Fußball

0 Punkte, Platz 31 RB Leipzig verzweifelt an Europas Fußball-Adel

Zwei der wenigen RB-Veteranen: Willi Orban und Yussuf Poulsen.

Zwei der wenigen RB-Veteranen: Willi Orban und Yussuf Poulsen.

(Foto: IMAGO/HMB-Media)

In die Vorfreude auf Jürgen Klopp als neuen Fixpunkt im Fußball-Universum mischt sich bei RB Leipzig derzeit ein desaströser Auftakt in die Champions League. Nach dem 0:1 gegen Liverpool steht das Team in der Tabelle auf Rang 31. Ist das Leipziger Fußball-"Märchen" auserzählt?

Es musste ja so kommen. Nachdem RB Leipzig nach der Vermeldung des Hammers rund um den neuen "Global Head of Soccer" des Mutterkonzerns in der Bundesliga gegen Mainz ran musste, wartete auf der internationalen Bühne der nächste "El Kloppico". Mit dem FC Liverpool reiste die Mannschaft an, von der Jürgen Klopp sich erst im Sommer verabschiedet hatte.

"European Heavyweights" stand auf einem Banner in der Liverpooler Fankurve. Mit europäischen Schwergewichten kennen sie sich in Leipzig mittlerweile bestens aus. Atlético Madrid, Juventus Turin, Liverpool. Klangvollere Namen sind für den Auftakt in die Champions League kaum möglich. Weniger Punkte auch nicht. Denn als das Spiel gegen die Reds, jetzt mit dem Niederländer Arne Slot auf der Bank, abgepfiffen wird, prangt auf der Anzeigentafel ein "0:1" aus RB-Sicht. Liverpool reist mit neun Punkten aus drei Spielen wieder ab. Die Leipziger hingegen finden sich auf einem bitteren 31. Tabellenplatz wieder. Hinter RB stehen aufgrund der "besseren" Tordifferenz nur noch Mannschaften wie Sturm Graz, Slovan Bratislava oder der Schwesterklub aus Salzburg.

"Ist halt Sport, ne"

Was alle drei Spiele neben der Punkteausbeute ebenfalls gemein haben: So richtig viel vorwerfen kann man den Sachsen nicht. Sie gehen nicht unter. Für sich genommen wäre jedes der drei Spiele eines aus der Kategorie "Machst du nix, verlierst du halt mal." Oder wie Marco Rose es nach dem Spiel gegen Liverpool ausdrückt: "Das ist Sport, ne." Nur hat RB eben alle drei verloren. Gegen Liverpool startet Leipzig richtig gut. Xavi ist der Aktivposten. In der dreizehnten Minute geht nach einem strammen Distanz-Schuss von Amadou Haidara ein erstes Raunen durch das Stadion. Kurz darauf gelingt Benjamin Sesko mit einem schlitzohrigen Abschluss, nachdem Liverpool-Keeper Caoimhin Kelleher sich verschätzt hat, beinahe ein bemerkenswertes Tor.

In der 26. Minute gelingt sogar ein Treffer. Aus der Drehung befördert Loïs Openda den Ball in den Winkel. Aber Abseits, die Freude ist - in doppelter Hinsicht - von kurzer Dauer. Denn im Gegenzug hat Liverpool von der Leipziger Annäherung genug gesehen und geht prompt mit der ersten echten Chance in Führung. Und so wahnsinnig viel kommt von den Hausherren danach auch nicht mehr. Openda schießt noch ein weiteres Abseitstor, hinten vereitelt ein emsiger Péter Gulácsi Schlimmeres. Zu allem Überfluss wird Xavi kurz vor Ende der Partie verletzt ausgewechselt.

Same procedure as last year?

