Fußball

Routinier verschafft dem HSV Ruhe Spahic - ein sinnvoller Anti-Transfer

Emir Spahic verstärkt die Abwehr des Hamburger SV.

Emir Spahic verstärkt die Abwehr des Hamburger SV.

(Foto: imago/Eibner)

Emir Spahic ist zurück in der Bundesliga. Nach seiner Entlassung in Leverkusen heuert der 34-Jährige beim Hamburger SV an. Bei jenem Klub, der angekündigt hatte künftig verstärkt auf Talente setzen zu wollen. Trotzdem macht der Transfer Sinn.

Relegation 2013, Relegation 2014 - und Relegation 2015? Auf keinen Fall. Den Hamburgern ist die Lust an Endspielkrimis mit Existenzängsten gründlich vergangen. Alles soll und muss besser werden. Und so soll Bruno Labbadia nach seiner erfolgreichen Retter-Mission nun den kreativen Entwicklungshelfer geben. Erste Aufgabe: Den Kader aufräumen und neu, möglichst erfolgversprechend zusammenstellen. Erstes Problem: Das nötige Kleingeld fehlt. Erster Plan zur Lösung: Spieler finden, die Potenzial haben und sie zu bundesligatauglichen Profis entwickeln. Keine zwei Wochen ist es her, dass der Coach seine Idee den Kollegen der "Bild"-Zeitung in den Block diktierte. Und nun? Nun verpflichtet der HSV Innenverteidiger Emir Spahic, 34 Jahre alt. Was ist da los? Fällt der HSV wieder um? Kehrt er von seinem neuen Weg ab, ohne ihn ernsthaft beschritten zu haben? Nein, die ablösefreie Verpflichtung des Bosniers ist eine gute Entscheidung. Auch wenn ihn viele Fußball-Fans in Deutschland nicht in bester Erinnerung haben - und sogar das Fan-Lager der Hamburger teilt.

Spahic hat in der Bundesliga Spuren hinterlassen. Sportlich erstklassige. Charakterlich zweifelhafte. Der Bosnier stand fast zwei Jahre bei Bayer Leverkusen unter Vertrag. Dort war er unumstrittener Führungsspieler. In der Abwehr war er das stabilisierende Element der Werkself. An seiner Seite reifte beispielsweise Ömer Toprak zu einem Top-Innenverteidiger in der Bundesliga. Niemand würde wohl ein schlechtes Urteil über Spahic fällen, wäre da nicht der 8. April 2015 gewesen. An diesem Abend scheitert er mit Bayer Leverkusen im DFB-Pokal-Viertelfinale am FC Bayern München. Und die Nerven des Bosniers liegen danach offenbar blank. Als er nach dem vergeigten Elfmeterschießen mit seinen Freunden in den VIP-Bereich des Stadions will, verweigert ihm der Ordner den Zutritt. Spahic verliert die Fassung und schlägt dem Ordner mit der Faust ein paar Zähne aus. Es ist sein letzter Auftritt in der Bundesliga - Bayer trennt sich von dem Bosnier.

Die ideale Lösung - für ein Jahr

Nun also trägt er das Trikot mit der Raute. Und sorgt prompt wieder für Aufregung. Viele Medien stürzen sich mit Vorliebe und versteckter Häme auf den Transfer: "Hamburger SV krallt sich Prügel-Profi", "HSV holt den größten Rüpel der Liga", "HSV verpflichtet Skandal-Profi". Die Überschriften vermitteln vor allem Folgendes: Die Hamburger sind und ein bleiben ein Chaos-Klub, jetzt holen sie sich dazu noch die passenden Profis. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Spahic ist rein sportlich betrachtet der richtige Mann zur richtigen Zeit. Zumindest für ein Jahr und nur so lange läuft auch sein Vertrag.

Was wirkt wie ein Anti-Transfer zur neuen Klub-Idee, ist eine kurzfristig stabilisierende Maßnahme. Der HSV verschafft sich Ruhe für den Neuaufbau, kann ohne Hektik nach geeigneten und bezahlbaren Talenten suchen und hat an sportlicher Qualität gewonnen - wenn der Bosnier an seinen Leverkusener Leistungen anknüpft. Dort überzeugte er mit überdurchschnittlich starken Zweikampfwerten, gewann fast zwei Drittel aller Duelle (63,5 Prozent) und einer guten Übersicht im Spielaufbau.

Und was seinen Ausraster nach dem DFB-Pokal-Spiel angeht? Spahic bekommt seine zweite Chance - ob er sie verdient, mag jeder persönlich entscheiden. Fakt ist: Sportlich ist er eine ideale Übergangslösung auf dem angekündigten Weg zu einem jüngeren und endlich wieder erfolgreicheren HSV.

Quelle: ntv.de

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