Bizarre Szenen beim FC Bayern Uli Hoeneß rührt, bittet - und attackiert
26.11.2016, 02:24 Uhr
Uli Hoeneß ist zurück auf der großen Bühne.
(Foto: dpa)
Der Patriarch ist zurück, zeigt sich als reuiger Büßer und lässt sich feiern. Der beste Mann sei Uli Hoeneß, singen sie in München beim FC Bayern. Jetzt ist er wieder ihr Präsident.
Und, wie war er? Sagen wir es so: Er hat’s hingekriegt. Die Frage war, ob Demut an diesem Freitagabend in München ein Thema sein würde. Schließlich ist die Sache juristisch abgeschlossen. Er hatte mindestens 28,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen, er war deswegen verurteilt worden, hatte gezahlt, saß im Gefängnis und ist seit Ende Februar dieses Jahr ein freier Mann auf Bewährung. Doch dann machte Uli Hoeneß das alles selbst zum Thema. Er gab sich reuig, geläutert - und ja, durchaus im Maßen demütig. Knapp neun Minuten sprach er vor der Wahl zu den Menschen in der Rudi-Sedlmayer-Halle, die jetzt den Namen eines Sponsors trägt.
Gleich zu Beginn sagte er: "Ich habe einen großen Fehler gemacht, gar keine Frage. Aber ich habe alles getan, um diesen Riesenfehler wieder gutzumachen." Sie spendeten ihm Applaus. Sie riefen: "Uli, Uli!" Er war gut, der Auftritt ist ihm gelungen, wenn man ihn daran bemisst, was sie von ihm erwartet haben. Die totale Zustimmung nordkoreanischer Art hat er dann nicht bekommen, aber die 98,5 Prozent Ja-Stimmen sind ein sehr klares Zeichen: Das Volk will ihn. Also, sein Volk will ihn. Ihn, der als Spieler, vor allem aber als Manager sehr viel dazu beigetragen hat, den Klub so groß zu machen, wie er jetzt ist.
Und wer die Jahreshauptversammlung im Livestream verfolgt hat, der konnte den Eindruck gewinnen, dass es sich beim FC Bayern um den größten Verein auf der ganzen Welt handelt. Nun haben sie Uli Hoeneß wieder zu ihrem Präsidenten gewählt. 7251 der insgesamt 284.000 Mitglieder waren anwesend und stimmten ab, 58 enthielten sich, 108 sagten Nein, der Rest war begeistert, sehr sogar. Und Uli Hoeneß versprach: "Ich werde Euch nicht enttäuschen."
"Uli Hoeneß, Du bist der beste Mann"
Nur einmal war er bei seiner Bewerbungsrede laut geworden. Als wolle er andeuten, dass sein Hang zur Demut endlich ist. Schließlich habe er sich "im Gefängnis verhalten wie es ein Häftling nicht besser machen kann". Ganz zum Schluss erhob er die Stimme und sagte: "Meine Fähigkeit, Probleme in klarer Sprache vorzubringen, ist nicht verloren gegangen. Sie schläft nicht, sie ruht nur. Und sie kann bei Bedarf jederzeit zurückkommen!"
Das erste Mal als Krisenmanager gefragt war er, bevor die Veranstaltung überhaupt angefangen hatte. Die Sporthalle mit ihren etwa 6500 Plätzen war zu klein, weil mehr der Mitglieder ihren Uli wählen wollten, als der Verein kalkuliert hatte. Und in das Zelt, das sie extra vor der Halle hatten aufstellen lassen, wollten viele Fans zunächst nicht. Also trat Uli Hoeneß vor die Menge, um sie zu beruhigen und um Verständnis zu bitten. Die Beschimpfungen ließ er präsidial an sich abprallen.
Dass danach das Spektakel nicht völlig ausartete und zu einer Inthronisation eines Heilsbringers, einer Krönungsmesse geriet, lag auch an Uli Hoeneß, der vor seiner Wahl den Ton vorgegeben hatte. Es mochte rührselig klingen, aber es passte zu ihm. Er dankte seinen "zwei Familien. Meiner Frau, die gekämpft hat wie eine Löwin, meinen Kindern, meinem Schwiegersohn und meinen vier Enkeln. Und der Familie des FC Bayern." Das habe ihn in der Haft angetrieben. "Ich war überwältigt von der Liebe, die ich hier erleben durfte." 5500 Briefe habe er im Gefängnis bekommen. "Ich habe manchmal auf meinem Bett gesessen und geweint wie ein Schlosshund, weil mir wildfremde Menschen Mut gemacht haben." Kurzum: "Ich bitte Sie um eine zweite Chance. Und ich verspreche Ihnen, dass ich alles tun werde, um Ihre Erwartungen zu erfüllen."
Am Ende haben sie gesungen: "Uli Hoeneß, Du bist der beste Mann." Für jemanden, der außerhalb dieser bajuwarischen Parallelwelt lebt, wirkten diese Szenen bizarr. Aber der FC Bayern ist kein ganz normaler Verein, das hätte man vorher wissen können - und Uli Hoeneß kein ganz normaler Präsident. Das, was geschah, ist also keine Überraschung. Es gab ja auch keinen Gegenkandidaten. Uli Hoeneß ist zurück - und mit ihm der Patriarch, nach dem sie sich bei diesem Klub offenbar so sehr sehnen. Er ist der Mann, der für alles steht, auf das sie beim FC Bayern so stolz sind: "Mia san mia" lautet die Botschaft, mit der sie sich abgrenzen. Anfang kommenden Jahres wird er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - wie vor seiner Haft - auch den Vorsitz im Aufsichtsrat der FC Bayern München AG übernehmen, die zu 75 Prozent dem Verein gehört, dessen Präsident er jetzt wieder ist. Dann kann er richtig loslegen.
Doch Uli Hoeneß wartet nicht gerne. Während sie in München sich selbst feierten, feierten die Leipziger in Freiburg weiter die Tabellenführung in der Fußball-Bundesliga. Sie bauten ihren Vorsprung auf sechs Punkte aus, da die Bayern erst am Samstagnachmittag gegen Leverkusen spielen. Was der neue Präsident nicht unkommentiert auf sich beruhen lassen konnte. "Leipzig hat 4:1 gewonnen, wir haben neben Dortmund einen zweiten Feind, den wir jetzt endlich attackieren können." Er ist wieder da.
Quelle: ntv.de