Fußball

Tuchel: "Große Enttäuschung" Löw lobt Castro - und ignoriert ihn

Irgendwann dann doch mal in einer Mannschaft? Gonzalo Castro und Toni Kroos.

Irgendwann dann doch mal in einer Mannschaft? Gonzalo Castro und Toni Kroos.

(Foto: imago/Nordphoto)

Mit 19 Jahren debütiert er in der deutschen Fußball-Nationalelf, absolviert fünf Länderspiele - das war's. Nun, fast eine Dekade später, sprechen viele vom besten Gonzalo Castro, den es je gab. Doch der Bundestrainer scheint das anders zu sehen. Warum?

Die Menschen standen Schlange für das erste iPhone, der VfB Stuttgart war deutscher Fußballmeister und Barack Obama noch nicht im Amt, als Gonzalo Castro sein bis heute letztes Länderspiel von insgesamt fünf Partien für den DFB absolvierte. Am 21. November 2007 spielte er für Deutschland beim 0:0 in Frankfurt gegen Wales 57 Minuten lang. Tim Borowski zog damals die Fäden im Mittelfeld, Jens Lehmann stand im Tor. Es war eine andere Zeit.

Frankfurt, 21. November 2007: Gonzalo Castro spielt für Deutschland gegen Wales.

Frankfurt, 21. November 2007: Gonzalo Castro spielt für Deutschland gegen Wales.

(Foto: imago/Laci Perenyi)

Fast neun Jahre später ist das Thema wieder akut. Castro hat sich mit hervorragenden Leistungen bei Borussia Dortmund empfohlen, Bundestrainer Joachim Löw kam am Dienstagabend im Westfalenstadion vorbei, um ihn beim 2:2 gegen Real Madrid zu begutachten. Er lobte Castro überschwänglich. Aber wieder fehlt der Name Gonzalo Castro auf der Nominierungsliste - wie immer seit jenem Novembertag. Castros Vereinstrainer versteht's nicht. "Ich bin zu 100 Prozent davon ausgegangen, dass er nominiert wird, weil seine Leistungen über einen längeren Zeitraum auf sehr hohem Niveau so herausragend gut sind", sagte Thomas Tuchel. "Es ist eine große Enttäuschung, das zu hören." Wohl auch für Castro selbst. "Ich versuche stets, mein Bestes zu geben. Aber wenn es nicht reicht, dann reicht's nicht", sagte der 29-Jährige. "Klar wäre es schön, noch mal eingeladen zu werden. Das wäre etwas Großes." Nun kamen wieder Fragen auf: Gibt es etwas zwischen Gonzalo Castro und dem Bundestrainer, das zur Missachtung führen könnte? "Nein, da war nichts", beteuerte der Mittelfeldspieler im Interview mit dem "Express". Vor einigen Jahren hat Castro zwar Löw nahegelegt, mehr nach Leistung zu nominieren - aber da war er ohnehin schon lange draußen.

"Würde mich nie selbst bewerten"

Seine BVB-Renaissance hängt mit seinem Wechsel von der Außenbahn ins Mittelfeld zusammen. "Früher, als Rechtsverteidiger, war die Außenlinie mein stärkster Gegner. Jetzt, im Mittelfeld, fühle ich mich viel freier. Ich habe viele Ballkontakte, kann dem Spiel meinen Stempel aufdrücken." Wenn man auf die Scorerliste schaue, in der er sich mit drei Toren und sechs Vorlagen in neun Spielen verewigt hat, ließe sich vom besten Gonzalo Castro jemals sprechen. Aber, sagt er: "Ich würde mich nie selbst bewerten." Die Liste seiner Fürsprecher jedenfalls ist lang, vor dem Duell bei Bayer Leverkusen am Samstag (18.30 Uhr/Sky) auch im Lager seines Ex-Klubs. "Er bestätigt seine überragenden Qualitäten. Warum sollte er nicht sein Comeback geben?", fragt Bayer-Sportdirektor Rudi Völler: "Es ist auch immer eine Frage der Alternativen."

Die gibt es in der Nationalmannschaft reichlich. Ironischerweise wäre seine größte Chance wohl die Rechtsverteidigerposition - doch die zu verlassen, hat ihn ja so stark gemacht. "Gonzalo ist ein unglaublich guter und intelligenter Fußballer", sagt BVB-Sportdirektor Michael Zorc. "Er war früher dabei und hätte es eigentlich verdient, nominiert zu werden." Castros nächste Chance, in die Nationalmannschaft berufen zu werden, wird nun der 11. November sein: das WM-Qualifikationsspiel in San Marino. Drei Tage zuvor wird Obamas Nachfolger gewählt, der VfB Stuttgart spielt in der 2. Liga. Es gibt das iPhone 7. Es ist eine andere Zeit.

Quelle: ntv.de, Thomas Nowag, sid

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