Bittere Schlammschlacht droht Kampfbereiter FC Bayern zerrt Kahn in den Ring
28.05.2023, 14:59 UhrDer FC Bayern gewinnt in einem dramatischen Saisonfinale zum elften Mal in Folge die deutsche Meisterschaft. Na und? Die Titel-Party wird von der Trennung der Bosse Kahn und Salihamidžić überschattet. Und über dieser Trennung ziehen äußerst dunkle Wolken auf.
Der FC Bayern ist am späten Samstagnachmittag Deutscher Meister geworden. Doch bereits einen Tag später spricht niemand mehr darüber. In fast schon bester Tradition gelingt es dem Rekordmeister, dem Drama um diesen Klub, das sich seit Monaten inszeniert, täglich neues Futter zu liefern. Die Absetzung der Bosse Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić lief nicht nur vom Timing äußert unglücklich ab, sondern war auch in der Art der Bekanntmachung würdelos. Und sie geben zu, dass die Dinge anders geplant waren. Mannschaft und Öffentlichkeit hätten parallel informiert werden sollen. Nun drohen noch Wochen mit einer ekeligen Schlammschlacht. Die erste Runde ist eröffnet und auf den Blitz-K.-o. eines Kontrahenten sollte keine Seite setzen. Zu viel hat sich offenbar angestaut.
Der erste Schlagabtausch lief nun so: Einem Medienbericht zufolge soll Kahn ausgerastet sein, als er von seiner Entmachtung beim FC Bayern erfahren habe. Er selbst dementierte das eiligst bei Twitter, sprach von einem sehr sachlichen Austausch - am Freitag. Das sah Präsident Herbert Hainer in einer kurzfristig anberaumten Medienrunde indes nicht so und sprach sogar von zwei Gesprächen. Das erste habe am Donnerstag stattgefunden. Dort sei die Trennung "nicht einvernehmlich" über die Bühne gegangen. "Das war sehr emotional, und wir konnten uns am Ende des Tages mit Oliver nicht einigen." Später habe es ein weiteres Gespräch am Tag darauf, am Freitag, gegeben. Das sei jedoch in Ruhe abgelaufen. Es war nicht die erste Verwirrung in diesem kuriosen Theater.
Warum dann noch die Sommergrippe?
Am Samstagabend hatte Kahn gesagt, dass es ihm der Klub untersagt hatte, mit zum Spiel nach Köln zu reisen. Er verkündete das via Twitter und sprach davon, im nächsten Jahr gemeinsam die zwölfte Meisterschaft in Serie feiern zu wollen. Klassischer Fall von "Hä?" - längst war in der Welt, dass er nicht mehr in Amt und Würden ist. Auch über die Gründe für die Untersagung der Reise wurde spekuliert. Der Klub ließ zunächst verbreiten, Kahn sei krank. Samstagmittag, so erklärte Hainer nun, habe der Ex-Titan sich mit einer Sommergrippe abgemeldet. Das sei auf Handys dokumentiert. Kahn dagegen schrieb, dass er am Morgen die Mitteilung erhalten habe, "dass ich nicht zum Spiel kann". Warum dann noch die Sommergrippe? So richtig wollen beide Versionen nicht zusammenpassen. Vielleicht Spitzfindigkeiten? Aber um die wird es in den nächsten Wochen gehen.
Schon jetzt werden Dinge diskutiert, die nahezu unvorstellbar sind. So soll Kahn Informationen von Sport-1-Chefredakteur Pit Gottschalk zufolge nicht im Flieger nach Köln gesessen haben, weil man angeblich Handgreiflichkeiten, sogar in der Öffentlichkeit, zwischen ihm und seinem Nachfolger Jan-Christian Dreesen befürchtet haben soll. Zuvor hätten Hoeneß und Hainer Kahn laut Sport1 vorgeworfen, den FC Bayern an die Wand zu fahren. Unfassbar alles. Und tatsächlich unvorstellbar. Vor und hinter den Kulissen spielt sich allerdings auch ohne diese wilden Spekulationen ein Schauspiel ab, das irgendwo zwischen "bodenlos" und "unwürdig" einzuordnen ist. Ein Chaos von historischem Ausmaß. Und das Ende scheint längst noch nicht geschrieben.
Über die Abendveranstaltung geplaudert?
Bei Salihamidžić ging indes alles sauber über die Bühne. Die Bayern-Bosse bestätigen, dass mit "Hasan alles gut funktioniert" habe. Der Ex-Sportvorstand fand schließlich viele Worte voller Dankbarkeit und wenige zu seiner Trauer über das Aus. Eine Szene sorgte am Samstag indes für Verwirrung. Auf die riesige Freude von Salihamidžić auf dem Feld folgte eine ernste Diskussion mit Hainer. Auch hier, wilde Gerüchte. Erfuhr der Kaderplaner in diesem Moment von seiner Entmachtung? Nein, sagte der Präsident entschieden. "Wir haben uns über die Abendveranstaltung unterhalten, und dass er doch mitkommen soll", sagte Hainer. Wort und Bild wirken auch hier nicht stimmig. "Ich glaube, er war (bei der Party) einer der Letzten, das habe ich gehört. Wir haben ein gutes Verhältnis miteinander, und das soll so bleiben."
Ansonsten aber wird alles anders. Mit Hainer und Dreesen stehen nun zwei Wirtschaftsmenschen an der Spitze. Fachkompetenz in Sachen Fußball soll noch kommen, ein Nachfolger für Salihamidžić her. Auch hier wieder, wilde Gerüchte. Max Eberl, der Fast-Neu-Leipziger, soll bereits kontaktiert worden sein. Vorerst aber kehrt Karl-Heinz Rummenigge zurück, er soll dem Rekordmeister bei der Kaderplanung helfen. Denn, auch das wird an diesem Sonntag fast vergessen, der FC Bayern braucht dringend Verstärkungen, um die großen Ziele wieder realistisch ins Visier zu nehmen: Die Meisterschaft ist nur das Minimum, Europa die große Sehnsucht. Dazwischen: Chaos.
Quelle: ntv.de