Fußball

Was soll die Kritik an Freiburg? Julian Nagelsmann verwechselt da was

Julian Nagelsmann hat kein Verständnis für den Einspruch des SC Freiburg.

Julian Nagelsmann hat kein Verständnis für den Einspruch des SC Freiburg.

(Foto: IMAGO/Lackovic)

Der FC Bayern gewinnt deutlich beim SC Freiburg - und muss dennoch darum bangen, die drei Punkte behalten zu dürfen. Denn nach einem Wechselfehler der Münchner legen die Breisgauer Protest ein. Trainer Julian Nagelsmann übt Kritik. Die ist aber unangemessen.

In Deutschland herrscht Meinungsfreiheit. Und das ist auch gut so. Jeder darf sagen, was er will. So auch Julian Nagelsmann. Und der sprach am Dienstagnachmittag über den SC Freiburg und bekannte, dass er das Handeln des Sportclubs nicht verstehe. Der hatte am Montagabend Einspruch gegen die Wertung des Bundesligaspiels zwischen beiden Mannschaften eingelegt, weil die Gäste aus München für kurze Zeit mit zwölf Mann auf dem Platz standen, während das Spiel weiterlief. Der Sportclub tat das nicht, weil er das wollte. Sondern weil er das musste. Denn nur bei einem Einspruch der Breisgauer wird der DFB aktiv. Ein ziemlicher Unsinn. Ein Fehler im System. Das jedoch scheint nicht bis zum Trainer des FC Bayern vorgedrungen zu sein. Der wundert sich, dass man den "Fehler eines Dritten" ausnutzt, weil man in den "18 Sekunden keine zwei Tore geschossen" hätte.

Nun, damit hat Nagelsmann recht. Die Freiburger hätten das Spiel gegen die zwölf Auserwählten des Meisters nicht gedreht. Selbst in den wildesten Szenarien ist das nicht realistisch. Aber, und damit sind wir beim Irrtum des 34-Jährigen, darum geht es auch nicht. Die Gastgeber wollen sich mit ihrem Einspruch nicht einen möglichen Sieg erschleichen. Selbst wenn die drei Punkte dem Verein im Kampf um eine Europacup-Qualifikation sehr guttun würden. Was sie in der Einspruchsbegründung übrigens ehrlich (wenn auch deutlich verklausuliert) zugeben. Die Freiburger begründen ihren Einspruch aber vor allem damit, dass sie nun "Rechtssicherheit" für vergleichbare Fälle schaffen wollen. Und selbst wenn es nicht der Hauptgrund wäre, für den deutschen Fußball ist der Einspruch wichtig. Punkt.

"Sonderfall FC Bayern" wird vermieden

Und genau darum muss es nun auch gehen. Nur darum. Denn Wechselfehler aller Art sind in der Vergangenheit geahndet und bestraft worden. Den Fauxpas des FC Bayern, den Schiedsrichter Christian Dingert zunächst nicht mitbekam, nun als kleine, lustige Lappalie der Bundesliga-Geschichte abzuhaken, würde der Sache nicht gerecht. Und wäre auch für den Großklub aus München nicht förderlich. Das Gemaule über einen "Sonderfall FC Bayern" wäre riesig. Das wäre nicht im Sinne von Nagelsmann, der bereits am Samstagabend darum gebeten hatte, die Sache nicht zu groß werden zu lassen. Klar, der Klub könnte eine neue nationale Stammtischdebatte ertragen. Er musste schon viel härtere verbale Gefechte an sich abprallen lassen. Deswegen tat die entspannte Haltung von Klubchef Oliver Kahn so gut, der mit dem Einspruch gerechnet hatte und die Gerichte entscheiden lassen will.

Die hatten Anfang dieser Saison in einem ähnlichen Fall klar entschieden. Und zwar zuungunsten des Klubs, der sich einen peinlichen Fauxpas geleistet hatte. Der VfL Wolfsburg flog in der ersten Runde aus dem DFB-Pokal, weil er sechs Spieler ausgewechselt hatte. Fünf wären erlaubt gewesen. Natürlich ist dieser Fall anders gelagert. Aber auch in dem Fauxpas des FC Bayern steckt eine Dimension, die es dringend zu klären gilt. Wann muss ein zwölfter Mann auf dem Feld geahndet werden? Nach einer Sekunde? Nach einer Minute? Nach dem ersten Ballkontakt des überzähligen Spielers? Nach einem Laufweg, der Räume öffnet? Schwierig. Und deswegen dringend zu klären.

Und irgendwie mag man auch glauben, dass der FC Bayern in einem solchen Fall nicht ähnlich gehandelt hätte. Selbst wenn Nagelsmann genau das betonte. Allein schon wegen seiner Rechtsform als AG wäre der FC Bayern gezwungen gewesen, Einspruch einzulegen, um die äußerst diffuse Lage nach dem Wechselfehler zu klären. Wie übrigens auch Borussia Dortmund. Als Verpflichtung gegenüber den eigenen Aktionären. Aus Sicht beider Klubs wäre es mindestens problematisch, den Anteilseignern gegenüber zu erklären, warum man nicht alles probiert, um ein Spiel auch abseits des Platzes, auf juristischem Terrain, zu gewinnen.

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Nagelsmann würde es als unangebracht empfinden, sich für drei am Grünen Tisch gewonnene Punkte dann auf die Schulter zu klopfen. "Ich weiß nicht, ob du dir auf die Schulter klopfen kannst, solltest du international spielen aufgrund von drei Punkten, die du sportlich de facto nicht gewonnen hast. Ich wäre da nicht so glücklich." Nun, vermutlich würden die Freiburger genau das nicht tun. Sich für solche Dinger feiern zu lassen, das passt nämlich so gar nicht zu dem Image, das die Freiburger seit Jahren pflegen. Und passt auch nicht zum Umgang mit dem Einspruch, für den sich der Sportclub nämlich viel Zeit gelassen, es sich also nicht leicht gemacht hat.

Und noch aus einem anderen Grund versteht man das Bellen des Münchner Trainers nicht. Selbst wenn der FC Bayern die drei Punkte verlieren würde, würde sich die Situation in der Liga nicht dramatisieren. Noch immer würde der Vorsprung auf die taumelnde Borussia aus Dortmund sechs Punkte betragen. Tabellarisch hätte die Bundesliga damit wieder ein kleines Titelduell. De facto aber nicht. Zu sehr quält sich der BVB mit den eigenen Problemen. Mit Erling Haaland, mit einem Kader, der unbedingt verändert werden muss und mit Patzern, die jede Euphorie zerstören. Die Schwarzgelben, so schrieb der Kollege Stephan Uersfeld, sind derzeit eine "Droge", die seine Fans nur noch auf einen schlechten Trip schickt. Klar, der FC Bayern spielt noch gegen den BVB. Und ja, sollten beide Mannschaften bis zum Gipfeltreffen am 31. Spieltag alle Spiele gewinnen, dann gäbe es einen echten Showdown. In München, wo der BVB sich seit Jahren wie das Kaninchen vor der Schlange verhält.

Quelle: ntv.de

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