Fußball

Wolfsburgs Angriff auf ganz oben Jetzt stresst van Bommel den FC Bayern

Van Bommel zieht jetzt in Wolfsburg die Fäden.

Van Bommel zieht jetzt in Wolfsburg die Fäden.

(Foto: imago images/Christian Schroedter)

Der FC Bayern will die zehnte Meisterschaft in Serie. Der Weg dorthin führt über RB Leipzig, Borussia Dortmund - und den VfL Wolfsburg. Das Team aus Niedersachsen schickt sich an, zu einem echten Konkurrenten zu reifen. Das liegt vor allem an den Jungen.

Ein Trainer-Gespann, das nicht zählen kann. Ein Klub, der deswegen aus dem DFB-Pokal fliegt. Eine Entscheidung, die abseits des Platzes getroffen wird. Nach Abpfiff - das Spiel war 3:1 ausgegangen, wurde dann aber mit 2:0 für den SC Preußen Münster am Grünen Tisch gewertet. Sechs Wechsel statt der fünf erlaubten kosteten den Sieg. Dieser Einstand von Mark van Bommel als Trainer des VfL Wolfsburg wird in Erinnerung bleiben. Egal, was am Donnerstag vom Bundesgericht des Deutschen Fußball-Bundes entschieden wird, nachdem die Niedersachsen gegen die Wertung für Münster Berufung eingelegt haben.

Der Spott ist groß. Auch intern bekam der Coach Druck vom Sport-Geschäftsführer. Es überlagert den Angriff auf die deutsche Fußball-Macht. Nach der Saison 2008/09 - als die Wölfe sensationell die Meisterschaft holten - und 2015 - als erst der Pokal und dann auch der Supercup nach Niedersachsen gingen - ist nicht so wahnsinnig viel passiert. Zumindest nicht erfolgreich, denn schließlich konnte in der Saison 2017/18 erst in der Relegation gegen den Lokalrivalen Eintracht Braunschweig der Abstieg verhindert werden. Die Frauen des Klubs sind deutlich erfolgreicher, national wie international.

Doch das soll sich ganz offenbar ändern. Als im Sommer nach dem Nicht-Abstieg Jörg Schmadtke Manager und Marcel Schäfer Sportdirektor wurden, formten sie einen neuen Klub. Mit jungen Spielern erfolgreich werden, langsam, aber stetig. Den Spielern die Eigenheiten der Stadt erklären und den Verein zu einem Sprungbrett machen. Wie so viele andere Klubs in Deutschland vor ihnen. Aber mit der Finanzpower des Eigentümers Volkswagen ausgestattet.

Die vergangene Saison war bereits eine sehr gute. Als Vierter abgeschlossen, damit für die Champions League qualifiziert. Zwischen Trainer Oliver Glasner und Klub aber hatte es so geknirscht, dass Glasner den Ruf von Eintracht Frankfurt erhörte. Lange schon hatte er sich in einem Hotel leben auf den Absprung vorbereitet. Er war nicht der Erste, der nicht so recht klarkam mit dem Umfeld. Mit van Bommel hat einer seine Nachfolge angetreten, der Stress kennt, der ihn in seiner Karriere als Spieler gern mal selbst verursachte. Der als Coach aber noch nicht auf seine Meriten pochen kann. Zuletzt war er bis Dezember 2019 bei der PSV Eindhoven angestellt, davor tingelte er als Co-Trainer von Australien und Saudi-Arabien um die Welt.

Ein Lob auch für den U21-Trainer

Als Spieler freilich gehörte der Niederländer zu den ganz Großen. FC Barcelona, AC Mailand - und vor allem der FC Bayern stehen in seiner Vita. Der Klub, den die Wolfsburger nun versuchen anzugreifen. Mit einer ziemlich ausgeklügelten Transferpolitik. Mit einem Kader, der es in sich hat.

Zuletzt hinzugekommen ist Luca Waldschmidt, der nach nur einem Jahr bei Benfica Lissabon in die Bundesliga zurückkehrt. Der 25-Jährige hat bereits sieben Länderspiele unter dem nun ehemaligen Bundestrainer Joachim Löw absolviert, zwei Torerfolge und ansprechende Leistungen sind ein Grund zur Hoffnung, dass auch Hansi Flick ihn am Donnerstag für die anstehenden WM-Qualifikationsspiele auf dem Zettel hat.

Hoffen wird das auch Ridle Baku, der am 11. November 2020 im A-Team debütierte, seitdem aber nicht wieder zum Einsatz kam. Stattdessen spielte der 23-Jährige, der im Oktober 2020 von Mainz nach Wolfsburg (und nicht zu den Bayern, die auch interessiert waren, dann aber absprangen) gewechselt war, in der U21 von Stefan Kuntz. Und das erfolgreich. Europameister. Gemeinsam mit Lukas Nmecha, der seit dieser Saison auch wieder zum VfL Wolfsburg gehört. Dem er im Finale gegen Portugal den Siegtreffer auflegte.

