
Die Spieler wechseln, die Klubs verändern sich, die Liebe zum Medizinball bleibt.
Felix Magath ist der neue Trainer von Hertha BSC. Was zunächst nicht wenige Fußballfans für einen Scherz hielten, stellte sich schnell als wahr heraus. Ob sich Fredi Bobic mit dieser Verpflichtung allerdings einen Gefallen getan hat, bleibt abzuwarten. Dass Magath aber in jedem Fall für Schlagzeilen sorgen wird, steht schon jetzt ganz sicher fest!
Verzweifelter Unglaube, irres Lachen oder einfach nur blankes Entsetzen! Die Internetgemeinde und die allermeisten Anhänger der Berliner haben die Verpflichtung von Felix Magath als neuen Trainer von Hertha BSC fast kollektiv mit viel Humor und wenig Verständnis aufgenommen. Die Reaktionen auf Magath können langjährige Bundesliga-Beobachter allerdings nicht wirklich überraschen. Umso mehr verblüffte nun der unerwartete Bobic-Schachzug. Hat sich der ehemalige Stürmer und heutige Hertha-Manager nicht tiefer mit der Biografie von Felix Magath beschäftigt - oder hat er sich gerade deshalb ganz bewusst für den gebürtigen Aschaffenburger entschieden? Man weiß es nicht genau. Was die Sache allerdings nicht wirklich besser macht.
Rückblick. Fangen wir mit einem bekannten Zitat von Bachirou Salou an. Der ehemalige Spieler des neuen Hertha-Trainers hat einmal über ihn gesagt: "Felix Magath ist der letzte Diktator Europas." Ein Satz, der gut zu Magaths beiden Spitznamen "Saddam" und "Quälix" passt. Das sind zwar griffige Marketingbegriffe, aber positiv besetzt sind sie nun leider nicht gerade.
Und genau deshalb hat sich Magath wohl auch einmal in die Hände einer Vermarktungsagentur begeben und siehe da: "IMG hat eine Analyse machen lassen, die besagt, dass ich sehr sympathisch, beliebt und sehr werbewirksam sei. Ich hoffe, dass das noch lange so bleibt." Ob die Sache mit der "Analyse" ein Scherz war? Auch das weiß man nicht genau. Die Ergebnisse dürften allerdings so manch alten Hasen - beim Blick auf die Vergangenheit - überrascht haben.
Oberschenkel verletzt? Käse!
Als Magath 2014 nach England ging, mag ihm aber noch der alte Ruf etwas stärker angehaftet haben als die neuen Marktforschungsergebnisse. Die Zeit beim FC Fulham erinnerte in der Außendarstellung sogar an finsterste Magath-Zeiten in der Bundesliga. Der "Daily Mirror" atmete mit seiner Leserschaft zusammen auf, als die "Terror-Herrschaft" des "Kontroll-Freaks" ("Sun") nach sieben Monaten endlich vorbei war. Die Zeitung berichtete sogar von ganz alten Geschichten aus der Mottenkiste, die Magath angeblich wieder zum Leben erweckt haben soll. Diesmal allerdings ganz ohne Teebeutel. Die Rede ist natürlich von der legendären Nummer, bei der Magath einen Spieler zu sich ins Büro bat, sich ihm gegenübersetzte, aber anschließend minutenlang mit ihm kein einziges Wort redete. Der frühere HSV-Meisterspieler bestreitet bis heute, dies je in seiner Karriere gemacht zu haben. Demzufolge also auch nicht beim FC Fulham.
Genüsslich griffen die deutschen Medien damals Berichte aus England auf, die besagten, dass Magath eine Oberschenkelverletzung seines Spielers Brede Hageland mit einem Stück Käse behandeln lassen wollte, anstatt den Anweisungen des Arztes zu folgen. Herrlich die Aussage, die man Magath im Zuge der Meldung unterjubelte: "Das ist Käse!" Magath stellte schnell klar, dass es sich um eine Entzündung im Knie gehandelt habe und er dem Spieler lediglich den Ratschlag gegeben habe, es mit dem "alten Hausrezept Quark" zu versuchen.
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Seinen bekanntesten Spitznamen ("Mit Quälix kriegt Bayern wieder dicke Eier", Max Merkel) hat sich Felix Magath in all den Jahren tatsächlich redlich verdient. Schon immer leitete er die Zeit der Vorbereitung mit markigen Sprüchen wie diesem ein: "Der Lake Michigan ist so groß, der drängt sich als Trainingsoption förmlich auf." Während der Übungslager folgten dann Einheiten zu nachtschlafender Zeit, Endlos-Läufe durchs Gelände ("Wenn die Spieler im Urlaub etwas getan haben, dann können wir uns in Dubai Waldläufe ersparen") und natürlich vielfältige Manöver am und mit Medizinball.
