Fußball

Mit "Fleiß" zum "geilen Spiel!" Ordnungsfanatiker Schwarz sortiert Hertha BSC

Hat Lust auf seinen neuen Job: Sandro Schwarz.

Hat Lust auf seinen neuen Job: Sandro Schwarz.

(Foto: IMAGO/Matthias Koch)

Ein Verein, der immer mal wieder als "Chaosklub" bezeichnet wird, schnappt sich einen Trainer, der von sich selbst sagt, "ordnungsliebend" zu sein. Mit Sandro Schwarz will Hertha BSC den Neuanfang wagen - wieder einmal. Was der 43-Jährige sagt, klingt durchdacht und dürfte bei den Fans gut ankommen.

Hertha-Fans sind zuletzt nicht gerade verwöhnt worden: Fast-Abstieg, schlechter Fußball, kein richtig zusammengewachsenes Team, dazu Chaos in der Führungsetage, ständige Aufregung um Investor Lars Windhorst. Die Mitgliederversammlung am Sonntag, bei der über den neuen Präsidenten abgestimmt wird, schlägt vorab hohe Wellen. Da wirkt es so, als würde Sandro Schwarz als Heilsbringer kommen. Der neue Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten sagt bei seiner offiziellen Vorstellung vieles, was bei den leidgeprüften Fans gut ankommen dürfte.

Chaos, das will Schwarz vermeiden. Er sei ein "ordnungsliebender" Mensch, betonte der 43-Jährige. Die Vergangenheit darf dabei ruhen, ausgetauscht hat er sich mit seinem Vorgänger Felix Magath nicht. Er glaubt, es sei wichtig, sich selbst ein Bild zu machen. Das hat er bei der Personalie Kevin-Prince Boateng bereits. Für ein persönliches Gespräch war der Coach schon vor 14 Tagen vorab nach Berlin gereist. Das Ergebnis? Das Gespräch sei "offen, klar, ehrlich von beiden Seiten" gewesen, "eine gute Basis, um weiter zusammenzuarbeiten", sagt Schwarz.

Boateng soll also weiter zum Team gehören, seinen auslaufenden Vertrag verlängern. Laut Geschäftsführer Sport, Fredi Bobic, geht es nur noch um Kleinigkeiten. "Es sollte in den nächsten Tagen Vollzug vermeldet werden." Boateng war im vergangenen Sommer zu seinem Jugendklub zurückgekehrt, sein Transfer galt einigen als Marketing-Coup, doch dann spielte er vor allem bei der erfolgreichen Liga-Rettung eine tragende Rolle.

"Geschlossen auftreten"

Der 35-Jährige wird wohl bleiben und mitwirken in einer alles andere als gefestigten Mannschaft, die "einfach erstmal arbeiten" soll, wie Schwarz sagt, der "Fleiß" als hohes Gut preist. Am Mittwoch startet Hertha in die Saisonvorbereitung, ab dann wird der frühere Mainz- und zuletzt Dynamo-Moskau-Trainer dem Team seine Idee vom Fußball beibringen. Aktiv, "mutig in der Verteidigungshaltung, mit dem Ball zielstrebig nach vorn", so Schwarz. Dazu legt er auch Wert darauf, "außerhalb des Platzes geschlossen als Mannschaft aufzutreten".

Etwas, das Hertha in den vergangenen Jahren zu häufig gefehlt hat, wenn sogar auf dem Platz ersichtlich war, dass da keine eingeschworene Gemeinschaft zusammenspielt, sondern eine Ansammlung von Einzelpersonen. Als es drauf ankam - im Relegationsrückspiel beim Hamburger SV - da gab es das Team allerdings. Etwas, das auch der neue Chefcoach gesehen hat. "Gerade das Rückspiel fand ich sehr beeindruckend", sagte er. Die Intensität hatte es dem zu diesem Zeitpunkt noch selbsternannten "Hertha-Fan" angetan.

Es war ein Spiel, das ihn zum Erstliga-Trainer machte, nicht zu einem in der Zweiten Liga. Der er aber auch geworden wäre, wie er sagt. Er hätte "die Aufgabe ligaunabhängig angenommen". Eine komplizierte Aufgabe, der künftige Kader ist bis auf einige Kräfte völlig unklar. Viele Leihspieler kommen zurück nach Berlin, viele können und müssen aber schon bald weiterziehen. Eduard Löwen etwa ist aktuell für Vertragsverhandlungen freigestellt, die Stürmer Krzysztof Piatek und Dodi Lukebakio könnten dringend benötigtes Geld einbringen. Santiago Ascacibar hatte Bobic schon vor der Relegation mitgeteilt, wechseln zu wollen. Der Sportgeschäftsführer betont, dass das Personalbudget des Klubs weiter abgebaut werden muss. "Wir versuchen, mehr Geld einzunehmen als auszugeben." Der Transfermarkt befindet sich laut Bobic noch im Dämmerschlaf. Das sei "unfair" für die Trainer und "schwer zu greifen" für die Fans, aber Bobic verspricht für die kommenden Wochen viel Bewegung.

Bodenständiges Saisonziel

Für die Idee des Fußballs, die Etablierung eines Spielstils, sind das komplizierte Voraussetzungen. Los geht's aber trotzdem schon jetzt. Erst Leistungsdiagnostik, ab Mittwoch auf dem Platz. Den Spielern, die da sind, denen will Schwarz gemeinsam mit seinem Trainer- und Athletikteam die Werte vorleben, die er erwartet. Mit seinen Assistenten sei er sehr zufrieden, lobt insbesondere Vedad Ibisevic der als Offensivtrainer beim Team bleibt und mit dem Schwarz vorher noch nicht zusammengearbeitet hatte. Dieser wachse immer mehr in die Rolle hinein. Geschlossenes Auftreten der Trainer, dazu der häufig genannte "Fleiß", klare Abläufe, Schwarz ist der "Überzeugung, dass Struktur Energie und Vertrauen gibt."

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Es wäre nach seinen häufig wechselnden Vorgängern Zeit für genau diese Werte beim Hauptstadtklub. Auch das Saisonziel scheint nach den hochtrabenden Plänen, die mit Windhorsts Millionen Einzug hielten, geerdet. Schwarz sei zufrieden, "wenn unsere Fans sehen, dass das eine Hertha-Mannschaft ist". Weniger reden, mehr machen, so die Devise.

Dass der Coach zudem eine große Portion Leidenschaft mitbringt, wird beim Blick auf den Saisonstart deutlich: "Geiles Spiel, geiles Spiel. Leute, geiles Spiel!", sprudelt es aus ihm heraus. Mehr über das erste Ligaspiel als neuer Chefcoach zu sagen, ist für Schwarz gar nicht nötig. Es ist das Derby gegen den 1. FC Union Berlin. All das dürfte bei den Fans gut ankommen.

Quelle: ntv.de

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