
Felix Zwayer zog Kritik auf sich.
(Foto: IMAGO/Susanne Hübner)
Bei der Bundesliga-Partie des VfL Bochum in Kiel sorgt Felix Zwayer zum wiederholten Mal mit fragwürdigen Entscheidungen für Aufmerksamkeit. In der Tat ist die Anhäufung von kritischen Situationen in der Karriere des Schiedsrichters auffällig - und führt zu einem fortschreitenden Akzeptanzproblem.
Das Schalker Maskottchen hatte im April 2017 die Nase gestrichen voll. Gerade erst hatte Schiri Felix Zwayer das Derby der Königsblauen gegen den BVB mit einem schrillen Pfiff beendet, da stürmte "Erwin" auf das Feld, drängte sich an einigen Spielern vorbei und hielt dem erstaunten Schiedsrichter eine rote Karte vor die Nase. Eine Szene, die für Aufsehen sorgte - weil sie so schön in einem Bild festhielt, was die Schalker Fans und Offiziellen nach der Partie über die Leistung des Schiedsrichters damals dachten.
Und so durfte auch nicht verwundern, dass Schalkes damaliger Stürmer Guido Burgstaller nach der Begegnung nur schwer zu beruhigen war: "Ich will jetzt nicht alles auf den Schiedsrichter schieben. Aber es ist nicht das erste Derby mit krassen Fehlentscheidungen, das er bei mir gepfiffen hat. Von dem her kenne ich das."
Gestern nun war Kiels Lewis Holtby nach dem Spiel gegen den VfL Bochum und nach einigen strittigen Entscheidungen des Schiedsrichters Felix Zwayer kaum mehr zu beruhigen. Höhepunkt von Holtbys Kritik war sein eigener, aberkannter Treffer zum vermeintlichen 3:2, als der Kieler viele Sekunden vor dem Tor den Bochumer Tom Krauß mit seiner Hand im Gesicht erwischt hatte.
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"Wenn das ein Foul ist ..."
Kurios an der Szene war vor allem, wie krass unterschiedlich (live und als VAR-Bild) Zwayer den Zweikampf zwischen Holtby und Krauß offensichtlich wahrgenommen hatte. Denn auch nach Ansicht der TV-Bilder war das vermeintliche Vergehen von Lewis Holtby ("Wenn das ein Foul ist, dann ist das ein Skandal. Mal ehrlich") nicht so eindeutig, dass es zwingend zu einem Aberkennen des Tores hätte führen müssen.
Doch tatsächlich war diese Situation über die neunzig Minuten nicht die einzige Szene, die bei den Fanlagern und Offiziellen der beiden Klubs für Aufregung sorgte. Eine nachvollziehbare Linie in seinen Entscheidungen war bei Zwayer über die komplette Partie nicht ersichtlich. So hätte der Schiedsrichter aus Berlin beispielsweise nach dem Handelfmeter für Kiel gleich in der zweiten Minute der Begegnung in der Folge auch in strittigen Handspiel-Situationen für den VfL Bochum auf den Punkt zeigen können. Das tat er allerdings nicht. Und auch bei weiteren Szenen und vermeintlich kleinen Entscheidungen sah er nicht immer glücklich aus - sehr zum Unwillen beider Fanlager.
"Meine ich gar nicht persönlich"
Die vielen kritischen Stimmen von Anhängern sowohl von Holstein Kiel als auch des VfL Bochum nach der Partie können deshalb auch nicht überraschen. Verwunderlich ist allerdings, dass sich die Fans beider Klubs in ihrer grundsätzlichen Kritik an der Leistung des Schiedsrichters einig waren.
Und auch, wenn der DFB und Felix Zwayer das Problem liebend gerne schweigend aus der Welt schaffen würden, immer wieder erinnern die Fans in ihrer Unmutsäußerungen auch an die Wettskandal-Geschichte aus dem Jahr 2005. So ungerecht das Erinnern an eine Sache von vor zwanzig Jahren auch sein mag, eins steht fest: Die Geschichte wird Felix Zwayer direkt wie indirekt bis an das Ende seiner Schiedsrichter-Laufbahn begleiten - und den Alltag als Schiri in der Bundesliga und auf internationalen Plätzen nicht erleichtern.
"Kann sein, dass ich mittlerweile vielleicht eine Aversion gegen den habe, das meine ich auch gar nicht persönlich", hat Borussia Mönchengladbachs Sportchef Roland Virkus erst vor wenigen Wochen nach einem Spiel gegen den FC Bayern München gesagt. Und so kann man sich leider des Eindrucks nicht verwehren, dass sich der zweifelhafte Ruf von Felix Zwayer, wenn man einmal die Historie des Schiris der letzten Jahre genauer studiert, verfestigt hat.
Bürde für Zwayer?
Die Befürworter des Schiedsrichters sehen dies naturgemäß anders und führen als Untermauerung ihrer These beispielsweise die Auszeichnung der "International Federation of Football History & Statistics" an, bei der Felix Zwayer auf den sechsten Platz für den besten Schiedsrichter des Jahres 2024 gewählt wurde. Allerdings muss man sagen, dass dort ein gewisser Anthony Taylor aus Englandnur zwei Plätze hinter Zwayer auf Platz 8 landete.
Insgesamt scheint es so, dass die immer wieder auftauchende, teils sehr heftig geäußerte Kritik (wie damals bei Jude Bellingham) mittlerweile zu einem echten und nachhaltigen Akzeptanzproblem des Schiedsrichters Felix Zwayers gesorgt hat. Mit dieser Bürde wird der Schiri aus Berlin weiterhin leben und auf dem Platz umgehen müssen. Das ist erst einmal (nur) sein persönliches Problem.
Allerdings sollten der DFB und die DFL auch die Sicht der Fans und Vereine verstehen. Im Profifußball geht es um viel. Und da sollten am Ende immer die Personen ein Spiel leiten, die fachlich und auch menschlich dafür am besten geeignet sind. Gibt es auch nur die leisesten Zweifel an dieser Befähigung, dann wird es schwierig. Und je länger sich solche Zweifel halten, desto komplizierter wird die Lage.
Quelle: ntv.de