Fußball-WM 2018

Harakiri bei der WM gegen Ghana Was die DFB-Elf dringend lernen muss

Ist Philipp Lahm nicht doch als rechter Außenverteidiger im Moment wertvoller für das Team?

Ist Philipp Lahm nicht doch als rechter Außenverteidiger im Moment wertvoller für das Team?

(Foto: dpa)

Das Spiel der deutschen Fußballer gegen Ghana war ein Fußballfest. Bundestrainer Löw aber muss gelitten haben. Wieder sieht er, wie sich sein Team von einem Gegentor völlig aus dem Konzept bringen lässt. Seine Elf muss daraus dringend lernen. Endlich.

Das Harakiri gegen Ghana in der Hitze von Fortaleza hat Fragen hinterlassen, die die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei dieser WM in Brasilien beantworten wird - so oder so. Neben der Diskussion um das Spielsystem und die Form einzelner Spieler, wird entscheidend sein, ob sie es endlich lernt, angemessen auf Rückschläge zu reagieren. Die Antwort weiß mutmaßlich nicht einmal der Bundestrainer. Aber eines weiß Joachim Löw: Wenn nicht, fliegt dieses Team nicht als Weltmeister zurück in die Heimat.

Nun ist ein Unentschieden gegen Ghana in der Vorrunde eines großen Turniers kein Unglück. Zumal die Aussichten gut sind. Am Donnerstag reicht der DFB-Elf in Recife gegen die USA schon ein Remis, um als Sieger der Gruppe G ins Achtelfinale einzuziehen. Dort ginge es dann gegen eine Mannschaft aus der Gruppe H, also gegen Südkorea, Russland oder Algerien, vielleicht auch gegen Belgien. Klingt machbar, ist es auch.

Aber der kollektive Kontrollverlust in der zweiten Halbzeit, als die DFB-Elf nach dem 1:1 der Ghanaer jegliche taktische Ordnung aufgab und flugs den zweiten Treffer kassierte, ist ein Warnsignal, das niemand übersehen kann. Für die Zuschauer im Estadio Castelão und vor den Fernsehern war es ein Fußballfest mit allem, was diesen Sport so populär macht. Es war spannend bis zur letzten Minute, nach gediegener erster Halbzeit war es nach der Pause wild, beide Teams erspielten sich zahlreiche Torchancen.

Selbst Joachim Löw konnte sich nicht komplett der Faszination entziehen. "Für die Zuschauer war es ein dramatisches und faszinierendes Spiel, beide Mannschaften haben bedingungslos auf Sieg gespielt." So war es. Aber clever war es nicht. Der Bundestrainer muss gelitten haben. Die DFB-Elf wirkte wie ein Schwergewichtsboxer, der alle Vorteile auf seiner Seite hat, über die bessere Technik verfügt und die größere Reichweite hat - und sich dann ohne Not auf einen Infight einlässt, einen offenen Schlagabtausch, anstatt mit wohldosierten Wirkungstreffern den Gegner zu attackieren und dann zur rechten Zeit den Knockoutschlag zu setzen. Es wirke ein wenig ratlos, was Joachim Löw direkt nach der Partie als Erklärung anbot: Das Spiel habe sich halt so entwickelt.

Trauma der Hochbegabten

Dabei war es erschreckend, wie sehr seine Mannschaft nach einem einzigen Gegentor aus dem Konzept geriet. Weil es Erinnerungen wachruft, die eher unangenehm sind. Steht diese Mannschaft der Hochbegabten doch in dem Ruf, oft dann einzuknicken, wenn es ernst wird. Das war bei der Niederlage im Halbfinale der Europameisterschaft 2012 gegen Italien so, das war beim epischen 4:4 in der WM-Qualifikation so. Und jetzt eben gegen Ghana auch.

Im besten Fall für die deutsche Mannschaft aber wird die Partie als Schlüsselspiel bei dieser WM in die Geschichte eingehen, weil ihr trotz allem der Ausgleich gelang. Daran hatte der Bundestrainer seinen Anteil. Nachdem er Bastian Schweinsteiger und Miroslav Klose eingewechselt hatte, wurde zwar nicht alles gut, doch einiges besser. Er hat, anders als bisweilen in der Vergangenheit, spontan und richtig reagiert als er sah, dass sein Plan zu scheitern drohte. Und er muss damit ja nicht immer bis zum Gegentor warten, sondern kann durchaus seine Stammelf aus den ersten beiden Spielen gegen Portugal und Ghana ändern. Schließlich war er es, der vor der WM von einer Stammvierzehn gesprochen hat.

Er muss die Fragen beantworten, die das Spiel seiner Mannschaft ihm stellt. Sollte nicht Schweinsteiger von Beginn an spielen, damit Sami Khedira sich ausruhen kann? Sollte Miroslav Klose nicht mehr Zeit bekommen, um als einziger echter Stürmer seine Tore zu schießen? Und vor allem: Ist Philipp Lahm nicht doch als rechter Außenverteidiger im Moment wertvoller für das Team? Die Optionen hat Löw, es wird spannend sein zu sehen, wie er sie nutzt. Gelingt es ihm und lernen seine Spieler dazu, könnte es ihr Turnier werden. Nicht auszuschließen, dass die Mannschaft dann mit dem Pokal nach Hause kommt.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen