Nach Trauer kommt Trotz Die allerletzte Olympia-Mission der DFB-Frauen

Trauer.

Trauer.

(Foto: picture alliance / Peter Schatz)

Denkbar knapp verlieren die DFB-Frauen das Halbfinale im olympischen Fußballturnier. Gegen die USA machen sie vieles besser als im Vorrundenspiel, am Ende reicht es aber nicht. Doch allzu lang wollen sich die Spielerinnen von Bundestrainer Horst Hrubesch nicht mit der Niederlage aufhalten.

Als die Tränen getrocknet waren, kam der Trotz bei den deutschen Fußballerinnen. Im Halbfinale des olympischen Turniers hatten sie nach langem Kampf gegen die US-Amerikanerinnen verloren. "Wir haben es über weite Strecken echt super gemacht", sagte Giulia Gwinn, die für die erkrankte Alexandra Popp beim 0:1 nach Verlängerung durch ein Tor von Sophia Smith (95. Minute) die Kapitänsbinde trug. "Es ist extrem bitter", sagte Laura Freigang über den verpassten Einzug ins Olympia-Finale: "Das Beste ist, dass in drei Tagen das Spiel um Bronze ist."

Am Freitag geht es direkt weiter. Auch das Duell wird wieder hochklassig, im Spiel um Platz drei geht es gegen die Weltmeisterinnen aus Spanien (15 Uhr/ZDF und Eurosport sowie im ntv.de-Liveticker). Wieder in Lyon, doch nicht in Paris. Der Einzug ins Olympische Dorf, einem Highlight aller Athletinnen und Athleten, bleibt nur den Finalteilnehmerinnen vorbehalten. "Vom Willen her sind wir alle bereit und wollen auf keinen Fall mit leeren Händen nach Hause fahren", sagte Gwinn. Bundestrainer Horst Hrubesch, der nach Olympia von Christian Wück abgelöst wird, sagte: "Heute nehmen wir die Köppe runter, morgen stehen wir wieder auf."

Nach dem 1:4 in der Vorrunde lieferten die DFB-Frauen den Amerikanerinnen dieses Mal einen leidenschaftlichen Abnutzungskampf und hatten sogar in den letzten Sekunden der Verlängerung noch eine Chance zum Ausgleich durch Freigang. Sie kam im Sechzehner der Amerikanerinnen frei zum Kopfball. Auf den TV-Bildern konnte man das Ex-Kopfballungeheuer Hrubesch erst verzweifeln hören und dann sehen. "Wir waren komplett dran. Wenn’s ins Elfmeterschießen gegangen wäre, hätten wir das Ding gewuppt", meinte Popp-Vertreterin Sydney Lohmann mit Blick auf die Elfmeterheldentaten von Torhüterin Ann-Katrin Berger im Viertelfinale gegen Kanada.

Erst nervös, dann hellwach

Dabei hatte es vor der Partie gar nicht danach ausgesehen, dass die DFB-Frauen dem Finaltraum so nahe kommen würden. Die Vorzeichen waren denkbar schlecht. Mittelfeldass Lena Oberdorf blieb nach ihrer Kreuz- und Innenbandverletzung nur der Platz auf der Tribüne als Edelfan. Sie war als Glücksbringer angereist, vor dem Spiel aus einem Minivan gestiegen und hatte gehofft. Doch in den Stunden vor dem Anpfiff prasselten dann die schlechten Nachrichten herein. Erst musste Kapitänin Popp wegen eines Infekts passen, dann auch noch die bislang torgefährlichste Angreiferin Lea Schüller. Zudem hatten sie noch das nerven- und kräftezehrende Elfer-Krimi-Viertelfinale gegen Kanada in den Knochen.

