Fußball

Thomas Müller feiert FCB-Stümer "Mr. Choupo" ist die Lebensversicherung des FC Bayern

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Bayern 1 PSG 0. "Mr. Choupo" hat getroffen.

(Foto: IMAGO/Ulrich Wagner)

Eric Maxim Choupo-Moting spielt an kalten, regnerischen Abenden in Stoke. Dort steigt er ab und ein alter Trainer erinnert sich an ihn. Und wenige Jahre später wird aus dem Null-Euro-Stürmer die Lebensversicherung des FC Bayern. Und alles nur, weil einst ein Faxgerät streikte?

Erst schoss er nicht, dann stand sein Kollege Thomas Müller im Abseits, doch beim dritten Mal jubelte er und mit ihm alle Fans des FC Bayern München. Auch gegen Paris Saint-Germain war Eric Maxim Choupo-Moting wieder einmal einer der entscheidenden Spieler für den Rekordmeister. "Choupo ist immer da", bilanzierte Müller dann auch auf BT Sports: "Der hat in den letzten drei Spielen getroffen. Davor natürlich auch. Das ist doch nichts Besonderes für uns. Wir erwarten das von ihm."

Er war nicht der einzige Bayern-Star, der an diesem Abend Lob über den Benjamin Button des Weltfußballs parat hatte. "Es macht richtig Spaß, mit ihm zu spielen. Er strahlt Torgefahr aus. Er weiß, wo er im Strafraum sein muss. Wir brauchen das. Er ist einfach ein fantastischer Spieler", erzählte Jamal Musiala und lachte dann: "Er ist ein guter Freund, einfach ein guter Typ."

Ein guter Typ war dieser Eric Maxim Choupo-Moting schon immer. Darüber ist man sich immer einig gewesen. Egal, wo der gebürtige Hamburger letztendlich gegen den Ball getreten hat. Doch, dass er mit 33 Jahren plötzlich fundamental für den unbestritten besten deutschen und mit ziemlicher Gewissheit auch einen der besten europäischen Klubs überlebenswichtig werden würde, das konnte niemand erwarten.

Der Nationalspieler Kameruns wird gegen Ende seiner Laufbahn nicht nur zu einer Kult-Figur, sondern zu einem der besten Stürmer des Landes. Natürlich auch, weil ihm die Bälle von den exzellenten Offensiv-Mitarbeitern zugetragen werden, aber auch, weil er nie aufgesteckt hat und ihm letztendlich die wohl skurrilste Transferpanne der Bundesliga-Geschichte vor mehr als zehn Jahren in die Karten spielte.

Die Sache mit Thomas Tuchel

Damals, in der Wintertransferperiode 2010/2011, war der 1. FC Köln auf der Suche nach einem Backup für den Stürmer Milivoje Novakovic. Fündig wurden sie beim Hamburger SV. Dort hätten sie den Vertrag von Choupo-Moting im Sommer 2011 verlängern können, doch das Gehalt wäre zu hoch gewesen. Irgendwann war eine Lösung gefunden, wie der Transfer über die Bühne gehen könnte. Doch die Zeit wurde knapp. Erst elf Minuten vor dem Ende der Transferfrist ging der unterschriebene Spielervertrag per Fax von Hamburg nach Köln. Aber dort traf nur eine Seite ein, die mit der Unterschrift hing irgendwo, traf am Ende zwölf Minuten zu spät bei der DFL ein und der Transfer platzte.

"Die DFL hat uns mitgeteilt, dass die Unterlagen nicht rechtzeitig eintrafen und der Transfer nicht zustande kommt", sagte der damalige Köln-Geschäftsführer, Claus Horstmann, dem "Express" und Choupo-Moting verbrachte den Rest der Saison im Kader der zweiten HSV-Mannschaft. Welch ein Glück für ihn, denn so wechselte er am Ende der Saison ablösefrei zum 1. FSV Mainz 05 und traf dort auf den Trainer Thomas Tuchel.

Ein paar Jahre danach zog der kopfballstarke Stürmer weiter nach Schalke. Und dort hielt sich dann die Legende, dass, um den echten Choupo-Moting sehen zu können, ein frühzeitiges Erscheinen im Stadion oberste Pflicht sei. Seine besten Auftritte absolviere er regelmäßig beim Aufwärmen, hieß es und so endete seine Zeit in der Bundesliga im Sommer 2017 nach insgesamt 204 Spielen mit 45 Toren und 21 Vorlagen. Es waren nicht die Daten eines klassischen Torjägers.

