
Popp bleibt zunächst bei "ihrem" Team.
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Die Kapitänin bleibt an Bord - zunächst. Alexandra Popp zieht sich noch nicht aus der DFB-Auswahl zurück. Sie wolle dem Team in der derzeitigen Situation der Verunsicherung helfen, sagt sie und räumt mit Spekulationen auf. Dies gilt jedoch vermutlich nur noch auf Zeit.
Als sie den Platz verließ, gab es Standing Ovations auf den - soweit es von der UEFA zugelassen war - vollen Tribünen des Ruhrstadions in Bochum. 14.998 Zuschauerinnen und Zuschauer jubelten Alexandra Popp zu, die im Nations-League-Spiel gegen Island (4:0) wie gewohnt gekämpft, das Spiel gelenkt und nach Zusammenstößen gelitten, diesmal aber kein Tor erzielt hatte. Sie reichte die regenbogenfarbene Kapitänsbinde an Verteidigerin Marina Hegering weiter und konnte den verdienten Jubel genießen. Nicht zum letzten Mal, denn die 32-Jährige, die im August zum dritten Mal als Fußballerin des Jahres ausgezeichnet worden war, macht weiter im Nationalteam.
"Ich habe mich klar positioniert: Solange wir diese Sicherheit nicht wieder auf dem Platz haben, und ich das Gefühl habe, noch helfen zu können und die Mannschaft in die richtige Richtung schieben zu können, werde ich diesen Platz erst mal nicht verlassen", so Popp nach dem Spiel. Nicht erst seit dem WM-Debakel in Australien ist das Team derangiert, auch die Spiele davor liefen nicht rund, Verunsicherung machte sich breit. Diese hält an, auch wenn der erste Sieg nun wieder Erleichterung bringt.
Wochenlang war über ihren baldigen Abschied spekuliert worden, zuletzt waren gar Gerüchte aufgekommen, die Partie gegen Island könne ihre letzte werden. Nach dem historisch schlechten WM-Aus nach der Gruppenphase in Australien hatte die Anführerin offengelassen, ob sie ihre Karriere im Deutschland-Trikot fortsetzt. Auch nach der verlorenen Nations-League-Premiere in Dänemark (0:2) hatte sie selbst die Spekulationen angeheizt. "Nicht nur eine" Sekunde habe sie über einen Rücktritt nach der WM nachgedacht, bekannte sie. Ihr Hauptaugenmerk habe sie dann aber auf die Partien gegen Dänemark und Island gerichtet: Erst einmal wolle sie "jetzt der Mannschaft helfen". Langfristige Planung klingt anders.
"Wir brauchen sie"
Interims-Bundestrainerin Britta Carlson, die die nach der WM erkrankte Martina Voss-Tecklenburg vertritt, hatte nach der Pleite in Dänemark gesagt, Popps Rücktritt wäre "ein Verlust für die Mannschaft." Ihre Begründung: "Weil sie eine Kapitänin ist, die Verantwortung übernimmt, die vorweg geht. Ich hoffe sehr, dass sie noch lange dem DFB erhalten bleibt." Sie betonte: "Wir brauchen sie gerade mit ihrer Power, ihrer Leidenschaft da vorn drin."
Popp ist eine der ältesten Spielerinnen im Team, gehört seit 2010 dem A-Team des DFB an, hat bereits 133 Länderspiele absolviert und dabei 66 Tore erzielt und ist seit 2019 die Kapitänin. Sie hat aber auch mehrere langwierige Verletzungen hinter sich und spielt mit dem VfL Wolfsburg auf höchstem Niveau und, sollte der Klub die Champions-League-Qualifikation schaffen, auch wieder international. Eine Mehrfachbelastung, die an Popp zehrt. Ihr Vertrag bei den Niedersachsen läuft noch bis 2025.
Doch die Wolfsburgerin ist immens wichtig für das Team. Sie ist eine Anführerin, wie sie im Buche steht, geht immer mit vollem Einsatz voran, scheut keinen Zweikampf, haut sich trotz Aussicht auf Schmerzen rein, lenkt und leitet das Spiel. Und trifft selbst zu wichtigen Toren. Bei der EM in England 2022 hatte sie die DFB-Auswahl mit sechs Treffern bis ins Finale geschossen, ehe sie in diesem verletzungsbedingt passen musste. Bei der desaströsen WM hatte sie trotz vier Treffern in drei Gruppenspielen das Aus nicht verhindern können. Überdies ist die mehrfache Fußballerin des Jahres immer noch das Gesicht des Fußballs der Frauen in Deutschland.
"Grundsätzlich ist alles offen"
Carlson hatte erzählt, Popp würde ihren Rückzug davon abhängig machen, "wie sie sich fühlt, wie viel Spaß sie an der Sache hat". Ginge es nur danach, dürften die Chancen auf einen Verbleib im DFB-Team am Dienstagabend etwas gestiegen sein, nach dem souveränen Sieg strahlten die Spielerinnen erstmals wieder, als sie den Platz verließen. Doch ganz so einfach ist es nicht, Popp stellte klar: "Grundsätzlich ist alles offen."
Im kommenden Jahr stehen die Olympischen Spiele an - ob sich Deutschland für diese qualifiziert, ist jedoch offen, nur zwei Tickets sind an europäische Teams zu vergeben, Frankreich ist als Gastgeber gesetzt. Mit dem Sieg über Island hat die DFB-Auswahl immerhin ihre Chancen gesteigert. Doch der Weg ist noch weit. Die DFB-Elf muss zunächst ihre Gruppe gewinnen und dann in einem Mini-Turnier der Gruppensieger, das im K.-o.-Modus mit Halbfinale und Finale läuft, wohl ins Endspiel einziehen. Nur sollte dort Frankreich stehen, würde der dritte Platz reichen. 2025 folgt dann die EM in der Schweiz. Popp machte klar: Bei den kommenden Nations-League-Partien im Oktober will sie dabei sein. Dann ist Wales zu Gast in Sinsheim (27. Oktober) und in Island kommt es zum Rückspiel (31. Oktober).
Quelle: ntv.de