WM-Countdown (88) Russisches WM-Angebot für Fußballhasser
18.03.2018, 10:58 Uhr
So sieht sie aus, die verlockende Fan-ID auch für Fußballhasser*innen.
(Foto: AP)
Was tun, wenn man sich gar nicht für Fußball interessiert, im Sommer aber trotzdem nach Russland möchte? Das russische Kommunikationsministerium hat da eine Idee - und einen Hauch von Humor.
Es passiert jetzt nicht so oft, dass man in offiziellen Mitteilungen russischer Behörden Humor entdeckt. Normalerweise - da unterscheiden sich russische Verlautbarungen nicht nennenswert von deutschen - sind die Texte dröge. So dröge, dass man schneller einnickt, als man Rossotrudnitschestwo sagen kann.
Katrin Scheib ist Journalistin, Schalke-Fan und kommt aus dem Rheinland. Als die deutsche Mannschaft 2014 in Brasilien Fußball-Weltmeister wurde, war sie gerade nach Moskau gezogen. Seitdem bloggt sie unter kscheib.de über ihren Alltag und informiert mit ihrem "Russball"-Newsletter jede Woche über den Fußball und die WM-Vorbereitungen in Russland. Und nun schreibt sie für n-tv.de den Countdown, bis das Turnier am 14. Juni beginnt.
Diesmal allerdings ist das anders. In einer aktuellen Pressemitteilung des Ministeriums für Kommunikation und Massenmedien der Russischen Föderation haben die Verfasser eine kleine Pointe versteckt, eine feine Ironie, ein Spaßspurenelement. Ein Angebot für Fußballhasser, das sie einfach nicht ablehnen können.
Es geht in der Mitteilung um die Fristen, innerhalb derer ausländische Reisende im Sommer mit ihrer Fan-ID nach Russland reisen können. Die Fan-ID, das ist so eine Art Visums-Ersatz, für den man ziemlich viele persönliche Daten preisgeben muss, andererseits aber dann innerhalb des Landes kostenlos mit dem Zug zum Spielort fahren darf. Jeder, der ein Ticket für ein WM-Spiel gekauft hat, kann eine Fan-ID beantragen - muss das sogar, denn ohne kommt man nicht ins Stadion.
Und jetzt kommst du, russisches Ministerium für Kommunikation und Massenmedien. Sehr schön, wie du in deiner Pressemitteilung erklärst, dass die Ein- und Ausreise mit Fan-ID statt Visum nicht auf die Dauer des Turniers beschränkt ist. Wer drumherum möglichst viel Russland erleben will, kann schon am 4. Juni einreisen und muss das Land erst am 25. Juli wieder verlassen, das sind je zehn Tage mehr, in beide Richtungen. Genug für eine Reise an den Baikalsee, zu den Vulkanen von Kamtschatka oder sogar den Felsformationen von Manpupuner.
Die Pointe in deinem Erklärvideo wäre mir fast durchgegangen, aber eben nur fast. Einreisen, heißt es da, kann man mit der Fan-ID bis spätestens 23.59 Uhr am Abend des 15. Juli. Ja, das ist der Tag des Finales; es wird um 17 Uhr angepfiffen, ist demnach, selbst mit Nachspielzeit, Verlängerung und Elfmeterschießen, bis allerspätestens um 21 Uhr vorbei.
Wer also an diesem Finaltag um 17.45 in Düsseldorf in den Flieger steigt, kann sicher sein: Bis zur Landung ist dieses nervige Turnier, dieses hysterische Riesentamtam um einen Ball, komplett vorbei. Er kann kurz vor 22 Uhr am Flughafen Moskau-Scheremetjewo aus dem Flieger steigen, an der Passkontrolle seine Fan-ID zeigen und dann, von Fußball weitgehend unbehelligt, zehn Tage lang das Land besuchen. Antizyklisch.
Ach so, und wem das zu riskant ist, weil einem ja immer noch Banden marodierender Fans begegnen können: Das Kommunikationsministerium hat mitgedacht, an beiden Enden. Schon ab dem 4. Juni kann man mit der Fan-ID auch wieder aus dem Land ausreisen.
Quelle: ntv.de