Redelings Nachspielzeit

"Matthäus trinkt zu viel" Als Journalisten die Bundesliga fies hinters Licht führten

Lothar Matthäus auf dem Münchner Oktoberfest 2006.

Lothar Matthäus auf dem Münchner Oktoberfest 2006.

Die Saison 1991/92 endet dramatisch - und mit einem überraschenden Deutschen Meister. Auf der Ziellinie fängt der VfB Stuttgart die Konkurrenz aus Dortmund und Frankfurt noch ab. Und dann ist da noch das Magazin aus Österreich, das einige Bundesliga-Trainer zu üblen Aussagen verleitet.

"Vielleicht bin ich heute ein Stück unsterblich geworden", sagte Guido Buchwald, der Schütze des entscheidenden Tores für den neuen Deutschen Meister VfB Stuttgart. Im letzten Saisonspiel bei Bayer Leverkusen traf er wenige Minuten vor Schluss per Kopf. Während die VfB-Fans jubelten, herrschte in Frankfurt und Dortmund Katzenjammer. Nur die Tordifferenz ließ den BVB trotz eines gleichzeitigen Sieges in Duisburg auf dem zweiten Platz verharren, während die Eintracht nach der 2:1-Niederlage in Rostock mit dem Schiedsrichter haderte. Völlig zu Recht, wie dieser später selbst zugab.

Nachdem sich Alfons Berg im Fernsehen die strittige Szene angesehen hatte, sagte er: "Es war ein klarer Elfmeter. Ich habe Mitleid mit der Eintracht." Am nächsten Tag auf dem Balkon des Römerbergs war die Enttäuschung über die Benachteiligung bei den Spielern noch nicht verflogen. Stellvertretend für alle meinte Torwart Uli Stein: "Dass es nicht gelangt hat, war nicht nur unsere Schuld. Leider gibt es auch drei schwarze Männer, die dazugehören."

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Eine Vorentscheidung gegen einen Deutschen Meister Borussia Dortmund fiel bereits am 31. Spieltag. Nürnbergs Stürmer Wück flog an diesem Tag so elegant durch den Dortmunder Strafraum, dass Schiri Kasper nicht lange zögerte und auf den Elfmeterpunkt zeigte. Den Strafstoß verwandelte Sergio Zarate in der 12. Minute sicher. Am Ende unterlag der BVB dem Club mit 2:1, und Dortmunds Abwehrrecke Günter Kutowski war stinksauer: "Ein absoluter Schwalbenkönig, dieser Wück. Ich werde wahnsinnig, wenn uns dieses linke Ding die Meisterschaft kostet." Doch diesen Schuh wollte sich der "fliegende Nürnberger" Wück nicht anziehen: "Nicht ich entscheide die Meisterschaft, sondern die Vereine selbst." Damit hatte er natürlich Recht, aber tatsächlich fehlte dem BVB am Ende genau dieser eine Punkt auf den VfB Stuttgart.

Thomas Gottschalk beim FC Bayern

Zwischenzeitlich durfte Borussia Dortmund am vorletzten Spieltag nach einem 3:1 gegen Bayer Leverkusen wieder Hoffnung im Titelkampf schöpfen. Mit großem Interesse verfolgte man die Zwischenergebnisse aus Stuttgart (1:1 gegen Wattenscheid) und Frankfurt. Als dort das 2:1 für Bremen fiel, schrie das komplette Westfalenstadion "Werder, Werder". Trainer Hitzfeld gestand: "Da ist es mir kalt den Rücken hinuntergelaufen!" In Frankfurt trauerte man nach dem 2:2 gegen Bremen den verpassten Chancen nach. Da halfen auch die aufmunternden Worte des Gästetrainers Otto Rehhagel nicht mehr viel: "Wenn die Eintracht Meister wird, wäre das ein Triumph für den Fußball!"

Am Anfang der Spielzeit mischte der letzte Meister der DDR, Hansa Rostock, die Bundesliga tüchtig auf. Bis zum siebten Spieltag stand Hansa fünfmal auf dem ersten Tabellenplatz. Auch ein Verdienst von Trainer Uwe Reinders, der zu Beginn seiner Zeit im Osten der Republik erst einmal Entwicklungsarbeit verrichten musste: "Wenn früher einer den Ball abgewehrt hatte, war für den der Fall erledigt. Der hat dann nur noch in der Nase gebohrt." Zum Schluss geriet Rostock immer mehr ins Trudeln und steigt ab.

TV-Showmaster Thomas Gottschalk löste im November im Münchner Olympiastadion beim Bundesligaspiel zwischen dem FC Bayern München und Bayer Leverkusen eine verlorene Wette ein und saß vor der Partie zwischen Lerby und Hoeneß auf der Bayern-Bank. In Trachtenjacke und mit einer rot-weißen Pudelmütze auf dem Kopf begeisterte er nicht nur die Münchner Offiziellen. Im VIP-Bereich unterschrieb der "Wetten, dass …?"-Moderator schließlich noch einen Mitgliedsantrag - allerdings ohne zu bezahlen. Präsident Fritz Scherer war jedoch gnädig: "Wir werden dem Herrn Kredit einräumen!"

Bundesliga fällt auf Journalisten rein

Geld benötigte auch der FC Schalke 04. Und man hatte tatsächlich eine Idee, wo man dieses auftreiben konnte. Es war eine ebenso simple wie gewinnversprechende Idee: Man wollte im Parkstadion vor den Spielen ein eigenes Wettbüro einrichten, zusammen mit der Nordwest-Lotto. Und die war begeistert, wie deren Sprecher erklärte: "Wenn man sieht, was in Schalke auf der Tribüne allein unter der Hand verzockt wird, kann man als Lottogesellschaft neidisch werden." Der Gewinn pro Partie wurde auf 75.000 Mark geschätzt. Bis kurz vor Spielbeginn sollten die Fans wie gewohnt auf eine Vielzahl von Möglichkeiten tippen können. Und direkt nach dem Spiel eventuelle Gewinne gleich realisieren.

Ein Magazin aus Österreich führte die Bundesliga vor. Mit einem Scheinangebot nahmen Journalisten des "Wiener", getarnt als Vertreter einer Sportagentur, Kontakt zu verschiedenen Trainern auf. KSC-Coach Winfried Schäfer zeigte sich sehr interessiert und gab zu verstehen, dass es überhaupt keine Probleme mit Karlsruhe gebe, da sein Verein eh vertragsbrüchig sei: "Ich habe einen Vertrag, in dem sind sechs Punkte fixiert. Mindestens vier davon sind nicht erfüllt." Ebenso freizügig soll Schäfer über das gängige Vergnügungsangebot für die Männer in Schwarz geredet haben: "Wenn etwa Schiedsrichter D. auf dem Lauterer Betzenberg pfeift, dann sitzen eben am Abend an der Hotelbar zwei Mädels neben ihm. Gut geführte Vereine wissen genau, wer auf welchen Typ steht, ob blond oder brünett. Und ob auf dem Bett ein oder zwei Kissen liegen müssen."

Auch Gladbachs Gerd vom Bruch soll auf die Journalisten reingefallen sein. Er wurde mit den Worten über den Weltmeister Lothar Matthäus zitiert: "Lothar ist kein Profi. Der trinkt zu viel und isst zu viel. Er hat keine Ausdauer, ist über den Zenit." Lothar reagiert sauer, aber auch gelassen: "Ich hätte nie so viel erreichen können, wenn ich nur gesoffen und gefressen hätte."

Quelle: ntv.de

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