Angeblich "falsch interpretiert" Infantino erklärt seltsame Aussagen zu Afrika
27.01.2022, 11:29 Uhr
Infantino verlegte jüngst seinen Wohnsitz nach Katar.
(Foto: imago images/ULMER Pressebildagentur)
Mit wirren Thesen über den Zusammenhang zwischen Geflüchteten-Zahlen und Fußball-Weltmeisterschaften sorgt FIFA-Präsident Gianni Infantino für Irritationen. Nach harscher Kritik versucht er sich an einer Erklärung. Viel besser macht das die Sache allerdings nicht.
FIFA-Präsident Gianni Infantino ist nach seiner abstrusen Afrika-Aussage zur Verteidigung seiner umstrittenen WM-Pläne zurückgerudert. "Bestimmte Bemerkungen" schienen "falsch interpretiert" und "aus dem Zusammenhang gerissen" zu sein, hieß es in einem Statement, das der Fußball-Weltverband nach der Rede des Schweizers vor dem Europarat in Straßburg veröffentlichte. Die Anmerkungen haben jedoch eher ergänzenden Charakter, denn sie stehen nicht im Widerspruch zu den Aussagen Infantinos, die viele als menschenfeindlich aufgefasst hatten.
"Wir müssen die gesamte Welt miteinbeziehen. Wir können dem Rest der Welt nicht sagen: Gebt uns euer Geld und eure Spieler - und schaut am Fernseher zu", hatte Infantino am Mittwoch gesagt, nachdem er auf seine WM-Idee - Austragung im Zwei-Jahres-Rhythmus statt alle vier Jahre - zu sprechen gekommen war. Er führte weiter aus: "Wir müssen den Afrikanern Hoffnung geben, damit sie nicht mehr über das Mittelmeer kommen müssen, um vielleicht ein besseres Leben zu finden oder, wahrscheinlicher, den Tod im Meer."
Damit konstruierte er einen Zusammenhang, die häufigere Austragung der Weltmeisterschaft führe dazu, dass weniger Menschen sich dazu entschließen, ihre Heimat zu verlassen. Zumal Afrika ein Kontinent mit 55 Staaten, rund 1,5 Milliarden Menschen und weit über 1000 Sprachen ist, womit sich ein solch generalisiertes Statement ohnehin schon verbieten sollte.
Selbst Blatter kritisiert
Nun aber wolle Infantino "klarstellen, dass die allgemeinere Botschaft in meiner Rede war, dass jeder in einer Entscheidungsposition in der Verantwortung steht, zur Verbesserung der Situation der Menschen auf der ganzen Welt beizutragen", sagte Infantino in der Mitteilung. Es sei "ein allgemeiner Kommentar" gewesen, der nicht direkt mit den Plänen einer Verkürzung des WM-Rhythmus auf zwei Jahre in Verbindung gestanden habe. An der harschen Kritik an seinen Äußerungen, er bediene damit unter anderem kolonialistische Stereotype - dürfte das wenig bis gar nichts ändern.
Auch sein Amtsvorgänger als FIFA-Boss, Sepp Blatter, widersprach den Aussagen. Infantino wolle "die Welt retten - merkt aber nicht, dass seine Aussagen nicht nur ironisch, aber zynisch wirken, und sein Bezug zu Afrika weltfremd und ehrverletzend ist".Blatter, der im Mittelpunkt zahlreicher Korruptionsvorwürfe steht und sich immer wieder kritisch über seinen Nachfolger äußert, erneuerte zudem seine Bedenken bezüglich der möglichen Verkürzung des WM-Zyklus auf zwei Jahre. Dies würde "die FIFA-Pyramide auf den Kopf stellen", sagte er.
Zudem hatte Infantino vor dem Europarat erneut den wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik stehenden WM-Gastgeber Katar verteidigt und Berichte über Tausende Todesfälle auf den Baustellen zurückgewiesen. Der "Guardian" hatte enthüllt, dass seit der WM-Vergabe in Katar rund 6500 Arbeiterinnen und Arbeiter an Überlastung, Hitze oder plötzlichem Herztod verstorben sind. Im Kern geht es dabei um systematischen Missbrauch, dem vor allem Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter ausgesetzt sind. Infantino relativierte diese Zahlen und bediente sich des auch vom FC Bayern gern gewählten, aber empirisch kaum nachweisbaren Argument des "Wandels durch Fußball".
Quelle: ntv.de, tsi/sid