Sponsor bringt Chelsea Millionen Wie der Fußball auf den Krypto-Zug aufspringt
27.05.2022, 21:01 Uhr
Der Krypto-Hype herrscht auch im Fußball.
(Foto: picture alliance / NurPhoto)
Kryptowährungen mischen seit geraumer Zeit die Finanzwelt auf. Die noch recht unregulierten Produkte erfahren trotz ihrer Volatilität einen großen Hype, der nun auch die Fußballszene erfasst. Vereine und Spieler werben, Fans sollen kaufen.
Die Meldungen reißen nicht ab: Der englische Topklub Chelsea schließt einen Trikotsponsor-Deal mit "WhaleFin"; Lionel Messi wirbt für eine Summe von 20 Millionen US-Dollar drei Jahre lang für "Socios"; der ehemalige Spitzenstürmer Michael Owen verspricht verlustfreie Non-Fungible Tokens (NFTs). Selbst hierzulande ist der Krypto-Hype mittlerweile im Fußball angekommen. Zuletzt teilte Kaiserslautern-Stürmer Terrence Boyd nach dem Derbysieg gegen Saarbrücken Werbung für ein NFT, löschte den Tweet später aber wieder.
Fußballfans, für all die diese Namen und Begrifflichkeiten böhmische Dörfer sind, können sich darauf gefasst machen, dass ihnen in den kommenden Jahren noch so manches, ob gewollt oder nicht, nähergebracht wird. Denn die Krypto-Szene möchte die Zuschauer und Anhänger als Käufermarkt erschließen. Aus der Szene ist zu hören, dass manche Krypto-Unternehmer bei Verhandlungen aufs Gaspedal drücken und den konkreten Ausgaben fürs Sponsoring nicht ganz so viel Beachtung schenken. Bevor es zur erwartbaren Konsolidierungsphase kommt und einige Protagonisten wieder so schnell verschwinden, wie sie gekommen sind, herrscht erst einmal der große Boom.
Abzusehen war das schon seit geraumer Zeit. So erschien etwa auf der Webseite "Crypto Trendings" im August 2021 eine Pressemitteilung von "NFTFootballMarket" zur WM in Katar. "Der Fußball ist ein Sport mit Milliarden von Fans; Blockchain ist stetig wachsend und erreicht immer mehr Menschen auf der ganzen Welt. Es besteht also die potenzielle Chance, die Leidenschaft mit der Technologie zu verknüpfen, um den 'Durst nach Eigentümerschaft' der Fans auf dem Globus zu stillen", hieß es dort.
Bundesliga profitiert von NFT-Hype
Genau darum geht es konkret bei NFTs. Diese sind eine Art digitales Asset, das sich in einer Blockchain befindet. Es dient dazu, den Wert und die Authentizität von einem digitalen Medium zu überprüfen. Solch ein Medium kann beispielsweise eine JPG-Datei sein, also eine Grafik von einem Fußballklub. Einige Käufer von NFTs glauben vielleicht, sie würden die Grafik selbst besitzen, aber das ist nicht korrekt. Doch beim Versuch, den "Durst nach Eigentümerschaft" zu stillen, wird Fans das gegebenenfalls vorgegaukelt. Sie erwerben ein NFT ihres Lieblingsteams und glauben, sie würden quasi ein Stück von jenem Team besitzen, ähnlich wie ein Wimpel von einer Partie.
"Ob man fünf Dollar oder 40 Millionen Dollar für ein versteigertes oder gehandeltes NFT ausgibt, man erhält dadurch nicht die Besitzrechte an dem Medienerzeugnis, das mit dem Token verknüpft ist. Was man besitzt, wenn man ein NFT erwirbt, sind die Schlüssel zu einem nicht-austauschbaren - womöglich sogar einzigartigen - Token", sagt Daniel Kuhn von "CoinDesk". "Aber die digitale Datei, die mit dem NFT verknüpft ist, kann genauso leicht kopiert und heruntergeladen werden wie alles andere."
