Fußball

BVB und Schalke ohne Krisenrezept Lasst das Kuscheln und die Lügen!

In den 12. Spieltag geht Borussia Dortmund als Tabellen-16. Gegen die Krise kuschelt der BVB tapfer an.

In den 12. Spieltag geht Borussia Dortmund als Tabellen-16. Gegen die Krise kuschelt der BVB tapfer an.

(Foto: imago/Ulmer)

Es kriselt massiv in Dortmund und auf Schalke. Der Umgang damit ist jedoch völlig unterschiedlich. Während es beim BVB mit jeder Pleite kuscheliger wird, brennt auf Schalke der Baum längst lichterloh. Beides ist kontraproduktiv.

Die Prognose, dass der FC Schalke 04 nach dem 12. Spieltag der Bundesliga sechs Punkte vor Borussia Dortmund liegt, hätte das Revier vor der Saison wohl in helle Aufregung versetzt. Hier die freudetrunkenen Anhänger in blau-weiß, dort die zerknirschten Fans in schwarz-gelben Farben. Nun, da ein Drittel der Saison gespielt ist, weist die Tabelle zwar genau diese Konstellation auf. Das Stimmungsbild ist aber ein anderes.

Auch Schalke findet nicht in die Spur.

Auch Schalke findet nicht in die Spur.

(Foto: imago/Chai v.d. Laage)

In Gelsenkirchen sieht sich ein Manager nach einer 0:5-Klatsche in der Champions League gegen den FC Chelsea gezwungen, seine Arbeit zu rechtfertigen. "Ich weiß, was ich tue", beteuert Horst Heldt, den Experten, Fans und Ex-Spieler als Sündenbock für die Krise ausgemacht haben. Im Pokal schon in der 1. Runde gescheitert, in der Champions League vor dem Aus und in der Bundesliga weit hinter den eigenen Ansprüchen zurück - da brodelt natürlich die Schalker Vereinsseele. Gegen Chelsea spielte Schalke derart schlecht, dass die eigenen Anhänger das Stadion schon nach 75 Minuten in Scharen verließen und Schalkes Abwehrspieler Marco Höger hinterher sagte: "Wenn ich als Fan im Stadion gewesen wäre, wäre ich nicht erst nach 75 Minuten gegangen - sondern vorher."

24 Stunden später und rund 600 Kilometer weiter westlich hatte Schalkes Erzrivale aus Dortmund gerade die achte Pflichtspiel-Niederlage in dieser noch jungen Spielzeit kassiert - und die Schlachtenbummler feierten ihre Borussia nach dem enttäuschenden 0:2 beim FC Arsenal trotzdem. "Die Mannschaft hat den Fans in den letzten vier Jahren unglaublich viel gegeben. Das ist ein Punkt, der die Einzigartigkeit dieses Vereins dokumentiert", kommentierte BVB-Manager Michael Zorc, nicht ohne noch eine Spitze an den Nachbarn zu verteilen: "Das habe ich noch nirgendwo erlebt, auch nicht in der näheren Umgebung."

Wohlfühl-Oase ist kontraproduktiv

In dieser Umgebung hält sich die miserable Stimmung schon seit drei Jahren so hartnäckig wie die Sehnsucht nach Titeln - und genau hier liegt das Problem: Obwohl Schalkes Kader nach dem Abgang von Trainer Ralf Rangnick sowohl unter Huub Stevens als auch Jens Keller zu keinem Zeitpunkt die Qualität besaß, um ganz vorne mitzuspielen, wird munter weiter von der Meisterschaft geredet. Das Loblied, das Spieler, Trainer und Management auch vor dieser Saison auf das Personal angestimmt haben, erweist sich immer mehr als kapitale Fehleinschätzung, ja fast schon als Lüge.

In Dortmund hatten sich die Verantwortlichen die ersten Wochen sicherlich auch anders vorgestellt. Weil die Verletzungssorgen nicht abreißen und Neuzugänge wie Ciro Immobile oder Adrian Ramos nicht wie gewünscht einschlagen, dümpelt der BVB im Tabellenkeller herum. Die Stimmung ist zwar gedrückt, ganz offensichtlich aber nicht so schlecht wie in Gelsenkirchen. Es scheint fast, als habe die Krise, die Dortmund nach vier Jahren des totalen Erfolgs eigentlich bis ins Mark hätte treffen müssen, den Verein noch mehr zusammengeschweißt.

Während Klopp das Lachen noch lange nicht vergangen ist, hat sein Schalker Trainer Kollege Roberto Di Matteo so langsam den gleichen leidvollen Blick wie Keller. Nachdem dieser vor sieben Wochen erst vom Hof gejagt und dann nachträglich zum Sündenbock gemacht worden war, sollte sich Schalke endlich eingestehen, dass die Gründe für die Krise woanders liegen. In der lethargischen Einstellung einiger Spieler zum Beispiel. Es müsse sich nun schleunigst etwas ändern, forderte Heldt, der wohl selbst nicht mehr weiß, wie oft er diesen Satz in den vergangenen Wochen gesagt hat. Anstatt sich weiter in Durchhalteparolen zu winden, wären die Verantwortlichen vielleicht gut beraten, das ganz offensichtliche Problem endlich zu benennen: Wir sind zu schlecht, um unsere Ansprüche zu erfüllen, und korrigieren die Ziele nach unten.

Diese Korrektur haben sie in Dortmund schon vor ein paar Wochen vorgenommen, beschwert hat sich niemand. Dass die Anhänger immer noch hinter ihrer Mannschaft stehen und ihnen nicht ein Pfiff über die Lippen kommt, sollen die Bosse intern sogar schon als Problem sehen. Es klingt absurd, aber manchmal ist durchaus was dran: Eine Wohlfühl-Oase, wie sie hier geschaffen wurde, kann die Mannschaft hemmen, gar einschläfern. Was bei den blau-weißen Nachbarn jeden Tag gemacht wird, die Krise dort aber verschärft, könnte in Dortmund deshalb förderlich sein: Endlich mal auf den Putz hauen und die Mannschaft aus ihrer Lethargie holen - denn da stehen die BVB-Profis ihren Schalker Kollegen in nichts nach.

Quelle: ntv.de

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