Der richtige Mann für den HSV Wer, wenn nicht Bruno Labbadia
15.04.2015, 12:06 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Der HSV habe die Richterskala des Dilettantismus nach oben durchbrochen, twittert Didi Hamann zur Verpflichtung von Labbadia. Mit der Meinung ist er nicht allein. Aber der Ex-Nationalspieler irrt - zumindest kurzfristig.
Wer, wenn nicht Bruno Labbadia? Der Hamburger SV hat seinen Retter gefunden. Die Entscheidung der Verantwortlichen, den 49-Jährigen zum sportlich schwer kranken Fußball-Bundesligisten zurückzuholen, ist in der aktuellen Situation absolut nachvollziehbar. Denn kaum ein Trainer in Deutschland, vielleicht noch Peter Neururer, verspricht kurz nach seinem Amtstritt so schnelle Erfolge, wie der ehemalige Nationalspieler.
Was wurde Bruno Labbadia in Leverkusen gefeiert, als er die Mannschaft in der Hinrunde der Saison 2008/09 bis an die Tabellenspitze führte. Wie groß waren die Hoffnungen auf eine großartige Zukunft an der Elbe, als Labbadia den Hamburger SV im Spätherbst 2009 bis auf Platz vier führte - in absoluter Schlagdistanz zu Spitzenreiter Leverkusen.
Und auch in Stuttgart legte der Trainer furios los. Zum Ende der Hinrunde 2010/11 coachte er die arg abstiegsgefährdeten Schwaben ins sichere Mittelfeld. Und weil Labbadia dieses Blitzstart-Gen hat, kann er selbstverständlich auch das letzte Bundesliga-Urgestein vor dem Absturz in die Zweitklassigkeit retten - dieser Satz ist frei von Ironie!
Hohe Erwartungen, tiefe Abstürze
Aber was kommt dann? So hoch die Erwartungen an den ehemaligen Stürmer stets waren, so tief waren die Abstürze. Die Fähigkeit, eine Mannschaft über Jahre erfolgreich zu entwickeln, ist er schuldig geblieben. In Hamburg wissen sie das nur zu gut. Mit einem Dreijahresvertrag ausgestattet, wollte der HSV damals zusammen mit Labbadia Europa erobern und an die erfolgreichen Zeiten Mitte der 70er- und Anfang der 80er-Jahre anknüpfen. Die Zusammenarbeit endete nach nicht mal einem Jahr.
Labbadias taktisches System galt mit zunehmender Saisondauer als armselig und die Mannschaft immer mehr als disziplinlos. So rangelten sich Superstar Ruud van Nistelrooy und Tunay Torun in der Kabine, der Peruaner Paolo Guerrero warf eine Flasche auf einen wütenden Fan und Jung-Profi Maxi Beister beleidigte den damaligen Technik-Trainer, durfte aber wenig später ungestraft in der Bundesliga debütieren. Vieles von dem erinnert an den aktuellen Zustand der Mannschaft.
Nun also ist Labbadia zurück. Als vierter Trainer in dieser Saison soll er dieses leblose Ensemble in der Bundesliga halten. Den Klassenerhalt mag er schaffen. Aber eine mittel- oder gar langfristige Perspektive - sein Vertrag läuft 15 Monate - ist er für den schwer angeschlagen Klub mit der akuten Trainerallergie nicht. Die Verpflichtung ist ein Schnellschuss, keine wohlüberlegte Entscheidung mit Weitsicht.
Die wäre Thomas Tuchel ganz sicher gewesen. Doch Tuchel hat gezögert - zu lange für ungeduldige Hanseaten. Vielleicht hat er gezögert, weil er die Option Borussia Dortmund schon ein paar Tage auf dem Tisch liegen hatte. Denn beim BVB soll Jürgen Klopp um seine Vertragsauflösung gebeten haben.
Aber wie dem auch sei, in Hamburg geht's derzeit nur um eines: den Klassenerhalt. Ein erfahrener Mann, der den Verein kennt, ist daher die richtige Entscheidung. Die Perspektive? Aktuell völlig uninteressant.
Quelle: ntv.de