
Hoeneß und Beckenbauer - zwei Lautsprecher.
(Foto: imago images / Sven Simon)
Eigentlich sollte der langjährige Macher des FC Bayern München, Uli Hoeneß, es besser wissen. Trotzdem erklärt er, dass er die Meisterschaft in dieser Saison "zusagen" könne. Ein abenteuerliches Versprechen - das fatal an eine andere vollmundige Aussage im deutschen Fußball erinnert.
"Wir sind jetzt die Nummer eins in der Welt, wir sind schon lange die Nummer eins in Europa. Jetzt kommen die Spieler aus Ostdeutschland noch dazu. Ich glaube, dass die deutsche Mannschaft über Jahre hinaus nicht zu besiegen sein wird. Das tut mir leid für den Rest der Welt, aber wir werden für die nächsten Jahre nicht zu besiegen sein." Als Franz Beckenbauer direkt in der Pressekonferenz nach dem Titelgewinn 1990 in Italien mit der deutschen Fußball-Nationalmannschaft diese vollmundigen Sätze sagte, hat ihm wahrscheinlich niemand widersprechen wollen. Es war die Euphorie und das Adrenalin nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft, die diese legendäre Ankündigung aus dem "Kaiser" förmlich fließen ließ. Sein Nachfolger Berti Vogts hatte anschließend allerdings über Jahre hinweg an diesen Sätzen zu knabbern. Verständlicherweise.
Nun hat vor einigen Tagen der Aufsichtsrat des FC Bayern München, Uli Hoeneß, ebenfalls einen Satz gesagt, der für Furore gesorgt hat und - so viel kann man jetzt schon festhalten - genauso in die Geschichtsbücher des deutschen Fußballs eingehen wird: "Was ich zusagen kann, ist die deutsche Meisterschaft!" Ein Satz, der im Kern vor allem durch die abenteuerliche Wortwahl - "zusagen kann" - auf Dauer hängen bleiben wird. Denn wie der Aufsichtsrat eines Bundesligisten etwas fest zusichern kann, was durch so viele Unwägbarkeiten beeinflusst wird, erschließt sich auch dem naivsten Bundesliga-Beobachter nicht einmal auf den zweiten Blick. Genauer betrachtet wirft dieses vollmundige Versprechen sogar einen irritierenden Schatten auf den langjährigen Bayern-Macher.
"Das ist Uli, wir kennen ihn"
Denn auch wenn man es aus der Vergangenheit gewohnt ist, dass Uli Hoeneß gerne einmal die "Abteilung Attacke" beim Rekordmeister bedient, erscheint die Art und Weise seiner Titel-"Zusage" doch äußerst fragwürdig. Selbst dann, wenn er beim Blick auf die Tabelle und aller Wahrscheinlichkeit auch beim Blick auf die internen Abläufe und die interne Stimmungslage recht hat, wenn er sagt: "Wir stehen zum heutigen Zeitpunkt wunderbar da. Wir sind Tabellenführer. Und unsere einzigen richtigen Konkurrenten Bayer Leverkusen und RB Leipzig liegen weit hinter uns."
Und so meinte auch der ehemalige Bayern-Spieler und heutige Trainer des aktuellen Meisters Bayer Leverkusen, Xabi Alonso, mit einem vielsagenden Lächeln auf den Lippen: "Das ist Uli, wir kennen ihn. Er hat viel Erfahrung und war schon oft in dieser Situation." Und auch Bayern-Sportchef Max Eberl kennt den früheren Manager des Rekordmeisters schon lange und versucht gleich, "den Wunsch und Traum von Uli" zu relativieren - was ihm allerdings, wenn man genauer hinhört, nur halb gelingt: "Uli ist im Aufsichtsrat. Uli hat diesen Verein groß gemacht. Der darf sich zurücklehnen und kann uns den Druck machen, dass wir erfolgreich sein sollen."
Denn es ist genau dieser "Druck", den Eberl anspricht, der zu diesem Zeitpunkt völlig unnötig medial durch die Meister-"Zusage" von Uli Hoeneß aufgebaut wird. Denn natürlich gibt es aktuell nicht den Hauch eines Zweifels, dass der FC Bayern München nach dem "Ausrutscher" des letzten Jahres in dieser Saison die Meisterschale wieder an die Säbener Straße holt. Die Bayern stehen, wie Hoeneß es sagt, tatsächlich momentan "wunderbar" da. Und gerade deshalb verwundert die vollmundige Aussage des Aufsichtsrats so sehr. Denn Xabi Alonso fügte seinem Satz zu Hoeneß noch einen kleinen, nicht beendeten Nachsatz hinzu: "Sie können optimistisch sein, aber ..." Weltmeister-Trainer Sepp Herberger hat einmal gesagt: "Die Leute gehen zum Fußball, weil sie nicht wissen, wie es ausgeht." Uli Hoeneß anscheinend schon!
Worte können FC Bayern nachhaltig einholen
Doch es gibt noch etwas anderes, das den Satz von Hoeneß so gefährlich macht: Der 72-Jährige steht nicht nur "nicht auf dem Platz", wie Torwart Manuel Neuer süffisant meinte, Uli Hoeneß ist auch nicht mehr Teil des Tagesgeschäfts beim Rekordmeister. Eine Tatsache, die dem langjährigen großen Macher des FC Bayern wohl immer noch zu schaffen macht - und die Autorität der handelnden Personen nachhaltig schwächt. Denn Max Eberl meinte als Erstreaktion auf die Hoeneß' Sätze äußerst zutreffend und betont gelassen: "Ja, ich bin aufgewacht und hätte es mir auch gewünscht, dass es sicher ist, aber es ist nicht sicher. Wir müssen jedes Spiel dafür gewinnen und müssen die Siege einfahren, damit wir dann den Wunsch und Traum von Uli realisieren - das ist übrigens nicht nur Ulis Traum, es ist unser aller Traum, Meister zu werden."
Franz Beckenbauer hat sich damals zu diesen legendären Sätzen nach dem Titelgewinn 1990 hinreißen lassen. Und auch Uli Hoeneß wird in der Live-Situation des Forums in Zürich verbal wohl etwas über das Ziel mit seiner "Zusage" hinausgeschossen sein. Das Problem ist nur, genau wie bei Beckenbauer: Die Worte sind nun in der Welt! Und werden zu gegebener Zeit immer wieder hervorgeholt werden. In diese Falle ist Uli Hoeneß getapst. Für ihn selbst und die Bayern kann man nur hoffen, dass die sportlichen Erfolge langsam Gras über die Sache wachsen lassen. Denn ansonsten werden diese Sätze die Bayern noch nachhaltig einholen. Genau wie damals Berti Vogts.
Quelle: ntv.de