In Stoke verschwindet er aus dem Blickfeld

Mit seinem Wechsel zu Stoke City in die englische Premier League verschwand er aus dem Blickfeld. Mit 30 Einsätzen und fünf Treffern war er in einer schwachen Mannschaft noch einer der wenigen Lichtblicke, doch die Finsternis senkte sich über das Synonym für Tristesse. Der Abstieg in die zweite Liga war nicht aufzuhalten und Choupo-Moting stand ohne Verein da. Der Stürmer wäre ein Fall für die "Was macht eigentlich"-Rubriken der Zeitungen. Dass es dann nicht so kam, hing mit dem Faxgerät zusammen. Thomas Tuchel, mittlerweile bei PSG in der obersten Trainer-Kategorie angekommen, erinnerte sich an den Stürmer, der ohne Vertrag und ohne große Zukunft war.

Wieder einmal braucht es einen Ersatzmann, diesmal einen für Stürmer Edison Cavani, der Vereinsikone. "Wir haben seit Wochen einen Ersatz für Cavani gesucht. Und die Gelegenheit, die sich uns angeboten hat, ist Maxim. Er ist ein Spieler auf Topniveau", erzählte Tuchel und niemand glaubte ihm so recht. Aber plötzlich trat Choupo-Moting seine Wandlung zum Benjamin Button des Fußballs an. Er wurde immer besser, immer erfolgreicher und immer wichtiger. Am Ende seiner zwei Jahre in Paris zeichnete er im Sommer 2020 beim Pandemie-Champions-League-Turnier in Lissabon im Viertelfinale gegen Atalanta Bergamo für die Wende verantwortlich.

Bis dahin hatte Choupo-Moting seinen Job erfüllt, war ein integrativer Teil in einer umkämpften Kabine, traf aber selten. Öffentlich kassierte er häufiger Hohn und Spott. Der Spieler, der noch nie eine Ablöse gekostet hatte, war vielleicht schon deshalb nicht würdig, das Trikot der Pariser zu tragen. "Wenn er veralbert wurde, hatten die Leute, die das getan haben, sicher keine Ahnung vom Fußball", sagte Bayern-Star Thomas Müller vor dem Rückspiel gegen PSG: "Er kann den Ball extrem gut sichern, hat ein Auge für seine Mitspieler und schießt Tore. Bei uns ist er ein ganz wichtiger Faktor."

Auch bei Bayern nur Backup

Erst mit seinem neunten Treffer im 49. Spiel für PSG bekam er Anerkennung. Die Pariser lagen mit 0:1 zurück und die Zeit war eigentlich abgelaufen. Diesmal konnte ihn kein Faxgerät hindern, diesmal konnten ihn keine DFL-Regularien stoppen. Er bereitete den Ausgleich vor und traf zum umjubelten Sieg in der dritten Minute der Nachspielzeit. Wenige Tage später verlor PSG das Finale gegen Bayern, diesmal konnte der spät reingeworfene Deutsch-Kameruner jedoch nichts ändern. Einen neuen Vertrag gab es auch nicht. Die Bayern gewannen die Champions League und waren schon bald auf der Suche nach einem Backup für Robert Lewandowski.

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Und gab es einen besseren Backup-Stürmer als Choupo-Moting? Mit mittlerweile 31 Jahren tauchte er im Kader der Bayern auf. Er kämpfte um Anerkennung, kämpfte für sich und war nach dem Abgang der Bundesliga-Legende Robert Lewandowski auf einmal der Stürmer Nummer eins beim besten deutschen Klub. Und wurde zu dem, von dem alle nur noch Tore erwarten. Zu dem nicht nur in der Kabine aufgeschaut wird, sondern der entscheidende Tor schießen kann und von dem genau das auch erwartet wird. Mit 17 Treffern in 26 Pflichtspielen ist er Bayerns Lebensversicherung.

"Ein Künstler am Ball" sei er, sagte Sportvorstand Hasan Salihamidžić. Einer, der schon bald die Champions League gewinnen könnte und damit die vielleicht unwirklichste Helden-Geschichte im Milliarden-Geschäft Fußball zu einem krönenden Moment bringen könnte. "Um ehrlich zu sein, erinnern sich die Leute immer nur an die Sieger", sagte "Mr. Choupo", so sein Spitzname, als er vor einigen Wochen auf das verlorene Finale angesprochen wurde. Welch ein Glück für ihn, dass Thomas Tuchel nicht "die Leute" ist.

Quelle: ntv.de

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