Bochumer Profis lachen über Scherz am Mikrofon
Als Felix Magath zur Saison 2009/10 zum FC Schalke 04 kam, eilte ihm sein Ruf schon voraus. Von "Quälix" erwarteten die Zuschauer gleich beim ersten Training das volle Programm. Als das irgendwie ausblieb und es eher nach einer ruhigen Übungseinheit aussah, beschwerte sich ein Trainingsplatzkiebitz lautstark: "Hömma, es hat noch kein Spieler gekotzt! Und wo sind überhaupt die Medizinbälle?" Magath reagierte gelassen und beruhigte den aufgebrachten Fan souverän: "Alles zu seiner Zeit. Das kriegen wir hier schon hin."
Das Thema Medizinball verfolgte Magath bei jeder seiner Stationen. Als er vom S04 zum VfL Wolfsburg zurückkehrte, erlaubte sich der Techniker beim Soundcheck im Presseraum vor der Vorstellung des neuen Trainers Magath einen gelungenen Scherz. Er hauchte lächelnd in das Mikrofon: "Eins, zwo, drei, eins, zwo, drei, Medizinball!"
Über den Scherz konnten auch die VfL-Profis lachen. Ein paar Tage später war aber bereits wieder Schluss mit lustig. Nach einer 0:3-Niederlage bei Bayern München hatte Magath höchstpersönlich die allermeisten Mineralwasserflaschen am Trainingsplatz ausgegossen. Als die Mannschaft nach einem Waldlauf zurückkam, gab es nicht für alle Spieler wie gewöhnlich eine eigene Flasche. Die Profis reagierten verdutzt. Magath zuckte gegenüber den Pressevertretern nur mit der Schulter und erklärte, es habe sich lediglich "um eine pädagogische Maßnahme gehandelt". Die Mannschaft solle lernen, zu teilen.
Kein Gelenkbus für die Schalker Mannschaft
Die einen Spieler akzeptierten das intensive Programm von Magath ("Wir verdienen so viel Geld, da können wir uns auch mal richtig auskotzen", Eintracht-Profi Ralf Weber), die anderen waren froh, wenn sie nicht dran teilnehmen mussten ("Ich war die ersten drei Wochen nicht da. Ich glaube, das war auch besser so", Roy Makaay). Der Zeugwart des VfB Stuttgart, Jochen Seitz, freute sich sogar richtig, als Magath bei den Schwaben anheuerte: "Es lohnt sich wieder, die Trainingsklamotten zu waschen, sie sind wieder nass." Und als er danach zu den Bayern wechselte, jubelte Boulevard-Kolumnist Max Merkel: "Nix mehr mit Zerrungen nachts in der Disco. Nix mehr mit Nasebohren am Mittelkreis. Jetzt wird wieder marschiert!"
Viel zu dem Unmut und Entsetzen über Magaths Verpflichtung nun in Berlin hat sicherlich seine Zeit auf Schalke beigetragen. Als es dort irgendwann nicht mehr so richtig lief, riet Udo Lattek allen Beteiligten zu folgender Maßnahme: "Felix Magath und Clemens Tönnies sollten eine halbe Stunde in einen Raum gehen, das Licht ausmachen und sich gegenseitig aufs Maul hauen. Dann wäre das Thema durch." Das war es dann auch - aber anders als vorgeschlagen. Uli Hoeneß erinnert sich: "Als der Clemens Tönnies Magath in Schalke entlassen hat, sagte er zu ihm: Wenn Sie so weitermachen mit ihrem Kader mit 45 Mann, dann brauchen wir für die Mannschaft einen Gelenkbus. Da entlasse ich Sie lieber!"
Wie und wieso auch immer Fredi Bobic nun auf die Idee gekommen sein mag, Felix Magath für das Berliner Kurzzeit-Abenteuer Klassenerhalt zu verpflichten, weiß man nicht. Eine Sache steht jedoch jetzt schon fest: Diese Wochen gehen ganz sicher in das kollektive Bundesliga-Gedächtnis ein. Ob man sich dann später allerdings einmal anders an Felix Magath als Trainer erinnern mag, bleibt noch abzuwarten.
Quelle: ntv.de