Zweiter Arbeitstag, erstes Spiel Martin Schmidt stapelt tief, Bremen stichelt
19.09.2017, 13:20 UhrDer SV Werder Bremen ist zu Gast beim VfL Wolfsburg - wo Martin Schmidt erstmals auf der Trainerbank sitzt. Nur einen Tag hat der Schweizer Zeit, seine neue Mannschaft auf gemeinsamen Erfolg einzuschwören. Der Kontakt zum Klub besteht dagegen schon länger.
Geduld und Ausdauer gehören nicht zu den Stärken des VfL Wolfsburg - zumindest nicht auf der Trainerposition. Wieder einmal heißt es: Der Nächste bitte. Zum vierten Mal innerhalb eines Jahres. Vor dem Krisenduell gegen den SV Werder Bremen (ab 20.30 Uhr im n-tv.de-Liveticker) stapelt aber auch der Neue tief. "Ich kann an zwei Tagen nicht an jeder Schraube drehen. Aber wichtig ist, dass wir als geschlossenes Team auf dem Platz stehen", sagt Martin Schmidt.
Der Schweizer trainiert seit Montag den Volkswagen-Klub. Er ist der Profiteur des ersten Trainerwechsels in der 55. Saison der Fußball-Bundesliga. Zuvor war Andries Jonker am Mittag entlassen worden. "Ich habe mich im Sommer erholt. Dann hat irgendwann das Kribbeln wieder begonnen und ich habe gemerkt, dass ich wieder in die Bundesliga will. Von da an war ich immer bereit, und die Koffer waren gepackt. Dass es so schnell geht, hat aber wohl keiner gedacht", erklärt Schmidt den Blitztransfer zu Wolfsburg. Allerdings war man bereits im Gespräch: "Wir hatten schon im Winter Kontakt. Ich habe auch die letzten Spiele gegen Wolfsburg nie verloren. Das fällt dem Gegner dann vielleicht auch auf. Aus Respekt vor dem Verein FSV Mainz, der mich zum Bundesligatrainer gemacht hat, habe ich damals gesagt, dass ein Wechsel für mich nicht infrage kommt."
Der 50-Jährige leitete am Montagabend erstmals das Training in Wolfsburg. Angst, dass er, wie seine Vorgänger, schnell scheitern könnte, hat Schmidt aber nicht. "Hier gibt es eine unglaubliche Grundlage, um als Trainer zu arbeiten. Das ist für mich ein nächster Schritt, in dem ich mich beweisen darf und will", sagt der Trainer nach seiner ersten Einheit. Das wird Sportdirektor Olaf Rebbe gern hören. "Ich glaube nicht, dass der VfL Wolfsburg ein Chaosklub ist", so Rebbe. "Wir denken, dass das der richtige Schritt ist, um wieder Ruhe herzustellen."
Rebbe: "Ich übernehme Verantwortung"
Viel Zeit hat Schmidt nicht: Nach dem Spiel gegen den Vorletzten Werder geht es am Freitag zum FC Bayern nach München. Schmidt erhält einen Vertrag bis 2019, nachdem er zuvor seinen noch bis 2018 gültigen Kontrakt in Mainz aufgelöst hatte. "Er ist der richtige Mann für die Aufgaben, die jetzt vor uns liegen. Wir sind davon überzeugt, dass er mit seiner Erfahrung und seinen Stärken sehr gut zum VfL passt", sagt Rebbe, der immer mehr in den Fokus rückt. Die Erfolgsbilanz des einstigen Assistenten des früheren Sportchefs Klaus Allofs ist überschaubar.
Kurz nach Rebbes Beförderung Ende 2016 zum Allofs-Nachfolger war der damalige Trainer Valérien Ismaël bei VW in Ungnade gefallen. Rebbe hielt an Ismaël fest, korrigierte die Entscheidung aber schon im Februar mit dessen Beurlaubung. Rebbe verpflichtete den als Chef unerfahrenen Jonker, der den VfL aber auch nicht aus der Abstiegszone befreien konnte. Erst in der Relegation gelang gegen Braunschweig die Rettung. Anders als der FSV Mainz, der sich trotz des Klassenverbleibs von Schmidt trennte, hielt Wolfsburg an Jonker fest. Auch dies korrigierte Rebbe nun: Keine sieben Monate nach dessen Verpflichtung und nach nur 19 Pflichtspielen unter dem Niederländer. "Ich übernehme für alles Verantwortung, ich muss ja die Entscheidung treffen", erklärt der 39-Jährige.
Dabei sollte in dieser Saison - mal wieder - alles anders, besser und vor allem ruhiger werden. Gut 50 Millionen Euro investierte Rebbe im Sommer in zehn neue Spieler. Als Saisonziel benannten die VW-Bosse einen einstelligen Tabellenplatz. Eine Entwicklung oder gar Verbesserung ist in der freilich noch jungen Saison indes nicht zu sehen. Geduld hatte der Klub aber wie auch in der jüngeren Vergangenheit nicht - seit Armin Veh im Januar 2010 entlassen wurde, gab es neun Trainer. Eine kleine Spitze konnte sich Sportchef Frank Baumann von Wolfsburgs Gegner Bremen daher nicht verkneifen. "Wir haben die Ruhe und das hat uns auch immer ausgezeichnet. Wir sind davon überzeugt, dass wir mit unserem Weg, den wir hier gehen, erfolgreich seien werden." Von einem Trainerwechsel bei Werder, das nur einen Punkt aus vier Spielen holte, wollte er nichts wissen.
Quelle: ntv.de, ara/dpa