Handspiel-VARwirrung im Pokal Videobeweis in letzter Sekunde sorgt für Wirbel
04.05.2023, 06:31 Uhr
Daniel Schlager blieb nach Ansicht der Videobilder bei seiner Entscheidung.
(Foto: IMAGO/Pressefoto Baumann)
Im DFB-Pokalhalbfinale fällt Sekunden vor Schluss einem Frankfurter der Ball im eigenen Strafraum an den Arm. Minutenlang betrachtet Schiedsrichter Daniel Schlager die Bilder auf dem Bildschirm. Die Stuttgarter warten auf den Pfiff - er bleibt aus. Die Enttäuschung ist groß.
Erleichtert fielen sich die Frankfurter Spieler um den Hals, auch Trainer Oliver Glasner übermannten die Gefühle. Nach minutenlangem bangen Warten stand fest: Die Eintracht kann doch noch gewinnen, zieht ins DFB-Pokalfinale ein und darf nach dem Absturz in der Fußball-Bundesliga weiter auf den Europapokal hoffen. Schiedsrichter Daniel Schlager hatte sich ein Handspiel von Aurélio Buta in der Nachspielzeit am Monitor mehrmals angeschaut und dann gegen einen Elfmeter entschieden - es blieb beim schwer erkämpften 3:2 (0:1) beim VfB Stuttgart.
"Wir haben schon alles erlebt. Da geht der Schiedsrichter raus und schaut sich das an - und dann ist ein Riesenklumpen runtergefallen", sagte Glasner in der ARD. "Die Enttäuschung ist riesengroß", gab VfB-Keeper Fabian Bredlow zu und meinte zu der strittigen Szene: "Der Ball ist ganz klar am Arm. Mit ein bisschen Glück kriegen wir den Elfer und wir schießen das 3:3 und es geht in die Verlängerung." Derweil ist es für VfB-Trainer Sebastian Hoeneß keine Frage des Glücks. "Für uns ist es schon schwer zu akzeptieren, wie sie entschieden wurde", sagte er. Es sei eine "schwierige Entscheidung", räumte Hoeneß ein. Für ihn sei es aber ein strafbares Handspiel gewesen.
Unparteiischer Schlager "ist froh"
Schiedsrichter Schlager selbst trat am Abend noch vor die ARD-Kameras und erklärte, weshalb er sich gegen einen womöglich folgenschweren Elfmeterpfiff entschieden hatte. Der in dieser Szene beteiligte Frankfurter Verteidiger habe den Ball zwar zweifelsohne an den Oberarm bekommen, sagte Schlager. Vorher sei der Ball aber von einem Stuttgarter Spieler abgefälscht worden. "Für mich war das nicht strafbar, weil das für mich ein normaler Bewegungsablauf des Verteidigers war", meinte Schlager. Es sei auf keinen Fall ein absichtliches Handspiel gewesen.
Aufgrund der Tragweite der Entscheidung habe er gemeinsam mit dem Videoassistenten Sören Storks entschieden, sich die Szene noch einmal anzuschauen. "Am Ende bin ich froh, dass ich die Bilder gesehen habe und sie mich in meiner Entscheidung bestätigt haben."
Bei Frankfurt überwog nach dem Nicht-Pfiff die Erleichterung. "Da haben wir schon Glück gehabt. Das kannst du auch anders pfeifen", gestand Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche. Da Stuttgarts Stürmer Serhou Guirassy den Ball zuvor auch noch berührt hatte, sei es für Buta schwierig gewesen. "Es gab schon für weniger einen Elfmeter. Aber es gab auch schon Situationen mit einem deutlichen Handspiel und keinem Elfmeter", sagte Eintracht-Profi Mario Götze. Es sei "schwierig zu bewerten".
"Grundsätzlich schwierig mit diesem Handspiel"
Ex-Nationalspieler Bastian Schweinsteiger meinte als Experte in der TV-Übertragung der ARD: "Ich sage, dass es da Schiedsrichter gibt, die geben da Elfmeter. Es gibt Schiedsrichter, die geben ihn nicht." Es sei "grundsätzlich schwierig mit diesem Handspiel. Wenn der Ball leicht abgefälscht ist, dann kann der Verteidiger nicht viel machen. Ist er nicht abgefälscht, ist er mit der Hand dran. Es ist keine natürliche Bewegung grundsätzlich."
Die Debatten um den Videobeweis werden auch nach dem nicht gegebenen Handelfmeter von Stuttgart nicht abreißen. Zuletzt war es die Fehlentscheidung von Schiedsrichter Sascha Stegemann, der im Bundesliga-Meisterschaftsrennen im Spiel von Borussia Dortmund gegen den VfL Bochum ein klares Foul im Strafraum übersehen hatte - und keinen Hinweis von seinem Kölner Kollegen bekam.
Stattdessen gab es für den Unparteiischen Schlager in dieser Situation Lob. "Ich finde unabhängig von der Entscheidung, dass das Szenario genau so ablaufen muss", sagte Frankfurts Trainer Glasner. Wenn der Ball an der Hand sei, müsse sich der VAR einschalten. "Der Schiedsrichter sollte sich die Zeit nehmen, rauszugehen, es sich anzusehen und zu bewerten", so Glasner. "Das Szenario muss genau so sein, dass der VAR wieder mehr Akzeptanz bekommt." Mit diesem Prozedere könne "jeder Trainer, Spieler oder Fußball-Fan leben".
Quelle: ntv.de, tno/ses/dpa