Fußball

Wilder Fight gegen Hoffenheim Kehls Traumtor erlöst BVB in Pokalschlacht

Dortmund feiert nach dem Tor in der Nachspielzeit.

Dortmund feiert nach dem Tor in der Nachspielzeit.

(Foto: AP)

Ausgerechnet Sebastian Kehl schießt Borussia Dortmund in einem mitreißenden Pokalspiel gegen Hoffenheim ins Halbfinale. Der Geniestreich des Routiniers in der Verlängerung lässt den BVB wieder träumen - von Titeln und Europa.

Sie hatten gute Erinnerungen an dieses Duell in diesem Wettbewerb. Vor sieben Jahren empfing Borussia Dortmund die TSG 1899 Hoffenheim schon einmal im Viertelfinale des DFB-Pokals. Es war der 26. Februar 2008, in einem rassigen Spiel rangen die Dortmunder den damaligen Zweitligisten nieder. Am Ende der Saison stand das Finale, und auch wenn das gegen die Bayern in der Verlängerung mit 1:2 verloren ging: Für den BVB markierte das Endspiel den Wendepunkt nach Beinahe-Insolvenz und sportlich ziemlich mageren Jahren.

Dortmund - Hoffenheim 3:2 n.V.

Tore: 1:0 Subotic (19.), 1:1 Volland (21.), 1:2 Firmino (28.),  2:2 Aubameyang (57.), 3:2 Kehl (107.)

Dortmund: Langerak - Durm, Subotic, Sokratis,  Schmelzer - Gündogan, Sven Bender (63. Kehl) - Blaszczykowski,  Kagawa, Mchitarjan (101. Kampl) - Aubameyang (113. Ramos)

Hoffenheim: Baumann - Beck, Strobl, Bicakcic, Toljan (61. Kim) -  Rudy, Schwegler (60. Amiri), Polanski - Volland, Firmino -  Schipplock (101. Zuber)

Referee: Aytekin  Zus: 80.667 (av)

Kein Wunder also, dass sie sich in Dortmund sieben Jahre später auf diesen Pokalabend unter Flutlicht gefreut haben. Schließlich sollte erneut ein Sieg die Wende zum Guten in einer verkorksten Saison bringen. Und nach einem leidenschaftlichen Kampf über 120 Minuten im DFB-Pokal-Viertelfinale dürfen sie in Dortmund wieder ein bisschen träumen - von einer erfolgreichen Zukunft, von einem Titel und Duellen auf europäischer Ebene.

All das möglich machte der langjährige Kapitän Sebastian Kehl, der im Sommer seine Karriere beendet. Spät eingewechselt, hämmerte er den Ball in der 107. Minute kompromisslos aus 25 Metern zum lautstark bejubelten 3:2 in den Kasten der Kraichgauer. Für die Hoffenheimer, die die erste BVB-Führung durch Neven Subotic (19.) mit Toren von Kevin Volland (21.) und Roberto Firmino (28.) gedreht hatten, bedeutet die Niederlage das siebte Viertelfinal-Aus in Serie. Erzwungen hatte die Verlängerung Dortmunds Pierre-Emerick Aubameyang mit dem 2:2 in der 57. Minute. Vor dem BVB war bereits Wolfsburg mit einem Arbeitssieg gegen Freiburg ins Halbfinale eingezogen.

Schwarzgelbes Happy End bleibt möglich

Nach der verkorksten Bundesliga-Saison und dem zeitigen Aus in der Champions League drohte der BVB auf einem sportlichen Tiefpunkt anzukommen. Doch das Team von Trainer Jürgen Klopp stemmte sich vor 80.667 Zuschauern mit aller Gewalt und lange vermisster Leidenschaft gegen das endgültige Ende einer sportlich so erfolgreichen Ära in den vergangenen Jahren. Sie sind gerannt, sie haben gekämpft, sie haben teilweise sogar richtig gut kombiniert, und das alles ohne zwei ihrer Besten. Kurz vor dem Anpfiff hatten die Gastgeber den Ausfall von Offensivstar Marco Reus und Abwehrchef Mats Hummels einstecken müssen.

Der Flügelstürmer hatte Probleme mit den Adduktoren, Hummels musste wegen Schmerzen im Oberschenkel passen. Und so veränderte Coach Klopp seine Elf gleich auf vier Positionen im Vergleich zur 0:1-Bundesliga-Niederlage gegen den FC Bayern München. In der zuletzt lahmenden Offensive, die drei Heimspiele ohne Tor geblieben war, bekamen Henrikh Mkhitaryan und Shinji Kagawa neue Bewährungschancen.

