Englands Coach greift durch Southgate - der liebe, harte Löwenbändiger
22.03.2017, 11:49 Uhr
Coach Gareth Southgate soll die Three Lions endlich wieder zu altem Ruhm und zu alter Stärke zurückführen.
(Foto: imago/BPI)
Die englische Fußball-Nationalmannschaft ist seit dem Erfolg bei der Heim-Weltmeisterschaft 1966 chronisch erfolglos. Ob Gareth Southgate als Teammanager das ändern kann? Zunächst wird er wohl Ikone Wayne Rooney entsorgen.
The Football Association ist ein stolzer Verband, genau genommen der älteste der Welt für die populärste Sportart der Welt. Gegründet bereits am 26. Oktober 1863, Präsident ist seit 2006 der künftige König von England, Prinz William. Viel Tradition also, dazu ein bisschen royaler Glanz - allerdings: sportlich hat das dem Mutterland des Fußballs wenig gebracht. Weltmeister 1966, das war es dann auch. Ändern soll dies nun Gareth Southgate. Gegen Deutschland wird er zum ersten Mal offiziell Teammanager sein, klare Vorstellungen, wie der Krise zu begegnen ist, hat er bereits. "Ich denke", sagte er, "dass wir unsere Horizonte erweitern müssen", bislang dächten die Spieler ja, "dass wir der Mittelpunkt der Erde sind - und wir sind es nicht." Eine Insel zu sein, "hat uns 1945 geholfen, aber ich bin nicht so sicher, ob es uns seitdem geholfen hat".
Bei der Pressekonferenz vor dem Länderspiel nun fügte er hinzu: "Wir müssen unsere Insel verlassen und von den anderen lernen." Southgate hat den Job als Coach der Three Lions zweimal abgelehnt. Er gilt als Zwischenlösung, als zu lieb und nett für diese nicht vergnügungssteuer-pflichtige Aufgabe, und einigen sogar als ahnungslos. Sein Verhalten gegenüber Wayne Rooney allerdings ist durchaus mutig: Der Rekordtorjäger und nicht zuletzt auch Kapitän der Three Lions fehlt in Dortmund und auch vier Tage später beim WM-Qualifikationsspiel gegen Litauen in Wembley. Rooney, so heißt es, habe Southgate sogar persönlich von seiner ausreichenden Fitness in Kenntnis gesetzt, doch der neue Chef hat offensichtlich keine Verwendung.
Southgate sieht Rooney, der bei Manchester United unter Jose Mourinho keine Zukunft zu haben scheint, als Zehner. Aber: Auf dieser Position spielten zuletzt Dele Alli (Tottenham Hotspur) oder Adam Lallana (FC Liverpool), "und beide spielen sehr gut für ihre Klubs", betont Southgate. Der Kapitän wird einfach mal ausgemustert - Southgate scheint Willens, mit ein paar liebgewonnenen Traditionen zu brechen. "Es liegt eine gewisse Frische in dem, was er tut und wie er es erklärt, und es könnte gut und gerne der Mannschaft Frische bringen", hat die Tageszeitung "The Independent" festgestellt. Southgate jedenfalls macht deutlich: "Wir wollen pressen, ich will ein Team, mit viel Energie." Spieler, die nicht fit sind, könne er da nicht brauchen.
Bekannt durch einen fatalen Fehlschuss
Southgate wirkt erst einmal angenehm anders als viele seiner Vorgänger. Zuletzt versuchten sich in diesem wenig erstrebenswert erscheinenden Amt unter anderem: ein Lebemann aus Schweden, ein "Trottel mit einem Regenschirm", ein knurriger Italiener und zuletzt ein Engländer, Sam Allardyce, der schon nach 68 Tagen wegen Untragbarkeit entlassen werden musste. Aber: Southgate ist bisher auch nicht als erfolgreicher Trainer aufgefallen. In Deutschland ist der frühere Nationalspieler (57 Länderspiele) bekannt, weil er im EM-Halbfinale 1996 im Elfmeterschießen an Andreas Köpke scheiterte. Diese Szene hängt ihm auch in England noch nach.
Dort aber galt er vor allem stets als Musterprofi. Frühere Weggefährten haben Southgate als idealen Anführer beschrieben. Schon als 22-Jähriger war er Kapitän bei Crystal Palace, danach auch bei Aston Villa und dem FC Middlesbrough. Boro ist auch der einzige Klub, den Southgate trainiert hat. Im Sommer 2006 wurde er dort Nachfolger des zum englischen Teammanager berufenen Steve McClaren. Klub-Präsident Steve Gibson hatte erst Ottmar Hitzfeld holen wollen.
Southgate besaß keine Trainerlizenz - und scheiterte schließlich mit seinem Versuch, aus der Mannschaft eine spielstarke Billigversion des FC Arsenal zu machen. Ein paar Spiele nach dem Abstieg 2009 wurde er entlassen. Southgate hat danach zwischenzeitlich als TV-Kommentator und Zeitungskolumnist gearbeitet, seit 2013 war er dann Trainer der englischen U21. Erfolg? Hatte er auch dort nicht. Daran sollte er schleunigst etwas ändern. Sonst war es das auch für ihn.
Quelle: ntv.de, Thomas Häberlein, sid