Fußball

Ungleicher Kampf um neuen Helden Wenn's schlecht läuft, sieht der FC Bayern bald ganz anders aus

Thomas Müllers Zeit beim FC Bayern könnte im kommenden Sommer ablaufen.

Thomas Müllers Zeit beim FC Bayern könnte im kommenden Sommer ablaufen.

(Foto: IMAGO/Ulrich Wagner)

Dem FC Bayern stehen arbeitsreiche Monate ins Haus. Im kommenden Sommer könnte eine größere Zahl an prominenten Spielern den Verein verlassen. Zahlreiche Verträge laufen aus. Die Münchner wandeln bei der Zukunftsplanung auf einem schmalen Grat.

Irgendwann muss diese Zeit kommen. Irgendwann wird es einen FC Bayern ohne Manuel Neuer und Thomas Müller geben. Womöglich bricht diese Zeit im nächsten Sommer an. Die Verträge der Ikonen laufen aus. Noch bleibt unklar, wie es weitergeht. Vielleicht nicht mehr im Gleichschritt. Erstmals seit 2011 könnten sich die Wege trennen. Neuer soll wohl noch mindestens ein Jahr bleiben, ehe dann endlich die Stunde von Alexander Nübel, noch an den VfB Stuttgart ausgeliehen, im Münchner Tor schlägt. Bei Müller sieht es dagegen eher so aus, als würde seine Ära zu Ende gehen. Als Führungsfigur ist er unumstritten, als Stammspieler nicht mehr. Und dafür ist er dann mutmaßlich zu teuer.

Die Zukunft für den FC Bayern hat bereits begonnen. Sie läuft aber noch verborgen im Schatten, parallel zur Gegenwart. Die richtet sich vor allem auf das "Finale Dahoam" aus. Die Champions League trägt ihr Endspiel in München aus. Wie 2012. Als es bis ins Finale ging. Eine Stadt träumte, nur um von Chelsea gedemütigt zu werden. Denn das war es damals - eine "Demütigung Dahoam", eine, die das gefräßigste Monster des deutschen Fußballs hervorbrachte. Nach der Niederlage gegen Chelsea und dem 2:5 gegen den BVB im DFB-Pokalfinale 2012 schauten sich die Bayern nicht mehr um. Erst Bayer Leverkusen rauschte national in der vergangenen Saison an ihnen vorbei - und zahlt in dieser Saison womöglich schon den Preis dafür.

Die neuen Gesichter des FC Bayern.

Die neuen Gesichter des FC Bayern.

(Foto: IMAGO/Moritz Müller)

Aber national? Das ist Pflicht. International! Das ist die Kür. Das ist der Heldenritt. Die Sehnsucht nach dem Henkelpott, dem ersten seit dann fünf Jahren, ist riesig. Und holen soll sie eine Mannschaft, die Stand jetzt, nicht weiß, ob es sie so in der nächsten Saison noch gibt. Denn nicht nur die Verträge von Müller und Neuer laufen aus, auch ist nicht geklärt, wie es mit Joshua Kimmich, Alphonso Davies, Leroy Sané, Sven Ulreich und Eric Dier weitergeht. Und über allem schwebt die Frage: Was macht Jamal Musiala?

Kann Musiala sein Gehalt selbst diktieren?

Der 21-Jährige verdreht der Fußballwelt seit Monaten den Kopf. Er dribbelt wie ein kommender Weltfußballer, trifft plötzlich regelmäßig per Kopf oder packt den ganz strammen Hammer aus. Wenn Musiala derzeit auf dem Platz steht, packt er alles aus, was in ihm steckt. Das ist wahnsinnig viel und mittlerweile 130 Millionen Euro schwer. Auf diesen Marktwert wird der Spielmacher derzeit geschätzt. In der Liste der wertvollsten Profis der Welt, sie wird angeführt von Erling Haaland und Vinicius Junior (200 Millionen Euro) steht er damit schon auf Rang acht, gemeinsam mit seinem DFB-Kumpel Florian Wirtz, den der FC Bayern liebend gerne nach München holen würde. Aber vorher soll klar sein, dass Musiala bleibt, dessen Vertrag noch bis 2026 gültig ist. Das Problem: Potente Interessenten für dieses Supertalent, das in England ausgebildet und auch fußballerisch sozialisiert wurde, wird es zuhauf geben.