Durm meldet sich stark zurück

Rückkehrer Erik Durm überzeugte in der Dortmunder Außenverteidigung.

Rückkehrer Erik Durm überzeugte in der Dortmunder Außenverteidigung.

(Foto: imago/Thomas Frey)

Zudem rückte Erik Durm in die Startelf. Der schnelle Außenverteidiger sollte mit seinen Vorstößen für mehr Gefahr auf der rechten Außenbahn sorgen. Und das klappte direkt ganz gut. Die Dortmunder starteten erneut mit viel Schwung und hatten früh ihre ersten Chancen, doch die Versuche von Kagawa und Mkhitaryan waren zu wenig präzise, um Hoffenheims Schlussmann Oliver Baumann gefährlich zu werden.

Der hatte mit Ermin Bicakcic und Jeremy Toljan gleich zwei Neue in der Viererkette vor sich. Die beiden sollten dabei helfen, der noch gegen Mönchengladbach (1:4) so löchrigen Abwehr neue Stabilität zu verleihen. Das funktionierte in der ersten Halbzeit über weite Strecken auch ganz gut. Denn auch wenn Dortmund sich offensiv deutlich stärker präsentierte als noch gegen die Bayern, standen die Gäste aus dem Kraichgau sehr kompakt und ließen wenig zu. Nur einmal präsentiert sich das Team von Trainer Markus Gisdol nicht als Einheit. Nach einer Ecke von Jakub Blaszczykowski ließen die 1899er BVB-Verteidiger Neven Subotic frei zum Schuss kommen – der fand das sehr fair und nutzte die Chance zur Führung (19.).

Hoffenheim gleicht in den Jubel aus

Und gerade als Stadionsprecher Norbert Dickel den Torschützen richtig hochleben ließ und die 25.000 Kehlen auf der Südtribüne die Dezibel-Zahl so richtig hochdrehten, wurde es plötzlich still. 102 Sekunden nach der Führung sorgte Nationalstürmer Kevin Volland für einen Stimmungskiller, als er im Anschluss an eine Ecke aus 14 Metern zum Ausgleich einschob (21.). Nicht nur für den Dortmunder Anhang ein Schock – auch die Elf auf dem Rasen verlor danach den Mut, trotz des sehr ordentlichen Beginns. Und spätestens als Subotic mit einem irrwitzigen Blackout die Hoffenheimer Führung durch einen schicken Lupfer einleitete (28.), war es vorbei mit jeglichem Dortmunder Selbstbewusstsein: Fehlpässe, mutlose Antritte, kaum noch Kombinationsspiel – die Gäste hatten wenig Mühe den Borussen-Angriffen Einhalt zu gebieten. So war der BVB froh, als Schiedsrichter Deniz Aytekin zur Halbzeit pfiff.

Und egal, was in den 15 Minuten Pause in der Kabine der Gastgeber passiert ist, ob es laut war oder leise: es wirkte. Die Klopp-Elf spielte in den zweiten 45 Minuten mit altbekannter und lange vermisster Leidenschaft. Die Schwarzgelben kombinierten schnell, schnörkellos und kamen zu richtig guten Chancen: Pierre-Emerick Aubameyang zielte knapp vorbei (48.), Kagawa bekam zu wenig Wucht in den Schuss (50.), aber die Hoffenheimer Abwehr nun richtig was zu tun. Vor allem, weil sich Dortmunds Außenverteidiger Durm plötzlich daran erinnerte, dass ein Fußballfeld aus zwei Hälften besteht. Und so bereitete auch eine Flanke des Weltmeisters den Ausgleich vor, Aubameyang verwertete die Hereingabe per Kopf zum verdienten 2:2.

In Dortmund glaubten sie plötzlich wieder alle an den Verbleib im Wettbewerb - und hätte Aubameyang nur drei Minuten nach dem Ausgleich mit dem Außenrist genauer gezielt, der Fußball-Tempel hätte endgültig gebrannt. So aber wurde es ein Zitterspiel mit mehr Kampf als Klasse. Subotic für Dortmund (78.) und Polanski (85.) sowie Firmino (86.) für Hoffenheim hatten jeweils die Entscheidung auf dem Fuß.

Doch in allen drei Fällen erbrachten die Schlussmänner der beiden Teams den Nachweis, dass sie ihr Handwerk bestens verstehen und gestatteten sich selbst und ihren Vorderleuten Überstunden. Dort passierte lange nichts, bis Sebastian Kehl in der 107. Minute irgendwo eine Lücke sah und den Ball aus fast 25 Metern in das Tor vor der Südtribüne drosch – und danach in 25.000 glückliche, wieder hoffnungsvolle Gesichter blicken durfte.

Quelle: ntv.de

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