemlich komfortabel zu sein. So verwundert es kaum, dass Bremen ein Stück vom Wohlstandskuchen der Vereine abhaben will. Und vielleicht hätte eine Kostenbeteiligung bei Risikospielen am Ende auch noch einen weiteren Effekt: Aus finanziellen Gründen müssten die Vereine dafür sorgen, dass sich ihre Fans friedlich verhalten.
Quelle: ntv.de, jli