Nmecha war Torschützenkönig der U21-EM - und folgte damit auf Waldschmidt, der diesen Titel zwei Jahre zuvor einheimste. Dieses Trio zeigt eine kleine Tradition bei den Wolfsburgern auf. Sieben Spieler im aktuellen Kader sind oder waren deutsche U21-Nationalspieler, haben gemeinsam 100 U21-Spiele auf dem Konto. 2017 waren Maximilian Arnold, Yannick Gerhardt und Maximilian Philipp zusammen Europameister, hinzu kommt in dieser Liste kommt noch Daniel Ginczek, der allerdings hinter Wout Weghorst keine tragende Rolle im Team einnimmt.

Und so ist der aktuelle U21-Trainer, Stefan Kuntz, natürlich schwer begeistert, dass Waldschmidt zurück ist in der Bundesliga: "Luca ist ein Stürmer, der ein gutes Gefühl für den Raum hat", lobt er laut "Sportbuzzer". "Zudem hat er einen unglaublich guten Abschluss - auch mit seinem linken Fuß, er kann vorn flexibel eingesetzt werden. Mark van Bommel wird schon den richtigen Platz für ihn in der Mannschaft finden, damit er seine Stärken voll entfalten kann. Luca ist ein Top-Mann." Waldschmidt selbst sagte: "Ich bin überzeugt von dem Weg des Klubs, die Philosophie und Ambitionen des VfL decken sich zu einhundert Prozent mit meinen Vorstellungen."

Van Bommel geht jetzt Bayern auf die Nerven

Das sagt Waldschmidt, obwohl er die Vorbereitung des Klubs verfolgt haben dürfte. Es hagelte Testspiel-Pleiten - gegen Hansa Rostock, gegen Holstein Kiel, gegen Olympique Lyon. Auch wenn diese zum Teil durch die noch fehlenden EM-Fahrer zu erklären sind - überzeugend war das nicht. Restlos überzeugend waren auch die beiden ersten Bundesliga-Partien nicht. Ja, gegen Bochum gab es eine furiose erste Halbzeit, danach aber folgte eine Zitterpartie gegen den Aufsteiger, der zudem beinahe das komplette Spiel mit 10 Mann gegen den Champions-League-Teilnehmer ankämpfte. Auch der Sieg gegen Hertha war durch die Schluss-Offensive nicht unverdient, über ein anderes Ergebnis hätten sich van Bommel und Co. aber auch nicht ärgern dürfen.

Ein Saisonstart, der dadurch umso verheißungsvoller wird: Wer nicht perfekt spielt, aber siegt, hat was drauf. Steigerung möglich, im besten Falle gegen die Topklubs. Es sind die Jungen, auf die Wolfsburg baut. Im Einklang mit denen, die in Niedersachsen zu anerkannten Profis wurden. Wie Wout Weghorst, der schon seit drei Jahren im Klub ist. Und der jetzt mit großen Klubs wie Inter Mailand in Verbindung gebracht wird. Wie der Franzose Maxence Lacroix, der Wolfsburg als Chance begriff und sich vor seinem Wechsel lange mit Jerome Roussillon über den Verein am Mittellandkanal ausgetauscht hat und dessen Abwehrdienste sich RB Leipzig gern gesichert hätte. Wie Xaver Schlager, der mit Österreich bei der EM mitmischte und im Achtelfinale nur knapp dem späteren Europameister Italien unterlag.

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Es sind auch bereits die Jungen, die im Zusammenspiel mit den Etablierten die Spiele gewinnen. Der unglaublich flexible Baku, der für Nationaltrainer Flick die Lösung auf der Rechtsverteidigerposition darstellen sollte, und Nmecha waren die Torschützen gegen Hertha, ihre Treffer sorgten für den 2:1-Sieg. Sie sorgten dafür, dass der VfL Wolfsburg von der Tabellenspitze grüßt. Die Niedersachsen haben als einzige zwei Siege aus zwei Spielen eingefahren. Freilich, erst zwei Spieltage sind rum. Und Schlager sagt: "Wer jetzt auf die Tabelle schaut, der hat keine Ahnung."

Doch geht es nach dem Anspruch des FC Bayern, wären die Münchner die einzigen, die diesen Tabellenplatz belegen dürfen. Auch wenn es zu früh wäre zu urteilen, dass die Wolfsburger an der Dominanz der Bayern rütteln - sie gehen ihnen zumindest schon mal etwas auf die Nerven. So wie es van Bommel früher im Dienste der Münchner mit seinen Gegnern gemacht hat.

Quelle: ntv.de

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