"Ausputzer" als Fußball-Therapeut Tod? Nur zweite Liga! Und dennoch furchtbar
19.05.2015, 13:39 Uhr
Lass es raus, Larissa: Die Lieblingsmannschaft dieser Dame ist zwar nicht abgestiegen - hat aber im Halbfinale der WM mit 1:7 gegen Deutschland verloren.
(Foto: imago/Fotoarena International)
Wir sagen nur ein Wort: Angst vor dem Abstieg. Herzlichen Dank! Am Samstag entscheidet sich, welche Teams demnächst in der zweiten Fußball-Bundesliga spielen. Fans, Spieler und Funktionäre bibbern. Ein Fall für die Psychologin? Aber hallo!
Dieses Wochenende werden Fußballfans und Kicker mit Grabesmiene herumlaufen, dass man denken könnte, jemand sei gestorben. Ganz so schlimm ist es nicht, aber das Phasenmodell der renommierten Psychologin Elisabeth Kübler-Ross könnte auch im Abstiegsfrust gelten. Die Schweizer Psychologin entwickelte in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts - also passend zur Gründung der Bundesliga - das Modell der fünf Phasen, die Todkranke mit ihrem Schicksal durchleben: Leugnung, Wut, Verhandeln, Depression und Akzeptanz. All diese Gefühlslagen dürften sich an diesem Wochenende in Paderborn, Hamburg, Stuttgart, Freiburg, Hannover oder, seien wir mal großzügig pessimistisch, in Berlin abspielen.
Die Leugnung: Es startet mit dem Nicht-Wahrhaben-Wollen und das betrifft praktisch alle abstiegsgefährdeten Teams: "Uns wird das nicht passieren! Diesen Samstag kommt die Wende oder zumindest eine zweite Chance mit dem Relegationsplatz." Daran klammern sich alle, ob Mannschaft oder Fans. Da ist es egal, dass man wahrscheinlich verdient absteigt, weil man die vielen Chancen einfach nicht nutzte, lustlos spielte oder immer wieder an Mannschaften mit höherem Spielvermögen scheiterte. Da werden schon die ersten Entschuldigungen gesucht, seien es Verletzungspech oder Fehlentscheidungen.
Die Wut: Die Wut ist dabei nie weit weg. Ärger, der sich gegen alle wendet. Nicht nur gegen blinde Schiedsrichter, sondern gegen arrogante Spieler, unfähige Trainer, pomadige Sportdirektoren, hilflose Präsidenten, bräsige Mäzene und gegen all die Vereine, die es doch viel eher verdient hätten, in die zweite Bundesliga abzuwandern. Wenn nicht gegen die, dann zumindest gegen die Herren des FC Bayern München, die mit ihrer derzeitigen mäßigen Motivation das 2:1 der Freiburger zuließen und so für Wettbewerbsverzerrung im Abstiegskampf sorgten. Das glaubt man zumindest in Hannover. Wut ist übrigens nicht nur für das Umfeld von Abstiegsmannschaften reserviert. Auch als Fan von Schalke 04 kann man ganz schön toben, wie der vergangene Spieltag zeigte.
Das Verhandeln: Hat sich aber die ganze Aufregung gelegt, kommt das Verhandeln, dem unausweichlichen Schicksal zu entkommen. In vielen Kirchen dürften Kerzen brennen, die den Fußballgott anflehen, es nicht wahrwerden zu lassen. Zur Not ginge auch erstmal Platz 16. Aber bitte nicht sofort absteigen. Ganz Verzweifelte häkeln wahrscheinlich noch Voodoo-Puppen bestimmter Stürmer, damit diese nicht gegen die eigene Mannschaft ein Tor schießen. Im Abstiegskampf ist jede Methode recht.
Die Depression: Ist es dann aber nicht mehr abzuwenden, kommt sie - die Depression und taucht die Welt für eine Weile in ein tristes Grau. Man ist nicht mehr Fan oder Spieler eines Erstligisten, das nagt am Stolz und an der Stimmung. Es wird viel geweint, auf dem Spielplatz, auf den Rängen, vor dem Fernseher oder am Radio. Vor allem, wenn es in letzter Minute passiert, was bei der gegenwärtigen Tabellenkonstellation durchaus passieren kann. Eben noch der sichere 15. Platz und dann findet man sich auf dem 17. wieder. Es wird düster, ganz düster.
Die Akzeptanz: Aber irgendwann sind alle Tränen getrocknet, Verantwortliche gefeuert, Spieler abgewandert - und dann stellt sich Akzeptanz ein. Spätestens mit dem ersten Spieltag in der zweiten Liga. Und mit ihr taucht die im Fußball so tief verwurzelte Hoffnung ein: Ja, man ist Zweitligist, aber das muss man nicht lange bleiben! Da kann man doch ganz flott wieder aufsteigen. Haben doch schon andere geschafft. Dann reist man eben nach Heidenheim und Leipzig. Und so schlecht wie in der letzten Saison können die Jungs doch nicht wieder spielen! Endlich mehr Siege! Ist doch alles nicht so schlimm! Denn bei allem Frust: Das auf den Fußball übertragende Kübler-Ross-Modell endet nicht im Tod, sondern nur in der Zweiten Liga, so furchtbar sich das im ersten Moment auch anfühlen mag. Das sollten sich alle Verzweifelten am nächsten Samstag immer wieder sagen.
Quelle: ntv.de