Fußball-WM 2018

"Sie gewinnen es wahrscheinlich" Sogar Zlatan schwärmt von den Schweden

Blaugelber Jubel nach dem 3:0 gegen Mexiko.

Blaugelber Jubel nach dem 3:0 gegen Mexiko.

(Foto: AP)

Schweden zählte nicht zu den heißen Kandidaten auf das Fußball-WM-Achtelfinale. Doch nun haben die Tre Kronors in der Deutschland-Gruppe sogar Platz eins belegt. Und das Team von Trainer Janne Andersson will mehr.

Der Fußball hält die Schweden in Bann. Der Einzug ins WM-Achtelfinale sorgt für Jubel im größten skandinavischen Land, in dem eigentlich Eishockey die populärste Sportart ist. 3:0 im letzten Gruppenspiel gegen die Mexikaner - das war nach der schmerzhaften 1:2-Niederlage gegen Deutschland nicht unbedingt erwartet worden. Aber die Blaugelben bestanden ihren Elchtest und erhoben sich wieder. Der Lohn: Sie haben ihr Minimalziel bereits erreicht. Und das sogar als Sieger der Gruppe F. Nicht sie fuhren nach Hause, sondern der zuvor hoch gehandelten Weltmeister von der anderen Seite der Ostsee.

Public Viewing auf dem Norra Bantorget in Stockholm.

Public Viewing auf dem Norra Bantorget in Stockholm.

(Foto: REUTERS)

Eigentlich sind die Schweden ein eher ruhiger Menschenschlag. Das Spucken großer Töne ist nicht ihre Sache, sieht man einmal vom langjährigen Lautsprecher Zlatan Ibrahimovic ab, der nicht auf dem Spielfeld steht. Aber mit der Zurückhaltung ist es vor der Achtelfinalpartie gegen die Schweiz am Dienstag (16.00 Uhr/ARD/n-tv.de Liveticker) vorbei. "Wir sind immer noch hungrig", sagte Albin Ekdal, der vor der WM mit dem Hamburger SV aus der Bundesliga abgestiegen ist, nach dem klaren Sieg gegen Mexiko: "Wir haben Deutschland fast geschlagen, wir haben Mexiko geschlagen, die gegen Deutschland gewonnen haben. Ich sehe keinen Grund, weshalb wir nicht weiterkommen sollten. Mit etwas Glück und unserer verdammten Stärke ist das Ziel, dass wir das nächste Spiel gewinnen, und das danach auch."

Großes Selbstbewusstsein

Trainer Janne Andersson hat ein schlagkräftiges Team zusammengestellt.

Trainer Janne Andersson hat ein schlagkräftiges Team zusammengestellt.

(Foto: imago/Agencia EFE)

Auch Stürmer Marcus Berg, der früher beim HSV eher ein Schattendasein führte und nun beim al Ain Club in den Vereinigten Arabischen Emiraten seine Brötchen verdient, gibt sich optimistisch: "Wir haben uns gegen den Weltmeister durchgesetzt, wir machen jetzt einfach weiter. Der Einzug in die nächste Runde war nur ein erster Schritt", prophezeite er. "Die Erwartungshaltungen steigen jetzt, auch bei mir persönlich. Wir haben gezeigt, zu was wir fähig sind. Jetzt gibt es keine Hindernisse mehr, nur noch Möglichkeiten." Mehr Selbstbewusstsein geht wirklich nicht.

Es war schon eine bemerkenswerte Reaktion, die die Schweden nach der Last-Minute-Niederlage gegen Deutschland gezeigt haben. Denn schließlich hatten sie nicht nur ein Spiel auf brutale Art verloren, auch einer ihrer Spieler war angefeindet worden. Jimmy Durmaz, der mit seinem Foul an Timo Werner für den Freistoß, der zum 2:1 durch Toni Kroos geführt hatte, wurde in den sogenannten sozialen Medien auf übelste Weise beleidigt. Die Mannschaft drehte ein Video mit dem Titel "Fuck Racism". Sogar Ministerpräsident Stefan Löfven schaltete sich ein und nannte die Beleidigungen gegen den 29-jährigen Durmaz, dessen Eltern aus der Türkei stammen, "erbärmlich".

"Wir hoffen auf eine Wallfahrt"

Es stimmt in der Mannschaft: Andreas Granqvist herzt Marcus Berg.

Es stimmt in der Mannschaft: Andreas Granqvist herzt Marcus Berg.

(Foto: imago/Bildbyran)

Nun sieht es für die Tre Kronors, die über die Relegation gegen Italien in die WM-Endrunde gekommen sind, gar nicht so schlecht aus. Denn schließlich erarbeitete sich das Team von Trainer Janne Andersson die Startberechtigung für die vermeintlich leichtere Hälfte des Turnierbaums. Aber auch wirklich nur vermeintlich, denn nach einem etwaigen Sieg gegen die starken Schweizer würde im Viertelfinale der Sieger aus der Partie England gegen Kolumbien warten. Schwedens Sportdirektor Lars Richt widerspricht auch vehement der Ansicht, sein Team habe es auf die leichtere Seite des Spielplans geschafft. "Nein, das sehe ich nicht so. Die Teams, die es ins Achtelfinale geschafft haben, sind alle gut. Ich denke nicht, dass eine Hälfte einfacher ist als die andere."

