Redelings Nachspielzeit

Redelings gratuliert Wolfgang Kleff Der Otto Waalkes der Bundesliga

Ein Super-Schnapper.

Ein Super-Schnapper.

Morgen wird Wolfgang Kleff 70. Unser Kolumnist würdigt einen großen Torhüter, wunderbaren Entertainer und einmaligen Menschen. Und erzählt zudem, warum Kleff wegen Sepp Maier seinen Hund einschläfern musste.

Wolfgang Kleff wurde nicht umsonst gerne und oft von seinen Fans "Otto" gerufen, denn nicht nur das Äußere erinnert stark an den Komiker aus Ostfriesland. Fast 15 Millionen Deutsche sahen 1985 den Bundesliga-Torwart als Friseur Herr Astrid in Waalkes erstem Kinostreifen: "Otto – der Film". Damals sagte Kleff den legendären Satz "Haar will atmen". Wenn die gegnerischen Schlachtenbummler im Chor "Kleff, du bist nervös" anstimmten, zitterte der Otto-Doppelgänger zur Belustigung aller mit Armen und Beinen.

Ben Redelings.

Ben Redelings.

Kleff hatte einen großen Traum: "Ich möchte einmal erleben, dass nicht nur die Besucher im Stadion "Otto, Otto" rufen, wenn ich einlaufe, sondern die Besucher einer Otto-Show "Wolfgang, Wolfgang", wenn er die Bühne betritt." Natürlich wäre Wolfgang Kleff auch ohne sein Aussehen ein Original der Bundesliga geworden. Doch dass er ausgerechnet dem Komiker Waalkes so sehr ähnelte, ist schon eine interessante Volte des Schicksals. Und Wolfgang Kleff machte seinem Ruf alle Ehre, auch wenn er selbst einmal über sich gesagt hat: "Den Zwang, lustig sein zu müssen, liebe ich nicht." Wahrscheinlich deshalb hat sein ansteckender Humor für viele Fans stets etwas spontan Fröhliches gehabt.

"Ein Tor würde dem Spiel gut tun"

Ben Redelings ist "Chronist des Fußballwahnsinns" (Manni Breuckmann) und leidenschaftlicher Anhänger des VfL Bochum. Der Autor, Filmemacher und Komödiant lebt in Bochum und pflegt sein Schatzkästchen mit Anekdoten. Seine kulturellen Abende "Scudetto" sind legendär. Für n-tv.de schreibt er stets dienstags die spannendsten und lustigsten Geschichten auf. Sein Motto ist sein größter Bucherfolg: "Ein Tor würde dem Spiel gut tun".

Herrlich ist seine Schilderung von einem Tor beim Spiel seiner Gladbacher in Köln im Jahre 1981. Die Partie endete damals vor 46.000 Zuschauern mit 3:0 für den FC, und dennoch hatte Wolfgang Kleff seinen Spaß: "Der Pierre Littbarski kommt von halbrechts. Ich geh' ein bisschen raus, gar nicht mal so weit, will den Winkel verkürzen. Der sieht das, geht unterm Ball und erwischt mich. Und der Ball fliegt, wirklich, lange Ecke. Als der unterwegs war, wusste ich schon, der geht rein. Da kannst du eine Leiter in der Tasche haben. Da habe ich dagestanden, der Ball war noch nicht drin – und habe geklatscht."

"Der läuft wie eine Frau!"

In Gladbach war er Mitglied einer sportlich überragenden Mannschaft. Auch das Zwischenmenschliche blieb nicht auf der Strecke. Der Tag, als Gladbachs Coach Hennes Weisweiler seinen frisch engagierten Fitnesstrainer Drygalski in der Kabine um eine Analyse des Spiels in Bremen bat, ist Kleff noch in bester Erinnerung. Drygalski antwortete damals leicht verschüchtert: "Die Laufarbeit war eher nicht ausreichend." Und? "Eines der beiden Tore war haltbar." Und? "Der Kleff läuft auf dem ganzen Fuß – wie eine Frau!" Später, auf der Heimfahrt, rief Weisweiler zur Belustigung des ganzen Teams quer durch den Bus: "Kleff! Wissen Sie, was der Drygalski sagt? Sie laufen wie ein Weib!"

Original und Fälschung.

Original und Fälschung.

(Foto: imago sportfotodienst)

Heute noch erzählt Kleff sehr gerne die Geschichte von seinem kongenialen Showpartner Sepp Maier. Der Bayern-Keeper soll einmal während eines laufenden Spiels zu Fans gesagt haben: "Ich musste meinen Hund einschläfern. Der hat immer, wenn ich ihn fragte, wer die Nummer eins in Deutschland ist, 'Kleff, kleff' gesagt.".

Der Weltmeister Frank Mill erinnert sich sehr gerne an seinen ehemaligen Mitspieler bei Borussia Mönchengladbach: "Mit Wolfgang Kleff hattest du immer was zu lachen. Eines Mittags ist er noch kurz bei der Boutique seiner Frau vorbeigefahren und hat sein Jackett ausgetauscht. Irgendwie meinte er, am Nachmittag müsste er etwas schicker aussehen. Nur hatte Kleff vergessen, dass er am Morgen noch auf der Geschäftsstelle seinen Gehaltsscheck abgeholt und in die Innentasche gesteckt hatte. Als er am nächsten Tag frühmorgens nervös den Laden betrat, strahlte ihn die Verkäuferin schon von Weitem an: 'Herr Kleff, Sie glauben es nicht. Aber das Jackett, das Sie gestern zurückgebracht haben, habe ich noch am gleichen Nachmittag verkauft.'"

