Fußball

Irres Déjà-vu beim U21-Sieg Nmecha, der Vollstrecker der "Hyänenbande"

Die deutsche U21-Nationalmannschaft ist Europameister. Dank einer grandiosen Teamleistung, die niemand zuvor erwartet hatte. Trainer Stefan Kuntz ist unfassbar stolz auf seine "Hyänenbande". Torschütze Lukas Nmecha erlebt im Finale ein wundersames Déjà-vu.

Im Finale gegen Portugal ist Lukas Nmecha der große Gewinner. Er schießt das entscheidende Tor zum Titel. Er und seine Nationalmannschaft sind Europameister. Bereits im Halbfinale gegen Tschechien hatte er den einzigen Treffer erzielt und sein Team ins Finale geführt. Moment, gegen Tschechien? Die deutsche U21-Auswahl spielte doch gegen die Niederlande (2:1) - und Florian Wirtz war der Matchwinner mit seinen zwei Treffern binnen sieben Minuten!

Deutschland - Portugal 1:0 (0:0)

Deutschland: Dahmen/FSV Mainz 05 - Baku/VfL Wolfsburg, Pieper/Arminia Bielefeld, Schlotterbeck/Union Berlin, Raum/SpVgg Greuther Fürth - Maier/Arminia Bielefeld, Dorsch/KAA Gent ab 85. Janelt/FC Brentford - Wirtz/Bayer Leverkusen ab 68. Adeyemi/RB Salzburg, Özcan/1. FC Köln ab 90.+2 Stach/SpVgg Greuther Fürth, Berisha/Red Bull Salzburg ab 67. Burkhardt/FSV Mainz 05 - Nmecha/RSC Anderlecht ab 85. Jakobs/1. FC Köln. - Trainer: Kuntz

Portugal: Costa - Dalot, Queiros, Leite, Conte ab 86. Ramos - Florentino ab 83. Fernandes - Vitinha ab 59. Jota, Vieira, Braganca - Mota ab 46. Leao, Tomas ab 59. Conceicao. - Trainer: Jorge

Schiedsrichter: Giorgi Krujaschwili (Georgien)

Tor: 1:0 Nmecha (49.)

Ja, das ist richtig. Und doch stimmt auch das zuvor Beschriebene. Denn Lukas Nmecha spielte schon im Jahr 2017 gegen Portugal im Finale - damals bei der U19-EM. Und mit England. Die Fußball-Historie will es so, dass der mittlerweile 22-Jährige dieses Déjà-vu auf dem Platz erlebte. Denn Nmecha, in Hamburg geboren und inzwischen Stürmer beim belgischen Klub RSC Anderlecht, wechselte die Nationalmannschaft. Ohne A-Länderspiel in petto und noch nicht 22 Jahre alt, geht das.

Und damit ist auch Stefan Kuntz ein Matchwinner. Sowieso als Trainer des Teams. Aber auch als Wissender. Denn der Europameister von 1996 hatte den Stürmer vom Nationenwechsel überzeugt. Er war nach England geflogen, hatte zwei Tage mit der Familie verbracht. Viel Einsatz, der sich nun auszahlt. Schon nach dem Trip sagte er im März 2019 im Interview mit ran.de: "Lukas ist ein extrem veranlagter Spieler, der seine komplette sportliche Ausbildung bei Manchester City genossen hat. Somit ist er vor allem ein spielerisch starker Stürmer, der bei seinem Leihverein Preston North End in der englischen Championship nun aber auch den einen oder anderen langen Ball mit dem Rücken zu zwei Türstehern verteidigen muss - das ist dann schon ein Unterschied." Kuntz war schon damals begeistert, die Freude über den gelungenen Coup riss seitdem nicht ab.

Nmecha erklärte den Wechsel damals so: "Ich sehe Deutschland als meine Heimat an. Bis ich neun Jahre alt war, habe ich in Hamburg gelebt und habe auch heute noch einen großen Bezug zur Stadt und den Leuten." Um ihn riss sich sogar noch ein drittes Land: Nigeria, wo sein Vater geboren wurde. Er beendete seine lange Zeit in England dann auch im Vereinsfußball. Mit neun Jahren war Nmecha zu Manchester City gekommen, wurde 2019 für ein halbes Jahr zum VfL Wolfsburg verliehen, anschließend zu Middlesbrough und wechselte im August 2020 aus der City U23 nach Belgien. Für Anderlecht absolvierte er in der abgelaufenen Spielzeit 41 Pflichtspiele, schoss 21 Tore und legte drei auf. Eine gute Ausbeute - so, wie jetzt bei der EM. Mit vier Toren in sechs Spielen ist Nmecha der Toptorschütze, gemeinsam mit seinem Mitspieler Ridle Baku zudem der Topscorer.

"Voller Freude und voller Stolz"

Nmecha hat seinen Wechsel nie bereut. "Ich bin jetzt zwei Jahre hier bei der deutschen U21, länger als bei jedem Verein", sagte er vor dem Viertelfinale. "Ich fühle mich hier daheim." Und das bewies er mit seinem Spiel. Im diesjährigen Finale der U21-EM traf Nmecha in der 49. Minute zum 1:0. Es sollte das einzige Tor der Partie bleiben. Nach 2009 und 2017 ist Deutschland zum dritten Mal Europameister, zum zweiten Mal im dritten Endspieleinzug hintereinander. Ein Werk von Trainer Kuntz, der nach dem Titelgewinn nicht einen Spieler hervorheben wollte. "Ich bin voller Freude und voller Stolz auf die Mannschaft. Das war der Jahrgang, dem man von Anfang an am wenigsten zugetraut hat. Wenn man der Mannschaft vertraut, dann zeigt sie, wozu sie fähig ist", lobte er. "Vor dem Halbfinale haben wir der Mannschaft gesagt: 'Ihr müsst eine Hyänenbande sein.' Die kann keiner leiden, aber die kriegen zum Schluss, immer, was sie wollen. Das heute hat mich zum Schluss daran erinnert."

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Denn Nmecha war vielleicht in der Offensive der Vollstrecker der "Hyänenbande", in der Defensive aber ackerten sie gemeinsam und brachten den Sieg gegen die immer wieder anlaufenden Portugiesen ins Ziel. Spielerisch überzeugend, mit Teamgeist und Kampfwillen ausgestattet hatte Kuntz eine Top-Mannschaft zusammengestellt - das zeigt sich jetzt. In der Vorrunde des zerstückelten Turniers im April noch beinahe ausgeschieden, mauserte sie sich ab 31. Mai mit Anpfiff des Viertelfinals zu einem unschlagbaren Kollektiv. Das im Viertelfinale über 120 Minuten plus Elfmeterschießen gegen Dänemark bestand, das im Halbfinale die Niederlande schlug und jetzt eben Portugal, das die drei besten Spiele in den drei wichtigsten Spielen bestritt.

Auch Nmecha betonte das Gemeinsame: "Wir sind ein Team, alle haben ihre Rolle gespielt. Die ganze Mannschaft hat das heute super hingekriegt. Kann sein, dass das Tor das schönste und wichtigste in meiner Karriere war. Nicht viele haben an uns geglaubt, aber wir haben zusammengehalten und gekämpft." Sein Tor war mit Sicherheit das wichtigste im Trikot der deutschen Auswahl. Das wichtigste, seit Kuntz ihn überzeugt hat. Und das ist alles, was jetzt zählt.

Quelle: ntv.de

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