Die Frage nach seiner Zukunft ist derzeit eine der meistgestellten. Und Musiala gibt, wenn er denn spricht, die immer gleiche Antwort. Er werde zu gegebener Zeit entscheiden. Die scheint in der Winterpause zu kommen. Das hatte der Spieler zuletzt angedeutet. In München sind sie total optimistisch, dass Musiala lange bleibt. Sie wollen ihn zum neuen Gesicht des FC Bayern aufbauen. Dafür renken sie sich finanziell offenbar alle Gliedmaßen aus. Bis zu 25 Millionen Euro soll er verdienen. Damit dürfte er dann auf einem Level mit Harry Kane sein. Lothar Matthäus forderte in seiner Bewunderung für Musiala, dass der FC Bayern den Spieler einfach über sein Gehalt entscheiden lassen solle. So wichtig hält er den 21-Jährigen für den Rekordmeister.

In der internen Wichtigkeit ganz weit oben steht auch Kimmich. Eigentlich ist er längst das Gesicht des FC Bayern. So lange ist er schon dabei, so prominent ist seine Rolle im Team. Kimmich spielt im Prinzip immer. Nicht nur von Anfang an, sondern auch bis zum Ende. Und doch ist er bislang eben nicht das Gesicht geworden. Nicht so eins, wie es Thomas Müller ist. Aber es soll nun endgültig werden. Wenn in der Heldengeschichte Müller im nächsten Sommer das vermutlich letzte Kapitel geschrieben wird. Max Eberl hat die Pläne mit dem Antreiber skizziert. Und doch sind sie offenbar gänzlich anders als bei Musiala. Denn Kimmich, eh schon ein Topverdiener beim FC Bayern, soll für eine weitere Verlängerung Einbußen beim Gehalt hinnehmen.

Muss Sané Gehaltseinbußen hinnehmen?

Das gilt auch für Leroy Sané, diesen Qualitätsfußballer, der die Weltklasse in sich trägt, aber nur dosiert auspackt. In München und in der Nationalmannschaft wissen sie, was sie an Flügelstürmer Sané haben: Tempo, Dribbling, Abschlussstärke. Aber sie wissen auch, was sie nicht an ihm haben: Konstanz. Deswegen ist seine Zukunft weiter offen. Er selbst hat bereits einen ersten Schritt auf den Verein zugemacht: "Es steht bei mir generell nicht an erster Stelle, wie viel ich verdiene", sagte er gerade erst der "Sport Bild". Für ihn gehe es um das Gesamtpaket mit Trainer und Spielphilosophie und "nicht um einzelne Faktoren".

Sollte Musiala verlängern und Wirtz kommen, wäre die offensive Reihe hinter Kane schon herausragend besetzt. Und mit Neuzugang Michael Olise drängt ein spektakulärer junger Franzose ins Team. Was wird nun mit Sané? Was mit seinen Kontrahenten Serge Gnabry und dem ebenfalls bestens verdienenden Kingsley Coman? Auch Sané soll für ein Weiter in München auf Gehalt verzichten. Von zwei bis vier Millionen Euro ist in Medien die Rede. Ob das Aussicht auf Erfolg hat? Vermutlich auch eine Frage der Alternativen.

Bei Dier scheint die Sache klar

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Bleibt vor allem noch Alphonso Davies. Die aufgeregten, ewig brodelnden Gerüchteküchen aus Spanien funken beinahe täglich Updates durch. Real Madrid soll interessiert sein, es könnte aber auch Supertrainer Hansi Flick mit seinem FC Barcelona dazwischenfunken. Und klar, der FC Bayern ist auch nicht chancenlos. Auf der linken Seite nimmt er seit Jahren einen Stammplatz ein. Stand jetzt? Alles offen. Anders als bei Eric Dier, dessen Zeit läuft ab, sollte es nicht eine wundersame Auferstehung geben. Ein paar gute Spiele unter Ex-Coach Thomas Tuchel hatte er zu bieten, viel mehr nicht. Torhüter Sven Ulreich, letztes Fragezeichen, kann immerhin damit wuchern, dass er eine zuverlässige und sehr loyale Nummer zwei ist. Die will aber auch Daniel Peretz werden, der junge Israeli, der zuletzt in der Nations League überragend hielt. Dürfte sich Peretz für eine Leihe begeistern, weil Neuer bleibt, könnte Ulreich weitermachen.

Die Zukunft für den FC Bayern hat bereits begonnen. Gestaltet von einer Mannschaft, die nicht überhaupt nicht weiß, ob sie die Zukunft des FC Bayern ist. Aber jetzt zählt ohnehin erstmal nur das "Finale Dahoam", um die "Demütigung Dahoam" vergessen zu machen.

Quelle: ntv.de, tno

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