Sechs Dinge, die wir am 22. Spieltag gelernt haben Pizza-Pep verputzt 96, Slomka lohnt sich
24.02.2014, 11:41 Uhr
Feinschmecker: Josep Guardiola, Trainer des FC Bayern München.
(Foto: imago/Eibner)
Frech sind sie ja, die Hannoveraner, doch Bayerns Josep Guardiola kann auch Burger, sprich Fußball-Bundesliga. Derweil heilt Mirko Slomka den Hamburger SV auf wundersame Weise - bis zur nächsten Niederlage.
1. Frech kommt auch nicht weiter
Es war ein durchaus erfrischendes Zeichen, das sie von Niedersachsen aus in die Welt sandten. Nachdem Josep Guardiola, der Trainer des FC Bayern, die Champions League mit gutem "Essen in einem schönen Restaurant" verglichen und die Fußball-Bundesliga mit Alltagskost gleichgesetzt hatte, konterte Hannovers Trainer Tayfun Korkut: "Wir bereiten die Pizza und den Burger gerade vor. Die Zutaten bestimmen wir." Das war frech gebrüllt - und vor dem 22. Spieltag, bevor die Münchner mit 4:0 gewannen. Nun wissen wir: Die Bayern fühlen sich auch im Schnellimbiss wohl, haben jetzt 19 Punkte Vorsprung auf den immer noch Tabellenzweiten aus Leverkusen und bereiten sich darauf vor, die Deutsche Meisterschaft bereits im März perfekt zu machen. Hannover war nicht mehr als ein Sparringspartner. Was lernen wir daraus? Dass es völlig egal ist, ob der Gegner sich vornimmt, den übermächtigen FC Bayern zumindest zu ärgern, oder ob er es macht wie jüngst Frankfurts Trainer Armin Veh, der seine besten Spieler schonte. Am Ende gewinnen eh die Bayern; es ist zum Verzweifeln. Sportvorstand Matthias Sammer fasste das so zusammen: "Wir sind im Rhythmus und wollen im Rhythmus bleiben. Wir haben die Ergebnisse der anderen registriert und wissen, dass wir uns immer weiter absetzen können." Dafür müssen die Münchner noch nicht einmal ihre beste Mannschaft aufbieten, in Hannover durfte zum Beispiel Fast-Food-Experte Tom Starke für Manuel Neuer ins Tor. Der darf dann am 11. März mit ins schöne Restaurant. Dann steht das Achtelfinal-Rückspiel in der Königsklasse gegen den FC Arsenal an.
2. Franken ist das neue England
Was sich am Samstagnachmittag in Nürnberg zutrug, hatte die Bundesliga noch nicht erlebt: Es herrschten englische Verhältnisse. In der 40. Minute trat Braunschweigs Domi Kumbela zum Elfmeter an. Er scheiterte an Nürnbergs Keeper Raphael Schäfer. In der 63. Minute gab es erneut Strafstoß für Braunschweig, diesmal schoss Ermin Bicakcic - ebenfalls in Schäfers Arme. Fünf Minuten später legte sich Nürnbergs Hiroshi Kiyotake den Ball auf dem Elfmeterpunkt zurecht. Sekunden später klatschte der Ball an den Pfosten, Braunschweigs Keeper Marjan Petkovic hatte ihn dort hingelenkt.
Drei Elfmeter, kein Tor. Das erinnert an das legendäre Elfmeter-Fehlschussfestival des Argentiniers Martin Palermo und klingt verdächtig nach den englischen Elfmeterkünsten. Zumal Nürnbergs Coach Gertjan Verbeek nach der nervenaufreibenden Partie britischen Humor bewies. Was er denn zu seinem Elfer-Helden Raphael Schäfer sage, wollte die Presse wissen. Antwort Verbeek: "Da wird er gut für bezahlt."
3. Ein Trainerwechsel lohnt sich doch
So einfach kann Fußball sein. Da verliert der Hamburger SV sieben Spiele hintereinander, sogar beim Tabellenletzten in Braunschweig. Der Klub entlässt mit Bert van Marwijk flugs nach Thorsten Fink den zweiten Trainer in dieser Saison, installiert Mirko Slomka - und schon schlägt der HSV die Borussia aus Dortmund mit 3:0, was ohne Übertreibung einer mittleren Sensation gleicht. Alles richtig gemacht also? Sagen wir es so: Erklären kann man das nicht. Auch Torhüter René Adler räumte ein: "Ich weiß auch nicht, woran es vorher lag." Zumindest reicht dieser eine Sieg nicht für die Behauptung, Trainerwechsel würden sich lohnen. Was daran liegen könnte, dass derart generelle Aussagen in dieser speziellen Rubrik naturgemäß unmöglich sind. Das beste Beispiel liefern die Hamburger selbst. Schließlich ist die Rechnung mit van Marwijk nicht aufgegangen.
