Verweile doch, es ist so schön Löw hat gerade erst angefangen
14.07.2014, 19:10 Uhr
Oben - aber es geht noch höher: Joachim Löw.
(Foto: AP)
Sicher, die Entscheidung liegt bei Joachim Löw selbst - aber sportlich gesehen muss er Bundestrainer bleiben. Er hat ein Team gebaut, das noch mindestens einen Titel in sich trägt. Mit dem EM-Titel könnte er sich zum erfolgreichsten Trainer der DFB-Geschichte krönen.
DFB-Pokal-Sieger und Österreichischer Meister. Das waren bis gestern Joachims Löws größte Erfolge als Trainer. Nun ist er Weltmeister. So wie Sepp Herberger, wie Helmut Schön, wie Franz Beckenbauer. Mehr geht nicht. Oder doch, halt. Es geht noch mehr. Wenn Löw will. Doch nach dem Triumph im "Dramaracana" herrscht Unklarheit, ob er seinen Vertrag beim DFB erfüllt. Sportlich gesehen gibt es aber kein Argument für einen Rücktritt. Im Gegenteil.
Löw sagte gestern, der WM-Titel sei "ein Produkt von vielen Jahren". Von zehn Jahren, genauer gesagt, in denen er zunächst als Co-Trainer von Jürgen Klinsmann und dann allein die Nationalmannschaft wieder an die Weltspitze zurückführte. Die Reise verlief nicht ohne Pannen. Löws Elf unterlag zweimal den dominanten Spaniern, 2008 im EM-Finale und 2010 im WM-Halbfinale. Das völlig vergeigte EM-Halbfinale 2012 weckte sogar ernsthafte Zweifel an seinen Fähigkeiten.
Löw meinte gestern also auch sich selbst, als er sagte: "Wir wussten genau, dass Champions irgendwann diesen letzten Schritt machen, die Sache zu Ende bringen." Den letzten Teilsatz könnte man auch deuten als: Die Sache ist für mich durch. Das wäre eine weise Entscheidung, werden manche sagen: Ganz oben abzutreten. Andererseits, was macht ein König nach der Krönung? Er regiert.
Noch Einiges in der Hinterhand
Ein weiteres beliebtes Argument für einen Rücktritt: Es brauche einen frischen Ansatz. Nach dem Weltmeistertitel 1990 übergab Franz Beckenbauer eine Mannschaft, die er für "auf Jahre hin unschlagbar" hielt, an Berti Vogts. Der verlor bei der Europameisterschaft 1992 im Finale gegen Dänemark.
Löws nächstes Ziel hieße Europameisterschaft 2016 in Frankreich. Deutschland wird mit ziemlicher Sicherheit als Topfavorit ins Turnier gehen. Denn Löw hat mehr geschaffen als nur einen Weltmeister, nämlich eine Mannschaft mit Perspektive. Bis auf Miroslav Klose können alle WM-Spieler noch locker ein großes Turnier spielen.
Bei der WM musste Löw sogar einige Topspieler zuhause lassen. Marco Reus, den überragenden Mann der vergangenen Saison. Ilkay Gündogan, den viele vor seiner Verletzung schon vor Bastian Schweinsteiger gesehen haben. Und Mario Gomez, der, nur zur Erinnerung, ein fantastischer Stürmer sein kann.
Läuft alles nach Plan, kann ein unumstrittener Löw eine Mannschaft aus gestandenen, aber nicht überalteterten Weltmeistern und hungrigen Stars nach Frankreich führen. Und dort zum erfolgreichsten Bundestrainer aller Zeiten werden. Das klingt doch nach einer Herausforderung. Und gar nicht mal so unrealistisch.
Quelle: ntv.de