Der Gruppensieg bringt es allerdings mit sich, dass die Schweden ihr Achtelfinalspiel gegen die Eidgenossen in Sankt Petersburg austragen können. "Wir hoffen auf eine Wallfahrt. Es ist nah an Schweden und gut angebunden", sagt Stürmer Ola Toivonen der Zeitung "Aftonbladet". Von Stockholm beträgt die Flugzeit nach St. Petersburg nur knapp eineinhalb Stunden, daher erwartet das Team viele Fans in gelben Trikots auf den Tribünen.

Aber die Hauptaufgabe müssen nun mal die Kicker auf dem Platz verrichten. Das Schweden-Team ist bei seinem ersten großen Turnier in der Nach-Zlatan-Ära gut aufgestellt. Sein Spiel ist nicht mehr ausschließlich auf Ibrahimovic aufgerichtet und dadurch weniger ausrechenbar. Der seit 2016 amtierende Trainer Andersson hat eine gute personelle Mischung ohne ganz große Stars gefunden. So ist der bei RB Leipzig unter Vertrag stehende Emil Forsberg der Dreh- und Angelpunkt des schwedischen Umkehrspiels. Ihm zur Seite stehen der bislang überzeugende Viktor Claesson vom FK Krasnodar sowie Sebastian Larsson (Hull City).

Starke Abwehrreihe

Nicht auf dem Platz, dafür aber medial präsent: Zlatan Ibrahimovic.

Nicht auf dem Platz, dafür aber medial präsent: Zlatan Ibrahimovic.

(Foto: imago/PA Images)

Im Sturm ist der 31-jährige Berg, der seine Treffsicherheit wiedergewonnen hat, eine feste Bank. Lässt Andersson mit zwei Angreifern spielen, ist Ola Toivonen an der Seite des U21-Europameisters von 2009. Der Mann vom FC Toulouse erzielte auch den schwedischen Treffer gegen Deutschland.

Das schwedische Prunkstück ist aber die Abwehrreihe. In der Innenverteidigung ist der 33 Jahre alte Mannschaftskapitän Andreas Granqvist, der wie Claesson in Russland beim FK Krasnodor spielt, genauso gesetzt wie der zehn Jahre jüngere Victor Lindelöf von Manchester United. Links hinten steht mit Ludwig Augustinsson ein bekanntes Gesicht aus der Bundesliga. Der bei Werder Bremen spielende 24-Jährige sorgt mit seinen Vorstößen immer wieder für Gefahr und erzielte gegen Mexiko auch den wichtigen Führungstreffer. Für die rechte Seite ist der 31-jährige Mikael Lustig zuständig, der seit 2012 beim schottischen Serienmeister Celtic Glasgow unter Vertrag steht.

Hinter ihrer gut funktionierenden Abwehrreihe haben die Schweden mit Robin Olsson (FC Kopenhagen) einen sicheren Rückhalt im Tor. Der 31-Jährige hat alle Qualifikationsspiele zur WM in Russland absolviert.

Ibrahimovic nölt erst rum und ist nun euphorisch

Nicht aus der Ruhe bringen lassen sich die schwedischen Verantwortlichen von den Ibrahimovic-Kommentaren. Der Altstar hält nun sogar einen WM-Triumph der Andersson-Mannschaft für möglich. "Ich habe vor der WM gesagt, sie kommen weit und werden es wahrscheinlich gewinnen", sagte der 36-Jährige, der bei LA Galaxy seine Karriere austrudeln lässt, in einem Video-Interview amerikanischer Medien. "Ich bin glücklich und stolz, Schwede zu sein. Ich fahre mit einer schwedischen Fahne herum", sagte er. Es ist das erste Mal seit Beginn des Turniers, dass sich der für die WM nicht berücksichtigte Fußball-Star positiv über Schwedens Auftritt in Russland äußert. Bislang hatte er stets gegen das schwedische Team gestichelt und geäußert, dass er selbst es "offensichtlich deutlich besser kann als sie alle".

Fakt ist, dass die Schweden ohne Ibrahimovic bei einer Weltmeisterschaft erfolgreicher abschneiden könnten. Gelingt ein Sieg gegen die Schweiz, wäre es der größte Erfolg seit dem dritten Platz bei der WM 1994 in den USA. Auch bei der WM 2006 in Deutschland standen die Schweden im Achtelfinale - mit Ibrahimovic. Allerdings verhinderte ein 20-Jähriger in München mit zwei Toren den Einzug der Skandinavier in die Runde der letzten Acht. Sein Name ist Lukas Podolski.

Quelle: ntv.de

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