Immerhin tat Slomka gut daran, Slobodan Rajkovic in die Innenverteidigung zu beordern, einen Mann, der bei seinen beiden Vorgängern in Ungnade gefallen war. Der Serbe war maßgeblich daran beteiligt, dass die Hamburger Abwehr nach langer Zeit mal wieder auch tatsächlich eine war. Und sonst? Sieht Lothar Matthäus, Experte beim Bezahlsender Sky, das nächste Problem. Das trägt den Namen Rafael van der Vaart. Der fehlte gegen den BVB verletzt. "Endlich hat der HSV wieder mit elf Spielern und nicht mit zehn gespielt." Der niederländische Nationalspieler, glaubt nicht nur Matthäus, sei mit seinem "Alibi-Fußball eine Zumutung für die Mannschaft". Van der Vaart kündigte an: "Es geht mir deutlich besser. Hoffentlich bin ich nächste Woche wieder dabei." Dann geht es zum SV Werder Bremen, der nach seiner trostlosen Nullnummer in Frankfurt ebenfalls weiter im Abstiegskampf steckt. Mal sehen, wie Slomka das Problem löst. Aber vielleicht sieht er auch gar keins. "Ich mag die Art und Weise, wie er die Schlüsselpässe vorne reinspielt, wie er die Standardsituationen für seine Mitspieler super vorbereitet. Ich mag, dass er sehr laufstark ist. Und ich glaube, dass er sich hundertprozentig für den HSV einsetzen wird." Van der Vaart sei ein Schlüsselspieler für die Mannschaft.
4. Ein Trainerwechsel lohnt sich nicht
Für den VfB Stuttgart wird es langsam eng. Vielleicht sollten die Schwaben Bert van Marwijk engagieren, der hat ja jetzt Zeit. Dabei war Trainer Thomas Schneider, nachdem er Ende August nach einem Fehlstart in die Saison den nicht allzu beliebten Bruno Labbadia abgelöst hatte, prima mit zwei Siegen gestartet. Mittlerweile aber steht der VfB kurz vor dem Abgrund, also punktgleich mit dem Hamburger SV auf Rang 15 der Tabelle. Der zweite Bundesligaabstieg der Vereinsgeschichte ist keine Utopie mehr. Die - zugegeben unglückliche - Niederlage gegen die Hertha aus Berlin war die siebte in Folge. Also hat sich der Trainerwechsel nicht gelohnt? Auch das wissen wir nicht. Die "Stuttgarter Nachrichten" sind sich da ebenfalls nicht so sicher: "Die Ursachen der Misere sind die Folge einer Vereinspolitik, die sich über viele Jahre hinweg wenig unternehmerisch zu sehr an kurzfristigen Erfolgen orientierte. Es wäre dumm, jetzt alles für falsch zu erklären, was nach dem Labbadia-Gastspiel noch richtig war." Und folgert: "Jetzt macht die sportliche Krise diesen Weg noch beschwerlicher. Doch eine Umkehr führt lediglich zurück zu den alten Problemen." Manager Fredi Bobic sieht das ähnlich - wahrscheinlich bis zur nächsten Niederlage. Abgesehen davon, dass er reflexartig die Schuld bei Schiedsrichter Robert Hartmann suchte, sagte er auch: "Wir können auf den Schiri einhacken, aber es bringt ja nichts. Es ist hart, wir brauchen die Trendwende."
5. In zwölf Minuten passt ein ganzes Spiel
In unserer bis zum kommenden Donnerstag letzten Statistik der Woche haben wir Ihnen einige treffsichere Kurzarbeiter vorgestellt. Herausragend dabei: Christian Peukert. Bei seinem einzigen einminütigen Einsatz für Eintracht Frankfurt schoss er mit seinem einzigen Ballkontakt am 17. Mai 1980 das 3:2-Siegtor gegen Werder Bremen. Nicht ganz so effektiv, aber noch etwas unterhaltsamer präsentierte sich Sandro Wagner am 22. Bundesliga-Spieltag. In der 80. Minute kam der Angreifer für Hertha BSC ins Spiel gegen den VfB Stuttgart. In der 88. Minute erzielte er sein erstes Tor nach 1314 torlosen Minuten. In der 89. Minute kassierte er seine erste Gelbe Karte, in der 92. Minute wegen wiederholten Foulspiels die zweite, den Abpfiff erlebte er nicht mehr auf dem Platz. Aber Matchwinner und Herthas Held des Tages, das war Wagner trotzdem.
6. Wolfsburg ist die bessere Werkself
Bayer hat ja mal wieder verloren, nur dass das außerhalb Leverkusens niemanden so richtig interessiert; auch nicht die Tatsache, dass der FC Bayern nun 19 Punkte vor dem immer noch Tabellenzweiten liegt. Die Tendenz der Elf von Trainer Sami Hyypiä verläuft konstant abwärts, das 1:3 in Wolfsburg war die vierte Pflichtspielniederlage in Folge. Hyypiä war nach dem Spiel genau so ratlos, hilflos und ideenlos wie seine Spieler zuvor auf dem Rasen. "Wir haben Probleme, Tore zu machen und kassieren die Gegentreffer zu leicht. So kann man nicht viele Spiele gewinnen." Wenn das so weiter geht, ziehen in absehbarer Zukunft der BVB, Schalke 04 und auch der VfL Wolfsburg in der Tabelle vorbei. Das wäre es dann gewesen mit Europas Königsklasse. Da hilft es wenig, dass Sportchef Rudi Völler konstatierte: "Wir sind nicht abgeschlachtet worden." Er soll das tatsächlich ernst gemeint haben. Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking hingegen sagte nach dem dritten Sieg in Serie: "Wir werden uns nicht dagegen wehren, Champions League zu spielen. Das Entscheidende ist, dass wir jede Woche die Punkte einfahren, dann ergibt sich vieles von alleine." Was auch zeigt: Werkself ist nicht gleich Werkself. Während der Bayer-Konzern die Leverkusener mit jährlich mit 22 bis 25 Millionen Euro alimentiert, unterstützt Volkswagen die Wolfsburger mit überlieferten 70 Millionen Euro. Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt dazu: "Kenner aus der Branche lachen über diese enorm hohe Zahl - sie sei deutlich höher versichern sie." Geld schießt halt doch Tore.
Quelle: ntv.de