
Legat und die Hose.
(Foto: imago/Team 2)
Jetzt stehen wieder republikweit die Spieler und Offiziellen lächelnd parat, um sich für das Mannschaftsfoto zur neuen Saison ablichten zu lassen. Dabei entstehen auch Perlen der kuriosen Schnappschüsse. Hoch oben in der Luft, auf dem fahrenden Schiff - oder mit hochgezogener Buchse.
Das "Kicker"-Sonderheft zum Saisonstart hat Legendenstatus. Früher, in den internetlosen Zeiten, haben manche Fußballfans sogar vor den Kiosken campiert, um ja als allererste Käufer in den Morgenstunden in den Genuss der neusten Informationen über ihre Helden zu kommen. Und damals, als man Bilder von der eigenen Mannschaft nur live im Stadion, in den Tageszeitungen oder im TV präsentiert bekam, waren die Fotos des neu zusammengestellten Teams in Reih und Glied im Sonderheft immer einer der absoluten Höhepunkte zum Saisonbeginn.
Alljährlich finden im Rahmen der Spielzeitvorbereitung die begehrten Termine statt, an denen Fotografen rudelweise bei den Vereinen einfallen und teils über Stunden Bilder der Spieler und Offiziellen schießen. So manches dieser Fotos hat sich nachhaltig in das Gedächtnis der Fans eingebrannt. So versammelten sich in den 80er-Jahren einmal die Spieler von Hannover 96 rund um ihren Trainer auf einem Schiff der Maschsee-Flotte und ließen sich inklusive Schwanfamilie und Kapitän ablichten.
Und auch in Stuttgart haben sich die Verantwortlichen - warum auch immer - so manches Mal einiges einfallen lassen. So traten im Januar 1990 die Fotografen im zentimeterhohen Schnee an, um eine bibbernde Mannschaft in kurzen Hosen rund um die Schmäler-Zwillinge, Karl Allgöwer und Coach Christoph Daum im Bild festzuhalten. Doch das war beim VfB noch lange nicht das Kreativste, das man sich in Bezug auf Mannschaftsbilder hat einfallen lassen. Denn zur Saison 1987/88 ließ man das komplette Team um Guido Buchwald und Maurizio Gaudino auf das Dach der Geschäftsstelle steigen - und so hingen dann die Beine des unsicher schauenden Fritz Walter und eines lächelnden Co-Trainers Willi Entenmann in luftiger Höhe locker baumelnd in die Tiefe. Ein irrer Anblick!
Hirsch steht plötzlich im Theater-Foyer
Das haben wohl auch die Anwesenden im Jahr 1976 gedacht, die beim frisch gekürten DFB-Pokalsieger Hamburger SV neben einer Blaskapelle und dem Blödelheini Mike Krüger noch eine weitere Überraschung präsentiert bekamen. Denn der extrovertierte Manager des HSV, Dr. Peter Krohn, hatte sich für seinen Klub extra etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Pinke Trikots! Die Reaktionen der Fans sollen an diesem Tag zwischen Ohnmachtsanfällen, blanker Wut und vereinzelter Begeisterung stark hin- und hergeschwankt sein. Legendär sind diese Jerseys allerdings bis heute.
Ein absolutes Highlight in der langen Geschichte der Mannschaftsfotos ist auch das Ambiente, das der MSV Duisburg zur Saison 1998/99 den Fotografen präsentierte. Der heutige Trainer und damalige Spieler der Meidericher, Dietmar Hirsch, wird sich vielleicht noch erinnern, wie man an diesem Tage kurzentschlossen alle Pläne über den Haufen warf und plötzlich für die Nachwelt im Bild festgehalten vor einem riesigen Gemälde im Foyer des Theaters Duisburg stand. Was wie eine künstlerische Offenbarung anmutet und ganz offensichtlich die Nähe von Fußball und Kultur aufzeigen sollte, hatte allerdings einen ganz einfachen Hintergrund: Draußen spielte das Wetter verrückt und an ein schönes Foto ohne Regenschirme war nicht zu denken. Und so entstand ein unverwechselbares Bild für die Ewigkeit!
