Wolfsburg im Finale gegen den BVB Monotheistische Arminen feiern ihre Verlierer
30.04.2015, 01:25 Uhr
Auf denkbar humorlose Art erledigen die Wolfsburger ihre Aufgabe in Bielefeld und stehen im Pokalendspiel. Dort will der VfL dem BVB zeigen, dass er besser ist als der FC Bayern. Derweil bereiten Arminias Fans ihrem Team ein grandioses Fest.
Vielleicht waren sie zu oft danach gefragt worden, vielleicht haben sie etwas zu viel darüber nachgedacht und zu oft darüber gesprochen, was wäre, wenn. Am Ende schien es so, als sei die Erwartungshaltung einfach etwas zu hoch, die Sensation das, was alle erwarteten. Und nichts Überraschendes mehr. Hatte nicht die Arminia aus Bielefeld zuvor drei Erstligisten besiegt?

Rückkehr in die zweite Liga: "Das ist unser Kerngeschäft" (Bielefelds Co-Trainer Uwe Speidel (l.) neben Arminia-Trainer Norbert Meier).
(Foto: picture alliance / dpa)
Vor diesem Halbfinale im DFB-Pokal hatten sie auf der Alm noch einmal die Radioreportagen der Triumphe gegen die Berliner Hertha, den SV Werder Bremen und die Mönchengladbacher Borussia gespielt. Warum sollte es also nicht auch gegen den VfL Wolfsburg klappen? Ganz einfach: Weil der Favorit aus Wolfsburg spielte wie ein Favorit, sich kühl, konzentriert und souverän ins Finale am 30. Mai im Berliner Olympiastadion gegen die Dortmunder Borussia schoss.
Weil Maximilian Arnold den Tabellenzweiten der Fußball-Bundesliga vor 26.137 Zuschauern im ausverkauften Stadion bereits nach acht Minuten in Führung brachte. Weil Luiz Gustavo an diesem Mittwochabend nach einer halben Stunde zum Pausenstand von 2:0 erhöhte. Weil Ivan Perisic (51.) und Arnold (55.) mit seinem zweiten Tor nachlegten. Und weil der Drittligist zu viel falsch machte und an seine Grenzen stieß.
Tore: 0:1 Arnold (8.), 0:2 Luiz Gustavo (32.), 0:3 Perisic (51.), 0:4 Arnold (55.)
Bielefeld: Schwolow - Dick, Börner (46. Hornig), Salger, Schuppan - Junglas, Schütz - Hemlein, Christian Müller (65. Ulm), Mast - Klos (76. van der Biezen).
Wolfsburg: Benaglio - Vieirinha, Naldo, Klose, Rodriguez (73. Marcel Schäfer) - Arnold, Luiz Gustavo - Caligiuri, De Bruyne (54. Guilavogui), Perisic (69. Schürrle) - Dost.
Schiedsrichter: Welz
Zuschauer: 26.137 (ausverkauft)
Kapitän Fabian Klos, den die Fans beim Verlesen der Mannschaftsaufstellung ganz monotheistisch als einzigen Arminen mit dem Ehrentitel Fußballgott bedachten, konstatierte punktgenau: "Im Halbfinale gegen einen Bundesligisten darf man sich keine Fehler erlauben. Wolfsburg steht hochverdient im Finale." Sensationell war das allemal, was die Ostwestfalen zuvor in diesem Wettbewerb geleistet hatten. Gegen Wolfsburg aber waren nur die Fans finalreif.
"Spitzenreiter, Spitzenreiter!"
Die hatten vor dem Anpfiff mit einer grandiosen Choreographie auf der Südtribüne in den Vereinsfarben Schwarz, Weiß und Blau alles gegeben und auch während der Partie ihre Mannschaft unermüdlich unterstützt. Allein, es half nichts. So riefen sie dann halt nach dem 0:3 trotzig: "Spitzenreiter, Spitzenreiter!" Das sind sie in der Tat. Wenn sie am Wochenende gegen den Verfolger Holstein Kiel gewinnen, steht dem Wiederaufstieg in die zweite Liga nur noch wenig im Weg.

