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Schick findet's eher doof Xabi Alonsos fast perfekter Plan wirft Fragen auf

Xabi Alonsos Plan ging fast perfekt auf.

Xabi Alonsos Plan ging fast perfekt auf.

(Foto: picture alliance/dpa)

Bayer Leverkusen verpasst in einem wilden Topspiel gegen den FC Bayern trotz Dominanz einen wichtigen Sieg. Trainer Xabi Alonso macht eigentlich alles richtig, sein beinahe gelungener Matchplan wirft trotzdem Fragen auf.

Wenn es einen Preis geben würde, für den schnellsten Abgang nach dem Bundesliga-Topspiel Bayer gegen Bayern (0:0), er ginge ohne Zweifel an Leverkusen-Stürmer Patrik Schick. Der Angreifer, der erst in den letzten Minuten ins Spiel kam und keine nennenswerte Aktion mehr verbuchte, stiefelte als erster Profi der Werkself geradeaus in die Kabine und gefühlt 15 Minuten später geduscht durch die Mixed Zone. Ohne links und rechts zu gucken, lief der Tscheche in die Tiefgarage und dampfte ab.

Man kann, ohne Bayer 04 und Schick zu nahe treten zu wollen, davon ausgehen, dass er sich den Arbeitstag durchaus länger und erfolgreicher vorgestellt haben dürfte. So war er nur ein prominenter Nebendarsteller in diesem seltsamen, torlosen und dennoch unterhaltsamen Bundesliga-Kracher. Und Ausdruck eines beinahe perfekten Plans, der doch Fragen aufwirft.

Alonso überrascht den FC Bayern

Leverkusens Trainer Xabi Alonso hatte für das Topspiel einen Plan ausgeheckt. Wieder einmal wollte er den FC Bayern überraschen und ärgern. So wie zum Beispiel im Pokal-Achtelfinale in München Anfang Dezember, als sich sein Team 1:0 durchsetzte. Und das ohne echten Mittelstürmer in der Startelf.

Auch am Samstagabend verzichtete er in der Anfangsformationen auf einen echten "Neuner". Dafür rannte sein Team die Gäste aggressiv an. Minute für Minute entfaltete sich Alonsos Strategie weiter. Leverkusen spielte anders als im Hinspiel deutlich höher, presste früh. Innenverteidiger Jonathan Tah stand teilweise extrem hoch seinen Gegnern auf den Füßen. Eine Taktik mit gewissem Risiko. In der Offensive sollten schnelle Spieler und Techniker wie Florian Wirtz, Alejandro Grimaldo, Jeremie Frimpong sowie Nathan Tella Lücken reißen und Chancen kreieren.

"Ich hatte das Gefühl, die Spieler wollten so spielen, etwas mehr Risiko gehen", berichtete Alonso hinterher über die Planungen unter der Woche mit dem Team. "Es war anders als in der Allianz-Arena in München. Die Performance war gut." Man muss sagen: Dieser Teil des Plans ging hervorragend auf. Der FC Bayern wirkte von der Taktik überrascht bis überfordert. Schon zur Halbzeit hätte Leverkusen 2:0 führen können, vielleicht müssen. Zweimal bewahrte der Querbalken des Münchener Tores den FC Bayern vor dem Rückstand, als Frimpong (21.) und Tella (25.) knapp mit ihren Abschlüssen scheiterten.

FC Bayern hatte kein Tor verdient

Auch in der zweiten Halbzeit riss Leverkusen die Partie über weite Strecken an sich, dominierte den Tabellenführer. Nach 70 Minuten zeigte die Statistik bei Leverkusen einen Expected Goals (xG)-Wert von über 1 an, bei den Bayern verharrte dieser bei sagenhaften 0,0. Zwei Zahlen, die diesen Abend gut widerspiegeln. Der Rekordmeister igelte sich in der eigenen Hälfte ein, setzte kaum bis gar keine gefährlichen Akzente in der Defensive. Der FCB verteidigte teilweise viel weg, war dann aber doch oft auf Glück oder Manuel Neuer angewiesen. So wie in der letzten Szene der Partie.

Denn spätestens in der Nachspielzeit hätten erst Joker Amine Adli oder dann der frei stehende Florian Witz den überfälligen Führungstreffer erzielen müssen. Der fast schon legendäre Leverkusener Last-Minute-Punch blieb diesmal aus. Und so muss sich auch Alonso die Frage stellen lassen: Warum nicht mehr Offensiv-Power am Ende? Der Trainer ging nicht "all in".

