Fußball-WM 2018

Cooles Kolumbien El Bandido löst El Pibe ab

imago_sp_062900400025_16737951.jpg8971353225356053597.jpg

(Foto: imago/Xinhua)

James Rodríguez hat Kolumbien zum ersten Mal ins Viertelfinale einer Fußball-WM geschossen. Der 22-jährige Spielmacher prägt bislang das Turnier und stellt die Superstars des Weltfußballs in den Schatten. Nun kommt es zum Duell mit seinem brasilianischen Pendant Neymar.

Für José Pekerman existiert das Sommermärchen nicht. Er machte es einfach wieder. Fünf Minuten waren noch zu spielen, da wechselte der argentinische Trainer. Hinaus ging sein Bester, wenige Minuten zuvor hatte er bereits den zweiten überragenden Spieler ausgewechselt. Es erinnerte an die WM 2006 in Deutschland, als Pekerman im Viertelfinale gegen Deutschland bei einer knappen 1:0-Führung nacheinander seinen Spielmacher Juan Roman Riquelme und Stürmerstar Hernán Crespo auswechselte. Der Ausgang ist bekannt: Deutschland glich spät aus und gewann im Elfmeterschießen.

An all das schien Pekerman am Samstag im Maracanã nicht mehr zu denken. Also verließ zunächst der emsige Antreiber Juan Cuadrado und dann der alles überragende James Rodríguez unter großem Applaus das Feld. Es ging gut.

Kolumbien führte gegen Uruguay bereits mit zwei Toren von Rodríguez und in der Schlussphase verließ sich die Hintermannschaft zu Recht auf ihren Torhüter David Ospina, der gleich mehrfach den Sieg über die Zeit rettete. "Wir blieben immer ruhig und haben das Spiel kontrolliert", fand Pekerman nach dem Sieg, mit dem sich Kolumbien zum ersten Mal für das Viertelfinale einer Fußball-WM qualifiziert hat. Noch im Spielertunnel umarmte er jeden seiner Spieler innig, den noch 22-jährigen Rodríguez nahm er sich kurz zur Seite.

James Rodríguez, "El Bandido"

"Er ist essentiell, fundamental für unser Spiel", sagte Pekerman über den Jungstar, der dem neureichen AS Monaco bereits vor einem Jahr 45 Millionen Euro wert war, und betonte, dass er bereits vor dem Turnier überzeugt war, "dass es seine Weltmeisterschaft werden wird". Sie ist es. Gegen Uruguay beraubt Rodríguez, wegen seines Kurznamen 'James' auch nur 'El Bandido' genannt, dem Gegner seiner Taktik. Fast eine halbe Stunde hielt der Defensivverbund, auf den Uruguays Trainer Oscar Tabárez vertraute. "Wir müssen so spielen, den Gegner limitieren und dann unsere Stärken ausspielen."

Das Problem war, dass Uruguay ohne den gesperrten Luis Suárez keine Stärken hatte. "Wir hatten es trotzdem gut unter Kontrolle, aber eine hundertprozentige Einzelaktion hat die Partie entschieden", sprach er Rodríguez’ sensationellem Kunstschuss aus zwanzig Metern. Und damit hatte Tabárez Recht. "Besonders ist, dass er in seinem jungen Alter kein Problem damit hat, Verantwortung zu übernehmen, er hat alles, was man braucht", lobte dann auch Pekerman.

Als Uruguay gerade nach der Halbzeitpause offensiver werden wollte, konterte Kolumbien mit dem schönsten Angriff der Partie, wobei am Ende wieder Rodríguez stand und bereits seinen fünften Turniertreffer markierte. "Er ist der beste Spieler bei diesem Turnier", lobte Tabárez den vielseitigen Rodríguez, der bei seinen Treffern seine ganze Vielseitigkeit demonstrierte und fulminant wie gefühlvoll mit links, rechts und per Kopf traf.

Im Olymp der Messis und Neymars

Von Carlos 'El Pibe' Valderrama, der bislang weithin als bester kolumbianischer Fußballer aller Zeiten angesehen wurde und den Abend als Experte im Maracana verbrachte, war da schon gar nicht mehr die Rede. Auch Radamel Falcao, der nach einem Kreuzbandriss fehlende Topstürmer der 'Los Cafeteros', wurde komplett vergessen. Es fielen nur noch die Namen Lionel Messi und Neymar.

"Und am Ende fanden wir einen Torhüter, der noch zwei, drei hervorragende Paraden gezeigt hat." Irgendwann nach der dritten riesigen Parade von Ospina gab die Celeste auf. Vorher gab es noch gepfeffertes Einsteigen an der Auslinie sowie mehrfach intensiveren Austausch mit Kolumbiens Kapitän Mario Yepes. Auch auf den Tribünen des Maracanã, die zum Großteil in Gelb gehüllt waren, mussten die Ordnungskräfte einige Reibereien zwischen den Fanlagern auflösen.

Im Viertelfinale wird das etwas schwieriger. Denn gegen Brasilien wird am Freitag in Fortaleza auf den ersten Blick kaum auszumachen sein, ob es sich um brasilianische oder kolumbianische Fans handelt. Das Publikum wird zu einem gelben Ring verschmelzen. "Es wird ein tolles Match, wir haben keinen Druck", sagte James Rodríguez. Für Brasilien war das keine gute Nachricht, an dem Tag, an dem die Seleção gegen Chile nur knapp das vorzeitige Ende der Weltmeisterschaft verhindern konnte.

Denn im Gegensatz zu Uruguay hat Kolumbien den Ausfall seines Stürmers kompensiert. Lediglich die Abwehr wirkte in der Schlussphase, den formidablen Torhüter Ospina ausgenommen, durchaus anfällig. Aber dass es ein mitreißendes Spiel wird, dafür soll und wird auch James Rodríguez sorgen. Es wäre sein nächster Coup. So ihn denn Pekerman nicht wieder kurz vor Schluss bei einer knappen Führung vom Platz nimmt. Vielleicht sollte er sich doch noch einmal an das Sommermärchen erinnern.

Quelle: ntv.de

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