RB Leipzig scheint an seine Grenzen zu stoßen. Im Großen wie im Kleinen. Nicht nur auf dem Feld gegen Liverpool, Atletico oder Juventus Turin. Auch als gesamtes Projekt. Nach dem Durchmarsch aus dem Unterholz des sächsischen Fußballs in die Bundesliga feiert RB unter Jetzt-Bundestrainer Julian Nagelsmann seinen Peak. CL-Halbfinalist 2020, Vizemeister 2021. Dann zieht es Nagelsmann zu den Bayern.

Ab da ist das große Narrativ des frechen, dynamischen und hochseriösen Fußball-Emporkömmlings aus dem Osten auserzählt. Die Spielzeiten gleichen sich zusehends. Jedes Jahr aufs Neue qualifiziert sich der Klub souverän für die Königsklasse. Dort wiederum ist seit dem famosen Halbfinale während der Pandemie zuverlässig im Achtelfinale Schluss. Das ist alles, aber am wenigsten das, was RB unbedingt sein möchte: Aufregend. Das ist business as usual. Same procedure as last year? Same procedure as every year.

Leipzigs gläserne Decke

Nichtsdestotrotz können viele andere Teams von solch einer Konstanz nur träumen. Möglicherweise macht die Kombination aus den Titeln im DFB-Pokal und der Beständigkeit in der Liga RB in einigen Augen zum zweitbesten Team der letzten Jahre in Deutschland. Und auch fernab der Ergebnisse machen sie in Leipzig gute Arbeit. Der Durchlauferhitzer für Karrieren, der RB sein will, arbeitet nah am Optimum.

Gestern kamen mit Dominik Szoboszlai und Ibrahima Konaté zwei RB-Alumnis zurück an die alte Wirkungsstätte. Quer durch die Fußball-Elite begegnen einem Absolventen der Brause-Fakultät. Man City (Gvardiol), Barcelona (Olmo), FC Bayern (Kimmich, Upamecano, Laimer). Womöglich träumen 17-Jährige weltweit von einem Wechsel zu RB - um dann nach zwei oder drei Jahren nahtlos zu einem Spitzenklub auf die Insel zu wechseln. Doch neben dem stabilen Fundament, das den Klub in die Königsklasse und seine Talente in die Welt hinausträgt, gibt es in der sächsischen Metropole auch eine weniger erfreuliche, gläserne Decke: die zur Meisterschaft.

Klopps neues Kapitel

Das spricht vor Kurzem auch der ehemalige RB- und heutige Red-Bull-Boss Oliver Mintzlaff an, der gegen den FC Liverpool ebenfalls im Stadion weilt. "Wir waren noch nie da, wenn die Lücke aufging", sagt er im "Kicker". Und, bezogen auf die Champions League: "Nur am Wettbewerb teilzunehmen, diese Phase liegt mittlerweile hinter RB Leipzig."

Den Beweis dafür bleibt die Mannschaft schuldig. Klar ist jedoch auch, um diese Ziele anzugehen, müsste sich RB wohl radikal verändern. Teams wie Neapel oder Atlético sind auch deswegen ausnahmsweise Meister geworden, weil sie Schlüsselspieler über Jahre halten konnten. Die sportliche Realität in Leipzig sieht anders aus. Mit Xavi steht beim wichtigsten Spieler des Teams bereits seit Sommer fest, dass er RB zum Saisonende verlässt. Auch bei Benjamin Sesko werden wöchentlich neue Interessenten gehandelt.

RB Leipzigs Geschichte wirkt auserzählt. Und doch wird Jürgen Klopp alles daran setzen, sie um ein spannendes, aufregendes Kapitel zu erweitern. Dass er dafür der Richtige sein könnte, legt ausgerechnet ein Zitat aus seiner Liverpooler Zeit nah. "Ich wollte nie das beste Team haben. Ich wollte nie der beste Spieler oder der beste Manager sein", sagte Jürgen Klopp 2018 im Gespräch mit "France Football". "Mich interessiert, die Besten zu schlagen." Genau in dem Bereich hapert es bei RB derzeit ganz gewaltig.

Quelle: ntv.de

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