Alonso blieb sich am Samstag treu, ließ seine erste Elf sehr lange spiele. Und sie zahlten es ihm zurück, sie dominierten die Bayern. Nicht im Ballbesitz, aber in den Chancen und Abschlüssen. Er wollte den Coup mit diesem Personal schaffen, vielleicht erzwingen. Er habe "ein gutes Gefühl mit den Spielern" gehabt. "Sie drückten gegen den Ball, sie waren dabei, Chance zu kreieren und ein Tor zu erzielen", erklärte Alonso sein Vorgehen.

"Wir werden es nie wissen"

Er wechselte erst sehr spät, brachte positionsgetreu Amine Adli für Tella in der 85. Minute. Und eben erst in der Nachspielzeit dann Schick, der zuletzt so regelmäßig getroffen hatte. Zuletzt doppelt im Pokalspiel gegen Köln. Zu spät? Auch Strafraumkante Victor Boniface, wie Schick Torschütze gegen Köln, schmorte 90 Minuten auf der Bank.

Es ist natürlich eine müßige Frage, ob es mit einem der beiden echten "Neuner" besser gelaufen wäre. Das weiß niemand. Trotzdem ploppt diese unweigerlich auf. Das sieht auch Alonso so. "Vielleicht. Könnte sein. Wir werden es nie wissen", fasste er das Gedankenspiel auf der Pressekonferenz passend zusammen.

Alonso hat sich in den vergangenen zwei Jahren den Nimbus erarbeitet, eigentlich alles nur richtig machen zu können. Immer und immer wieder überraschte der Baske mit Aufstellungen, Strategien und Matchplänen. Fast immer wurde er dafür belohnt. Bayer 04 blieb immerhin eine Saison ungeschlagen, hat in 18 Monaten genau einmal verloren. Ehre, wem Ehre gebührt.

Der Plan gegen die Bayern ging diesmal aber nur beinahe auf, auch wenn es an diesem kalten Samstagabend lange so aussah, als habe Bayer 04 alles richtig gemacht. Das letzte Stückchen Konsequenz fehlte. Die mangelnde Chancenverwertung kostete die Werkself den Sieg, der den Klub wieder auf fünf Punkte an den FCB herangebracht und den Meisterkampf zumindest wieder etwas spannender gemacht hätte.

Kein "scheiß Unentschieden"

So bleibt nach dem 0:0 trotz der Chancen (oder genau deswegen?) und guten Leistung die etwas rätselhafte Frage rund um den Matchplan mit den fehlenden Strafraumstürmern und späten Wechseln zurück.

Immerhin bleibt Alonsos fast schon unheimliche Serie von Ungeschlagen-Spielen als Trainer gegen Bayern intakt. Er steht jetzt bei sechs in Serie. Damit ist er weiter der Bayern-Schreck schlechthin auf der Trainerbank.
Nach dem Remis wirkte er auch nicht unzufrieden. "Wir hatten in dieser Saison einige scheiß Unentschieden, über das von heute ärgere ich mich nicht", sagte Alonso. "Normal zerstört Bayern alle Gegner. Wir haben sehr gut gespielt. Wir haben alles gemacht, um zu gewinnen. Nur ein Tor nicht.“

Die Spieler auf dem Platz hätten es "gut" gemacht, attestierte der 43-Jährige. "Wir bauen auf dieser Leistung auf. Schließlich steht die Werkself auch noch im Champions-League-Achtelfinale und im Halbfinale des DFB-Pokals.
Und die Meisterschaft? "Wir reden im April. Es gibt noch viele Punkte zu vergeben“, sagte er weiter, stellte aber nüchtern fest: „Das Ergebnis in der Tabelle könnte besser sein. Leverkusen hat weiter acht Punkte Rückstand.
Lob für den Werkself-Auftritt gab es auch vom Gegner. "Leverkusen hat sehr gut gespielt. Sie haben sich das erste Mal getraut gegen uns zu pressen", analysierte Bayern-Urgestein Thomas Müller in der Mixed Zone. "Leider ist deren Konzept da so ein bisschen aufgegangen."

Das Stilmittel, die Bayern zu langen Bällen zu zwingen, sei ebenfalls aufgegangen. „Mit dem Profil ihrer Verteidiger haben sie bei langen Bällen unter Druck Spieler, die diese gut verteidigen können", so Müller.
Daher nehme er einen "wunderbarer Punkt" für den FC Bayern mit. Nicht nur Patrick Schick dürfte da widersprechen.

Quelle: ntv.de

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