Fußball

Knall in der Verbandsspitze Bierhoff schmeißt nach WM-Debakel beim DFB hin

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Bierhoff arbeitet nicht länger für den DFB.

(Foto: dpa)

Oliver Bierhoff und der Deutsche Fußball-Bund gehen getrennte Wege. Dies teilt der DFB mit. Der Geschäftsführer Nationalmannschaften und Akademien löst seinen Vertrag vorzeitig auf. Es ist die Konsequenz aus dem neuerlichen Debakel der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft.

Nach 18 Jahren ist Schluss: Oliver Bierhoff verlässt den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Das teilte der Verband mit. Grund ist das neuerliche Debakel bei der Weltmeisterschaft in Katar. Bierhoff war beim Verband zuletzt "Geschäftsführer Nationalmannschaften und Akademie".

Er mache "den Weg frei für neue Weichenstellungen", sagte Bierhoff laut Mitteilung. Über die Nachfolgeregelung sollen die DFB-Gremien beraten. Bierhoffs Vertrag lief ursprünglich bis 2024. "Einige Entscheidungen, von denen wir überzeugt waren, haben sich nicht als die richtigen erwiesen. Das bedauert niemand mehr als ich. Dafür übernehme ich die Verantwortung."

Noch direkt nach dem Vorrunden-Aus hatte Bierhoff an seinem Amt festgehalten und einen Rücktritt ausgeschlossen. Für Mittwoch war ein Treffen mit Neuendorf, Vize Hans-Joachim Watzke, Bundestrainer Hansi Flick und Bierhoff in Frankfurt/Main angesetzt worden. Dem kam er nun zuvor. Welche Konsequenzen der Rücktritt für die Zukunft von Hansi Flick als Bundestrainer hat, ist bislang unklar.

In den vier Tagen seit dem WM-Aus hatten etliche Kritiker die Ablösung Bierhoffs gefordert, darunter Lothar Matthäus. "Wir haben schlechte Jahre hinter uns, da sitzt Oliver Bierhoff mit im Boot - und da muss man auch Oliver Bierhoff infrage stellen", hatte er gegenüber ntv gesagt.

"Er steht für große Momente"

"Es war eine intensive, spannende und lehrreiche Zeit, in der wir gemeinsam große Erfolge feiern konnten, Rückschläge verarbeiten mussten und außergewöhnliche Projekte umsetzen durften", so der frühere Nationalspieler Bierhoff. "Meine Aufgabe war vom ersten bis zum letzten Tag Teamwork. Ich danke all den Menschen von Herzen, die mir in dieser Zeit mit ihrem Einsatz, ihren Ideen und ihrer Leidenschaft zur Seite gestanden haben."

DFB-Präsident Bernd Neuendorf sagte laut Mitteilung: "Oliver Bierhoff hat sich große Verdienste um den DFB erworben. Auch wenn die letzten Turniere hinter den sportlichen Zielen zurückblieben, steht er für große Momente. Sein Wirken wird für immer mit dem WM-Erfolg in Brasilien verbunden bleiben." Er betonte: "Er verfolgte auch in unruhigen Zeiten stets seine Ziele und Visionen und hat den DFB nachhaltig geprägt. Ich danke Oliver Bierhoff im Namen der DFB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für alles, was er für uns und den Fußball in Deutschland geleistet hat."

Auch DFB-Vizepräsident Hans-Joachim Watzke dankte Bierhoff für seine Arbeit: "Oliver Bierhoff hat sich in den 18 Jahren seines Wirkens erhebliche Verdienste um den deutschen Fußball erworben", sagte der Geschäftsführer von Borussia Dortmund. Ihm gebührten "Respekt, Anerkennung und Dank".

Abschottung auch seine Verantwortung

Bierhoff war als Profi selbst Europameister mit dem DFB geworden, hatte 1996 das entscheidende Tor zum Titel geschossen. Nachdem er seine Profikarriere beendet hatte, war er 2004 zum DFB gekommen - und bekam eine Funktion, die es so noch nie gab. Als Teammanager an der Seite des damals neuen Bundestrainers Jürgen Klinsmann war er maßgeblich an der Entstehung des Sommermärchens bei der Heim-WM 2006 beteiligt. In seine Amtszeit fallen sechs Welt- und Europameisterschaften in Folge mit mindestens dem Erreichen der Halbfinals, dazu auch der WM-Titel von 2014. Zuletzt allerdings kamen sowohl das WM-Aus 2018 als auch das jüngste Debakel jeweils in der Gruppenphase hinzu.

Sein Ansehen litt spätestens seit der EM 2016, seine Marketing-Konzepte wurden kritisiert, vor allem der Slogan "Die Mannschaft" wurde mit Hohn bedacht. Zuletzt war die neue DFB-Akademie seine Herzensangelegenheit. Doch auch bei Quartieren bewies er nicht immer ein glückliches Händchen. Das WM-Quartier von 2018 in Watutinki wurde zum Symbol des deutschen Zusammenbruchs. Auch das diesjährige Zulal Wellness Resort in Katar sorgte für viel Kritik, da sich die Nationalmannschaft völlig abschottete und von Fans, Journalisten und der Öffentlichkeit fernhielt. Das schadete dem Ruf des DFB-Teams weiter.

Bobic als Nachfolger gehandelt

Bei aller Kritik - die Nachricht am späten Montagabend traf auch die Experten unerwartet. "Ich bin sehr überrascht, weil ich dachte, man geht jetzt in die sachliche Analyse und gibt sich bis Mittwoch Zeit", sagte Frauen-Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg als Gast im ZDF nach der Achtelfinal-Partie zwischen Brasilien und Südkorea. "Ich habe die letzten Jahre engen Kontakt mit Oliver Bierhoff haben dürfen. Er war bei uns, hat unsere Themen aufgenommen und transportiert. Ich bin ein bisschen sprachlos."

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Auch die 2014er-Weltmeister Christoph Kramer und Per Mertesacker, ebenfalls als Experten im ZDF-Studio, reagierten schockiert: "Es tut mir leid, aber das sind wahrscheinlich die Mechanismen nach drei Turnieren, mit denen wir nicht so zufrieden waren", sagte Mertesacker. "Aber er hat viel mehr gemacht als viele wahrscheinlich denken." Kramer empfand den Rücktritt als "schade". Er hoffe, "dass er es selber entscheiden durfte, was für ihn das Richtige ist".

Laut "Kicker" wird Fredi Bobic als Nachfolger gehandelt. Er ist seit 2021 Geschäftsführer Sport beim Bundesligisten Hertha BSC. Der heute 51-Jährige absolvierte als Profi 37 Länderspiele für Deutschland und wurde 1996 gemeinsam mit Bierhoff Europameister.

(Dieser Artikel wurde am Montag, 05. Dezember 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, ara

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