"Existenzielle Angst" überwunden Petersen war während Karriere 18 Monate in Therapie
21.07.2023, 11:14 Uhr
Petersen im Mai bei seinem letzten Bundesliga-Spiel.
(Foto: IMAGO/Kessler-Sportfotografie)
Die Härte des Fußballgeschäfts lernt Nils Petersen erstmals 2014 in Bremen kennen. Eine existenzielle Krise erlebt der Fußballer später in Freiburg, sie beginnt während eines Trainingslagers mit der Nationalelf. Nach seinem Karriereende berichtet er von 18 Monaten Therapie, die ihm geholfen haben.
Der frühere Fußball-Nationalspieler Nils Petersen hat sich während seiner Karriere anderthalb Jahre in Therapie befunden. Angefangen habe es im Trainingslager der Nationalmannschaft in Südtirol vor der WM in Russland 2018. "Letztlich hat es anderthalb Jahre gedauert, dass ich auch ohne die Therapie gut zurechtkam. Vorher dachte ich, hoffentlich ist es bald wieder Donnerstag. Da waren die Sitzungen", sagte der 34-Jährige. Ausführlich berichtet Petersen über die Zeit in seinem am 24. Juli erscheinenden Buch "Bankgeheimnis".
In der Zeit habe er um seine Profi-Karriere gebangt. Er hatte Angst, "wie es weitergeht, wenn ich nicht mehr auf mein Leistungslevel komme. Jedes Spiel war wie eine Prüfung, der Kopf rumorte, die Gedanken sind allgegenwärtig und man kann nicht schlafen." Petersen fürchtete, dass seine Lebensfreude nicht zurückkomme. "Es war für mich eine existenzielle Angst, was als Nächstes kommt", sagte der zweimalige Nationalspieler. Es sei ein innerer Kampf gewesen. Heute gehe es ihm gut.
Ein Tabuthema sieht der Ex-Stürmer des SC Freiburg in der mentalen Gesundheit im Fußball nicht. "Eher ein offenes Geheimnis. Wenn man sich artikuliert, merkt man erst einmal, dass auch andere Kollegen unter ähnlichen Problemen leiden oder was manche für Rucksäcke mit sich herumschleppen. Man ist folglich nicht allein", sagte Petersen. Die Dunkelziffer, vermutet er, sei recht hoch, im Fußball wie in der Gesellschaft. Jeder sollte seinen Weg finden.
"Hat mich einige Tränen gekostet"
Petersen hatte nach der abgelaufenen Saison seine Karriere beendet. Mit 34 Toren ist er der erfolgreichste Joker der Bundesliga-Geschichte. Zudem gewann er 2016 Olympia-Silber in Rio de Janeiro und erreichte das Pokalfinale 2022 mit Freiburg. 2018 schoss er das Tor des Jahres. In seiner Saison beim FC Bayern München, wo er selten zum Einsatz kam, wurde er deutscher Vize-Meister und erreichte das Finale der Champions League.
Der ehemalige Stürmer schilderte auch die Härten des Geschäfts, die er vor seiner Zeit in Freiburg beim SV Werder Bremen kennenlernen musste. "Dass ich dann dort so aussortiert wurde, fand ich extrem schade und erstaunlich zugleich. Eine Erfahrung, die ich nicht gebraucht hätte. Es hat mich einige Tränen gekostet, weil ich einfach enttäuscht war", sagte Petersen: "Aber letztlich ist das Fußball-Geschäft knallhart. Das habe ich dort das erste Mal richtig kennengelernt."
Im Buch schreibt Petersen, dass ihn der damalige Trainer Viktor Skripnik nach seinem Amtsantritt im Oktober 2014 für das nächste Spiel aus dem Kader strich. "Ich hatte zwei wunderbare Jahre in Bremen. Es war nicht über-erfolgreich, aber ich war fester Bestandteil und im Mannschaftsrat", sagte Petersen. Unter Skripnik kam er dennoch nur noch einmal zum Einsatz. Im Januar 2015 wechselte der Stürmer auf Leihbasis für ein halbes Jahr zum SC Freiburg, im darauffolgenden Sommer kam es zum festen Wechsel.
Quelle: ntv.de, tsi/dpa