Wie der Gehaltsscheck auf der Kippe landete

Mit Schecks hatte es der Gladbacher Torhüter offensichtlich nicht so, wie Frank Mill in einer anderen Geschichte schmunzelnd erzählt: "Der Kleff hat seine ganze Autogrammpost von der Geschäftsstelle immer hinten in den Kofferraum seines Autos geladen. Und eines Tages war die Kiste so dicht, dass er voller Verzweiflung zur nächsten Müllkippe gefahren ist, um die ganzen Briefe auf einen Streich zu entsorgen. Dummerweise hatte ihm die Dame von der Geschäftsstelle nicht gesagt, dass sie oben drauf einen Umschlag mit dem Gehaltsscheck gepackt hatte. Aber Kleff war es natürlich zu peinlich zu erzählen, wie der Brief weggekommen war."

Wolfgang Kleff wird 70.

Wolfgang Kleff wird 70.

(Foto: imago/Schwörer Pressefoto)

Ebenfalls ein wenig gedankenlos hat er sich nach seiner Zeit bei Borussia Mönchengladbach in Düsseldorf angestellt. Weil er Mitte der Saison 1983/84 unzufrieden mit einigen Dingen war, sprach er eines Tages den Reportern folgenden Satz in die Kameras: "Eher züchte ich Anthurien in Afrika, als noch ein weiteres Jahr in Düsseldorf zu bleiben."

Als es dann plötzlich besser lief und er doch gerne noch länger für die Fortuna spielen wollte, stellte sich das Düsseldorfer Präsidium quer. Und so kam es zu einer fulminanten Abschiedsshow von Kleff im letzten Spiel. Unter dem Vorwand einer Verletzung ließ er sich auswechseln und drehte dann fröhlich trabend eine Runde durchs Düsseldorfer Rheinstadion. Unterwegs entkleidete er sich Stück für Stück. Trikot, Stutzen, Schuhe und seine Handschuhe hatte er bereits ins Publikum geworfen, als Kleff vor der Haupttribüne beschwingt winkend ankam. Langsam stoppte der Torhüter, drehte sich zum Spielfeld, streckte die Beine durch, beugte den Oberkörper nach unten und zog in einem Rutsch seine Hose herunter. Kleffs nackter Hintern strahlte, leicht von links nach rechts wackelnd, dem erzürnten Fortuna-Präsidenten Bruno Recht mitten ins Gesicht. Des Torwarts trockener Kommentar im Anschluss: "Für die Fans gebe ich mein letztes Hemd, für manch andere nur meinen Arsch."

"Ich bin hier nur der Aushilfskellner"

Das Pech von Wolfgang Kleff wurde zum Glücksfall für den VfL Bochum. Mit 38 Jahren und nach einer längeren Pause half er dem VfL 1985 aus der Patsche. Weil in Bochum sämtliche Torhüter aus unterschiedlichsten Gründen ausfielen, sollte Kleff kurzfristig einspringen. Doch man war sich beim VfL nicht so sicher, ob der körperliche Zustand Kleffs einen sofortigen Einsatz erlauben würde. Der ehemalige Meisterkeeper verstand es jedoch, mit einem Satz alle Bedenken hinfortzuwischen: "Ich habe mich die ganze Zeit über mit Waldläufen durch die Düsseldorfer Altstadt fit gehalten." In Bochum angekommen, trainierte Kleff ("Ich bin hier nur der Aushilfskellner"), trotz seiner intensiven Läufe durch die Altstadt, erst einmal etwas bedächtiger. Seine humorvolle Begründung klang einleuchtend: "Mit Muskelkater kann ich mich so schlecht bücken."

TV-Kommentator Frank Buschmann fasste Kleffs Karriere einmal treffend zusammen, als er sagte: "Verhüten ist das Leben des Wolfgang Kleff. Früher als Torwart und heute für die Aids-Hilfe." Die Leute haben Kleff auf und abseits des Platzes geliebt. Das lag an seinen vielen schönen Sprüchen und seiner sympathischen Art: "Es waren immer die kleinen Gesten, die meinen Kontakt zu den Leuten ausmachten. Sich 90 Minuten zu konzentrieren, da tränen einem ja die Augen."

Wolfgang Kleff hätte ohne Weiteres für den berühmten Komiker aus Ostfriesland auf der Bühne stehen können – ohne, dass es jemand bemerkt hätte. Vielleicht hat er es sogar einmal getan und wir haben es nicht mitbekommen. Kleffs Sprüche bleiben in jedem Fall unvergessen: "Manchmal guck ich in den Spiegel und sage: Schön, dich zu sehen – wenn es schon kein anderer tut." Alles Gute und ein herzliches Glück auf zum 70. Geburtstag, lieber Wolfgang Kleff!

Das aktuelle Buch unseres Kolumnisten Ben Redelings: "Bundesliga-Album: Unvergessliche Sprüche, Fotos, Anekdoten" bei Amazon bestellen. Außerdem ist er gerade live mit seinen Programmen unterwegs: Informationen und Tickets zur Tour.

Quelle: ntv.de

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