"Und am Samstag in dem Stadion, da machen wir Furore. Arminia, Arminia, wie schön sind deine Tore!"
(Foto: picture alliance / dpa)
Getreu der Hymne, die sie vor der Partie sangen: "Und am Samstag in dem Stadion, da machen wir Furore. Arminia, Arminia, wie schön sind deine Tore!" Und auch hinterher, nach dieser ebenso deutlichen wie verdienten Niederlage, feierten sie sich und die Spieler, als wären sie nicht chancenlos ausgeschieden, sondern hätten alle gemeinsam doch die Sensation geschafft. "Arminia, Arminia, wir sind die besten Fans der Welt. Und unser Herz schlägt nur für Dich, Arminia Bielefeld." Derweil standen die Spieler in der Nähe des Mittelkreises und blickten ungläubig gen Süden. Außenverteidiger Florian Dick erzählte hinterher: "Ich hatte Gänsehaut. Unglaublich."
Und die Wolfsburger? Können mit sich, der Welt und damit zufrieden sein, dass es bei der dritten Halbfinalteilnahme nacheinander endlich mit dem Endspiel in Berlin geklappt hat - zum ersten Mal seit 1995. Damit hat sich Dieter Heckings Mannschaft die Chance bewahrt, nach dem Ausscheiden im Viertelfinale der Europaliga in dieser Saison doch noch einen Titel zu gewinnen. Wen wundert’s, dass der Trainer durchaus aufgeräumt wirkte: "Ich muss meiner Mannschaft heute wieder mal ein Kompliment machen." Denn: "Der Wunsch, nach Berlin zu gehen, war zu spüren. Sie wollte unbedingt dieses Finale."
"Brauchen uns nicht zu grämen"
Und das hatte sie sich redlich verdient, diese Einschätzung hatte Hecking nicht exklusiv. Dennoch wehrte er sich gegen den Eindruck, dass dieser deutliche Sieg ein Spaziergang gewesen sei. Zwar räumte er ein, dass sein Team als Favorit angereist und das zu zeigen auch der Anspruch gewesen war. Aber: "So klar ist es natürlich nicht. Es ist nicht selbstverständlich, hier in Bielefeld zu gewinnen. Aber wir sind zufrieden, dass wir diese Hürde genommen haben."
Sein Kollege Norbert Meier kaute derweil weiter an seinem Käsebrötchen und wird wie alle gewusst haben, dass es in diesem Spiel nur einen Sieger geben konnte. So schluckte er schnell und gratulierte dann artig: "Der VfL Wolfsburg ist ein würdiger Endspielpartner von Borussia Dortmund. Das erkennen wir neidlos an." Was sollte er auch sonst sagen, zu sehr hatten die Wolfsburger diese Partie dominiert - und vor allem zeitig entschieden.
"Wenn du so früh in Rückstand gerätst, wird es gegen so eine Mannschaft fast aussichtlos." Wurde es dann auch. Was für Meier allerdings ein Grund war, sich zu beklagen. "Wir brauchen uns überhaupt nicht grämen. Denn wir können ja nicht davon ausgehen, hier alle sechs Wochen einen Bundesligisten aus dem Stadion zu schießen." Und kam flugs auf sein Lieblingsthema zu sprechen - die Rückkehr in die zweite Liga. "Das ist unser Kerngeschäft." Auch darüber haben sie viel nachgedacht und geredet, die ganze Saison schon, nachdem sie in der vergangenen so tragisch in der Relegation abgestiegen waren. Aber schließlich führen sie vier Runden vor dem Ende der Saison die Tabelle der dritten Liga an. Warum sollte es also nicht mit dem Aufstieg klappen?
Quelle: ntv.de