
Sein erstes internationales Tor ist das Highlight eines furiosen Spiels von Eintracht Frankfurt in der Europa League: Gegen den FC Barcelona brilliert Ansgar Knauff. Der 20-Jährige, der vom BVB ausgeliehen ist, blüht unter Trainer Oliver Glasner auf. Und sorgt dafür, dass der sich noch einmal vor den Fernseher setzen muss.
Der Trainer muss nachsitzen, das hat sich Oliver Glasner selbst auferlegt. Schuld daran sind die Fans von Eintracht Frankfurt - und Ansgar Knauff. 48.000 Zuschauer durften im Viertelfinal-Hinspiel der Europa League gegen den FC Barcelona dabei sein, erstmals wieder ein komplett volles Waldstadion seit Beginn der Coronavirus-Pandemie. Und vor allem die Eintracht-Fans haben geliefert.
Vor Anpfiff mit einer Choreografie zu Ehren der kürzlich verstorbenen Vereinslegende Jürgen Grabowski, das gesamte Spiel über mit anpeitschenden Gesängen, ohrenbetäubendem Wechselgesang zwischen Fankurve und dem Rest des Stadions. Und komplett ekstatischem, eskalierenden Jubel nach dem Tor zum 1:0 durch Knauff.
Der 20-Jährige hat sein erstes Tor im Europapokal geschossen - und was für eins. Kurz nach der Halbzeitpause wollte Clément Lenglet eine Frankfurter Ecke abwehren, leitete den Ball aber in den Rückraum, die Kugel landete bei dem Mann, der seit der Winterpause von Borussia Dortmund ausgeliehen ist. Knauff nahm aus 18 Metern Maß, traf mit dem Spann den Ball unhaltbar in den rechten Winkel. Sogar Barcelonas Torhüter Marc-André ter Stegen lobte seinen Gegner bei RTL dafür: "Da sind gefühlt 20 Mann vor mir, dann schießt er ihn gut, ein Sonntagsschuss am Donnerstag - da muss man auch gratulieren."
"Das werde ich nie vergessen"
Knauff selbst sprudelte im Interview bei RTL fast über vor Glück: "Das sind die Momente, von denen man als kleines Kind schon träumt. FC Barcelona, Flutlicht vor so einer Kulisse - und dann so ein Tor, das werde ich nie vergessen." Lob kam auch von seinem Trainer: "Wie er in annimmt und trifft, war top." Doch bei Glasners sonstigen Wahrnehmung haperte es, von der gigantischen Stimmung im Stadion hat der Coach in dem Moment nichts mitbekommen. "Ich muss zu meiner Schande gestehen, bei mir ist während der 90 Minuten das Ende des Horizonts an der Werbebande, ich bekomme eigentlich gar nichts mit außenrum, auch von dem Jubel weiß ich gar nicht", sagte er in der Pressekonferenz nach dem Spiel auf die Frage, ob Knauff ihm den ekstatischsten Moment seiner Frankfurter Karriere beschert hat. Daher sein Versprechen: "Ich werde mir das nochmal Im Fernsehen ansehen, heute Abend irgendwann." Er schob hinterher: "Aber ich habe es nach dem Spiel extrem genossen."
Für Glasner war es das erste Spiel im vollen Eintracht-Stadion, er war bekanntlich erst vor der Saison nach Frankfurt gewechselt. Wichtiger ist ohnehin, die Fans mögen es verzeihen, dass der Trainer sich mit seinem Team beschäftigt. Das hat er getan. "Riesenkompliment und Gratulation an die Spieler", sagte er begeistert und zufrieden nach dem 1:1. Er lobt den "tollen Auftritt" und fand, dass sogar ein Sieg "durchaus möglich gewesen" wäre. "Aber kein Wermutstropfen, sondern einfach nur Kompliment", lautet das Fazit Glasners.
Gegen Barcelona statt gegen Waldhof
Eines, das ganz explizit für Knauff gilt. Nicht nur wegen seines tollen wie wichtigen Tores, sondern auch wegen seines restlichen Spiels. Statt zuletzt als Rechtsaußen ließ Glasner ihn am Donnerstagabend etwas weiter zurückversetzt als rechten Mittelfeldmann agieren, er arbeitete nach hinten mit, gewann 70 Prozent seiner Zweikämpfe. Alarm machte er aber vor allem als Konterpart von Filip Kostic auf der rechten Außenbahn. Immer wieder arbeitete er sich vor, es haperte jedoch an der Chancenverwertung. Allerdings nicht nur bei Knauff.
Dass es letztlich aufgrund des Ausgleichs durch Ferran Torres (66.) nicht zum Sieg reichte, ärgerte Knauff mehr als seinen Trainer. "Da ist es fast ein bisschen ärgerlich, dass wir nicht den Sieg mitgenommen haben." Er zeigte sich aber "zuversichtlich", dass sein Team im Rückspiel im Camp Nou in Barcelona "eine Runde weiterkommen" kann (Donnerstag, 14. April um 21 Uhr/RTL+ und im ntv.de-Liveticker).
Die Anspruchshaltung des deutschen U21-Nationalspielers wächst. Sie wächst mit seiner Leistung. Knauff nutzt seine Chance, die er mit seiner Leihe nach Frankfurt bekam. Beim BVB tingelte er zeitweise über die Drittligaplätze des Landes, war in Mannheim und Osnabrück, beim SC Verl und bei Waldhof Mannheim. Durfte im Profiteam zum Saisonauftakt nicht gegen seinen jetzigen Klub spielen, saß auch gegen Union Berlin und Leverkusen nur auf der Bank, stand gegen den FC Bayern nicht einmal im Kader.
Unter Glasner aber spielt er - und zwar immer mehr und länger. Alle drei Europa-League-Partien stand er über die volle Spielzeit auf dem Platz, bot keinen Grund, ihn auszuwechseln. In zehn von elf möglichen Spielen war er seit seinem Wechsel zur Eintracht auf dem Platz. Ein Wandel, ein Aufschwung, auch Sammeln von Selbstvertrauen. Sein erstes Tor für die Frankfurter hatte er Anfang März beim 4:1-Sieg gegen Hertha BSC geschossen, nun legte er auf dem internationalen Parkett nach.
Knauff ließ das Stadion explodieren und explodierte nach Abpfiff auch selbst beinahe: "Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Ich kann es gar nicht so richtig realisieren. Einfach ein geiles Gefühl", jubelte er bei RTL weiter. So richtig nachvollziehen kann das vielleicht auch Oliver Glasner, sobald er sich das Spiel noch einmal im Fernsehen angeschaut hat. Und dann auch die Atmosphäre auf den Rängen genießen kann.
Quelle: ntv.de