Und das kann man mit Fug und Recht auch von einem anderen Foto behaupten. Wahrscheinlich ist es sogar das legendärste Mannschaftsfoto eines deutschen Bundesligisten aller Zeiten. Dass es dieses Bild tatsächlich in das "Kicker"-Sonderheft des Jahres 2000/01 geschafft hat, ist ein kleines Wunder. Denn aus den vielen Hunderten von Fotos, die an diesem Tage in gleißender Sonne entstanden sind, wählte die Redaktion des Sportmagazins ausgerechnet diesen Schnappschuss aus. Ein Schelm, der Böses dabei denkt!
Das Geld von Thon und Möller und die Strafe von Assauer
Als das Bild damals geknipst wurde, standen alle Königsblauen wie jedes Jahr im Sommer wieder einmal schön in Reih und Glied und lachten in die Kameras der Fotografen. Tausende Male wurde an diesem Tag der Auslöser gedrückt. Immer wieder mussten die Profis in der prallen Sonne die Schultern rausdrücken und freundlich gucken. Da kann schon einmal Langeweile und die Lust auf Abwechslung bei den Spielern aufkommen.
Und so raunte irgendwann an diesem Vormittag Thorsten Legats Mitspieler Olaf Thon dem Mannschaftskameraden zu: "Legat, wenn du deine Hose bis zum Anschlag hochziehst, bekommst du von mir 500 Mark." Und ehe der Neu-Schalker lange überlegen konnte, schaltete sich aus dem Hintergrund der Kollege Andreas Möller ein und rief: "Ich erhöhe auf 1.000, Thorsten!" Das klang wahrlich nach einem ordentlichen Nebenverdienst und vor allem nach einem lustigen Spaß.
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Und so ließ sich Legat nicht lange bitten, schob das Hemd in die Hose und zog diese bis unter die Achseln hoch. Und tatsächlich schaffte er es mit dieser Aktion unbemerkt in das "Kicker"-Sonderheft. Dumm nur, dass Manager Assauer, als er das Magazin in den Händen hielt, nicht viel Sinn für Humor zeigte und ihm eine Strafe von über 25.000 Mark aufbrummte. Als Legat noch kurz einwendete, dass sich das für ihn aber nicht rentieren würde, da er doch nur 1.000 Mark bekommen hätte für die Wette, schmiss Assauer ihn hochkant aus seinem Büro und den prall gefüllten Aschenbecher gleich noch hinterher. Manche Leute behaupten, man könne heute noch im Türrahmen seines ehemaligen Arbeitszimmers die Einkerbung von damals bewundern!
"Ich dachte, ich bin beim Paten höchstpersönlich"
Olaf Thon erinnerte sich eines Abends einmal beim Sport1-"Fantalk" auf der Kegelbahn im Backstage-Bereich lächelnd an die verrückten Zeiten zurück. Er meinte allerdings, dass er sich partout nicht vorstellen könne, dass Thorsten Legat damals so viel Geld hätte zahlen müssen. Das brachte Legat auf die Palme.
Er zog die Stirn kraus und erzählte mit bebender Stimme noch einmal, wie er die Minuten oben beim Manager erlebt hatte: "Olaf, das war nicht schön, das kann ich dir sagen. Das ganze Zimmer ist vollgeraucht gewesen. Ich hab den Manager fast gar nicht gesehen an seinem Schreibtisch. Ich dachte, ich bin beim Paten höchstpersönlich. Ich hab mich nur gefragt: Was geht denn hier ab? Und dann hat er gerufen: '20.000 Mark Strafe', bamm. '5.000 Mark in die Mannschaftskasse', bamm. Und als ich dann nur den Mund aufgemacht habe, hat er geschrien: 'Und noch ein Mannschaftsessen obendrauf!'"
Unten auf der Kegelbahn wurde es damals mucksmäuschenstill. Thorsten nickte im Takt mit dem Kopf auf und ab. Kurz schüttelte er sich - und fügte dann mit geschlossenen Augen andächtig hinzu: "Nee, nee. War nicht schön. Das kann ich euch sagen!" Doch das Foto im Sonderheft war umso schöner. Und die Geschichte dieses Bildes ist mittlerweile eine echte Legende. Mal schauen, ob sich so eine Story noch einmal in Zukunft wiederholen wird. Dieser Tage stehen die Spieler und Offiziellen, wie gesagt, wieder vor den Kameras parat.
Quelle: ntv.de