Und dennoch machten die DFB-Frauen es besser als in der Gruppenphase, als sie mit 1:4 unter die Räder kamen. Bei den hochsommerlichen Temperaturen von mehr als 30 Grad dauerte es nicht lange, bis das US-Team Ann-Katrin Berger prüfte. Doch die DFB-Torhüterin, gegen Kanada die gefeierte Heldin, war beim nervösen Beginn wie gegen Rose Lavelle (4.) und Sophia Smith (7.) hellwach. Die DFB-Frauen wurden daraufhin deutlich mutiger und setzten auf ihr Umschaltspiel.

Während an der Seite der Olympia-Bundestrainer Hrubesch auch an den TV-Bildern hörbar mitfieberte ("Genauso macht ihr das weiter"), erarbeitete sich das deutsche Team sogar Chancen. Eine direkt aufs Tor gezirkelte Ecke von Klara Bühl (21.) entschärfte US-Keeperin Alyssa Naeher, ebenso den Abschluss durch Jule Brand (24.), die Hrubesch als zweite Spitze aufbot. Doch mit der Zeit schwanden die Spielerinnen auf beiden Seiten die Kräfte. Berger war bei einem Kopfball von Kapitänin Lindsey Horan (79.) zur Stelle, ein Tor von Mallory Swanson (86.) zählte wegen Abseits nicht.

In der Verlängerung entwickelte sich dann ein Abnutzungskampf. Bühl (94.) hatte endlich wieder eine gute deutsche Chance, doch im Gegenzug schlugen die USA zu. Swanson steckte den Ball zu Smith durch, Linksverteidigerin Felicitas Rauch verschätzte sich. Smith blieb gegen die herauseilende Berger cool und verwandelte aus 14 Metern. Deutschland mobilisierte die letzten Kräfte, stellte auf Dreierkette um, doch die eingewechselte Freigang (119.) vergab die letzte Chance zum Ausgleich.

Hrubesch "hat ja schon" eine Medaille

Und doch, die Trauer hielt nicht lange an. Im Gegenteil. "Ich habe den Mädels gesagt, ich kann nur gratulieren für die Art und Weise, wie sie gespielt haben", sagte Hrubesch, dessen lange Karriere am Freitag enden wird. Dass er mit einer Medaille am Freitag abtrete, sei nicht so wichtig. "Ich habe ja schon eine", sagte der frühere HSV-Stürmer. 2016 in Rio gab es für ihn als Chefcoach und die deutschen Männer Silber - nach einem im Elfmeterschießen verlorenen Finale gegen Brasilien. "Für mich wäre es wichtig, dass die Mädels eine kriegen. Das wird schwer genug", sagte Hrubesch.

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Acht Jahre nach dem Goldtriumph von Rio wäre es die insgesamt vierte Bronze-Medaille für die deutschen Fußballerinnen bei Sommerspielen. "Vorher hätte uns keiner zugetraut, dass wir überhaupt hier stehen. Wir haben noch die Chance auf Bronze, also einen zweiten Matchball", sagte Hrubesch. "Den werden wir versuchen, zu nutzen." Hinter ihnen liegt eine lange Olympia-Reise. Der rauschende 3:0-Auftakt gegen Australien, der harte 1:4-Rückschlag gegen die USA, das 4:1-Comeback gegen Sambia, der kanadische Elferkrimi. Und am Freitag dann das letzte Spiel um Bronze. Die allerletzte olympische Mission. "Das Spiel widmen wir ihm", sagte Bühl über Hrubesch.

Und am Ende könnte sich der Traum von Paris auch noch erfüllen. Irgendwie. Weite Teile des DFB-Trosses werden offenbar in die Olympia-Metropole weiterreisen, die diese Spiele fast an jeder Ecke feiert. Der Abstecher in die französische Hauptstadt und ein möglicher Besuch im Olympischen Dorf erfolge in individueller Absprache mit den abstellenden Vereinen. Details dazu seien noch in Klärung, sagte eine DFB-Sprecherin.

Quelle: ntv.de, ses/dpa/sid

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