Besondere Hörgeräte helfenKohfeldt räumt in Darmstadt alle Missverständnisse aus
Anja RauKlare Ansprache für den Erfolg: Beim SV Darmstadt 98 sollen die Missverständnisse ausgemerzt werden - mittels Künstlicher Intelligenz. Diese kann die Florian-Kohfeldt-Sprache in die Muttersprachen der internationalen Spieler übersetzen.
Der Schwede Isac Lidberg ist der Top-Scorer der 2. Fußball-Bundesliga. Der Kroate Matej Maglica weist mit 72,34 Prozent die meisten gewonnen Zweikämpfe in der Liga auf. Der Schotte Fraser Hornby ist einer der besten Vorlagengeber. Auch der Franzose Killian Corredor ist ein Dauerbrenner, genauso wie der Japaner Hiroki Akiyama. Sie alle eint: Sie sind Profis beim SV Darmstadt 98.
Im Sport ist es völlig normal, dass in den Teams Spieler aus aller Welt zusammenkommen. Klar, der Fußball verbindet, die gemeinsame Gier nach Erfolg. Und Dolmetscher sind auch nicht selten in den Klubs. Doch mit dem Umweg über eine dritte Person kann schonmal was verloren gehen. Bei Darmstadt läuft aber derzeit alles offensichtlich ziemlich glatt - eine Innovation hilft dem Klub dabei.
Denn Trainer Florian Kohfeldt kann sich eins zu eins direkt mit all seinen Spielern austauschen. Nicht nur auf Englisch, sondern dank eines speziellen Hörgeräts ist es möglich, dass er und sein Gegenüber in ihrer jeweiligen Muttersprache kommunizieren, berichtet HR-Sport.
"Sind dadurch sehr flexibel"
Ein KI-Tool macht es möglich, entwickelt von einer Firma in Kohfeldts langjähriger Heimat Bremen. Das Übersetzungs-Hörgerät kann nahezu simultan übersetzen, es sorgt für einen flüssigen Informationsaustausch und soll Missverständnisse verhindern.
"Wir müssen innovativ denken. Andere Vereine haben Dolmetscher, aber wir gehen unseren Weg und sind dadurch sehr flexibel, weil wir die Technik immer mitnehmen und nutzen können", sagt Sportdirektor Paul Fernie bei HR-Sport. Fernie ist Engländer - sich in einer anderen als der Muttersprache verständigen zu müssen, ist ihm bekannt. Auch Kohfeldt hat bereits im Ausland gearbeitet, bei KAS Eupen in Belgien.
"Übergewicht im Mittelfeld", "Tiefenlauf", "volle Pulle reingehen" - da kann es durchaus Verständigungsprobleme oder Doppeldeutigkeiten geben. Auch Lokaldialekte bieten Feinheiten, die man erstmal erkennen muss und jeder entwickelt bekanntlich auch seine eigene persönliche Sprache. Sogar gelernte Simultan-Dolmetscher, die sich nicht perfekt fachlich im Fußball auskennen, können da mal ins Stocken geraten. Und so kommt hier bei Darmstadt die Künstliche Intelligenz ins Spiel. Diese lernt Kohfeldt-spezifische Vokabeln. Diese werden fortlaufend gesammelt und in Rücksprache mit den Spielern abgeglichen.
Auch Scouting mit KI-Hilfe
Wie viel Einfluss der KI-Dolmetscher im Ohr auf die aktuelle Situation hat, lässt sich von außen natürlich nur schwerlich bewerten. Doch zu schaden scheint es mindestens mal nicht. Die Lilien sind aktuell Vierter der Liga, nur einen Punkt vom Relegationsplatz entfernt. Und die nächsten drei Punkte sind fest eingeplant, am Abend spielt Darmstadt zu Hause am Böllenfalltor gegen den Tabellen-14., Greuther Fürth (20.30 Uhr/NITRO, RTL+ und im ntv.de-Liveticker).
Der künstliche Dolmetscher ist nicht die einzige Innovation mittels Künstlicher Intelligenz, die die Darmstädter auf dem möglichen Weg zurück in die Bundesliga einsetzen. Fernie nannte seinen Klub gegenüber der "Frankfurter Rundschau" gar einen "Innovationsverein".
Jeder Spieler nutzt ein Athleten Management System namens Teamworks. Seit dem Sommer wird dort alles gebündelt, was für die Spieler relevant ist. Trainings- und Spieldaten werden gebündelt, Behandlungen vermerkt, Gesprächsnotizen gesammelt, auf Termine hingewiesen. Laut Klub ist der Datenschutz sichergestellt. Jeder Spieler sieht nur seine eigenen Daten, Trainer und Sportdirektor können sich ein umfangreiches Bild machen.
Aber nicht nur die bereits engagierten Spieler bei Darmstadt haben mit KI zu tun, auch womöglich zukünftige Profis der Hessen. Denn KI kommt beim Klub auch im Scouting zum Einsatz. "Wir nutzen ein spezielles Datenmodell, das uns im ersten Schritt dabei unterstützt, Spieler zu identifizieren, die zu unserer Spielidee passen könnten." Die KI sei hilfreich, "noch präziser mit der großen Anzahl an Datenmengen umgehen zu können und den Kreis an Spielern einzugrenzen, die in ein positionsspezifisches Profil passen könnten. Durch das Datenmodell und die Verwendung der KI fließen so noch mehr Informationen in einen Entscheidungsprozess ein." Fernie macht in der "Frankfurter Rundschau" aber auch klar, dass der Mensch "niemals eine Entscheidung nur anhand von Daten treffen würde". Er betont: "Die Daten können noch so gut aussehen, ein möglicher Neuzugang muss menschlich und von seiner Persönlichkeit zu uns passen."
Ganz so, wie im direkten Gespräch. Ob nun auf Deutsch, auf Englisch oder Deutsch-Japanisch mithilfe von KI.