Wer in NFTs investiert, sollte sich darüber im Klaren sein, was damit erworben wird. Es spricht nichts dagegen, in den Handel dieser Token einzusteigen, wenn man die Werbesprache einiger NFT-Unternehmen oder auch von Werbeträgern wie Michael Owen, Lionel Messi und Co. ausblendet. Dass der NFT-Markt sehr volatil ist, zeigte sich jedoch erst kürzlich. Seit September ist der Handel mit den Tokens um 92 Prozent zurückgegangen. "Der NFT-Markt ist am Kollabieren", lautete das Fazit des "Wall Street Journal".
Trotzdem fließt weiter Geld in den Fußball, wie neulich eine Bekanntgabe der Deutschen Fußball Liga (DFL) zeigte. Die Bundesliga und 2. Bundesliga erhalten demnach über 170 Millionen Euro für die Lizenzrechte für Sticker und Trading Cards inklusive NFTs mehrheitlich für den Zeitraum von 2023 bis 2025. Darunter fallen beispielsweise die exklusiven Rechte für sogenannte "NFT Moments", also NFT-basierte Videos aus den Bundesligen und für den Einsatz von NFTs als digitale Spielerabbildungen im Fantasy-Football.
Proteste in Liverpool
Während die DFL Partnerschaften mit etablierten Unternehmen wie "Topps" ausbaut, wird der Fußball aktuell aber eben auch überschwemmt mit immer neuen Krypto-Marken, die so schnell wie möglich einsteigen möchten. In England und Spanien hat sich das bereits bei den Top-Adressen bemerkbar gemacht.
Neben dem angesprochenen Deal zwischen Chelsea und "WhaleFin", welches fortan auf dem Ärmel des Trikots sichtbar sein wird, hat auch Atlético Madrid einen Trikotsponsor-Vertrag mit demselben Unternehmen abgeschlossen. Chelsea streicht dafür rund 23,5 Millionen Euro und die Madrilenen knapp das Doppelte pro Saison ein. "WhaleFin" gehört zur Amber Group, die in Singapur ansässig ist und sich auf digitale Assets spezialisiert.
Darüber hinaus ist Manchester United vor ein paar Monaten eine Partnerschaft mit dem Blockchain-Unternehmen "Tezos" eingegangen. Auch Liverpool führte kürzlich Gespräche mit Krypto-Unternehmen, als es für den Champions-League-Finalisten darum ging, einen neuen Trikotsponsor-Deal auszuhandeln. Allerdings sah der Klub von Jürgen Klopp von einem Vertragsabschluss ab. Zuvor gab es Fanproteste gegen Liverpools Entscheidung, eigene NFTs auf den Markt zu bringen.
Der Trend hin zu Krypto und NFTs im Fußball kommt an sich nicht überraschend. Im vergangenen Jahrzehnt waren es vor allem Wettanbieter, die mit großangelegten Werbekampagnen die Fans als Kunden gewinnen wollten. Die Verknüpfung zwischen Wetten und Fußball erschien eine fast natürliche. Bei Krypto ist das ein wenig anders, aber schlussendlich geht es für die Unternehmen um Reichweite.
Der ohnehin durchkommerzialisierte Profifußball gerade in den großen Ligen kann sich über einen neuen Geldregen freuen. Allerdings: Die Gefahren, die mit einer baldigen Konsolidierungsphase einhergehen, bleiben bestehen. Denn so mancher Deal könnte irgendwann platzen, weil die andere Vertragsseite verschwunden ist. Ohnehin unterliegt die Krypto-Branche einer großen Dynamik. Der Einbruch von TerraUSD im Mai hat den gesamten Kryptomarkt nach unten gezogen. Es wird nicht die letzte Verwerfung bleiben. Das sollte auch den Verantwortlichen im Fußball bewusst sein.
Quelle: ntv.de