Medaillenregen am vorletzten Tag Disqualifikationsdrama und Überraschungsgold fürs Team D

Mikolaschek kann ihr Glück kaum fassen.

Mikolaschek kann ihr Glück kaum fassen.

(Foto: dpa)

Morgen gehen die Paralympics in Paris zu Ende, am vorletzten Tag räumen die Deutschen noch einmal so richtig ab. Bei Medaillengewinnern fließen die Tränen, es gibt aber auch großen Frust. Ein Star wird erst gefeiert und dann disqualifiziert.

Einmal gibt es Gold, viermal Silber sowie zwei Bronzemedaillen - und einen großen Aufreger: Der vorletzte Paralympics-Tag in Paris hatte es noch einmal in sich. Sandra Mikolaschek holte im Tischtennis das zehnte Gold für den Deutschen Behindertensportverband. Im Finale bezwang die 27-Jährige die Serbin Borislava Peric-Rankovic mit 3:1. "Ich bin eigentlich nicht so gerne der Mensch, der im Mittelpunkt steht. Ich habe es aber trotzdem genossen", sagte Mikolaschek nach ihrem Triumph gegen die Weltranglistenerste.

"Ich musste mir aktiv Druck machen, dass ich mich nicht auf der Silbermedaille ausruhe. Ich wollte das Spiel trotzdem gewinnen", sagte Mikolaschek: "Ich musste in den letzten Jahren oft lernen, dass mutiges Spiel belohnt wird und nicht, wenn man einfach nur den Ball rüberspielt." Das habe sie endlich auch auf großer Bühne umgesetzt. Sie werde darauf mit dem "einen oder anderen Gläschen anstoßen. Aber mal schauen, so viel vertrage ich auch nicht."

Drama auf der Laufbahn

Nichts zu feiern gibt es dagegen für Prothesen-Star Felix Streng. Der Sprinter lief über die 200 Meter im Stade de France eigentlich zu Silber, wurde jedoch kurze Zeit später wegen Übertretens der Linie in der Kurve beim Lauf disqualifiziert. Der 29-Jährige war in der Startklasse T64 der Unterschenkelamputierten mit einer Saisonbestleistung von 21,86 Sekunden ins Ziel gekommen. Streng feierte schon mit der Fahne um den Hals und seinen Mitsiegern, ehe er disqualifiziert wurde. "Es ist extrem frustrierend. Ich habe es noch gar nicht richtig gefasst", sagte Streng: "Das ist etwas, dass mir als Athlet nicht passieren darf. Ich muss in meiner Bahn laufen, am Ende war es eine Fingerbreite. Es wäre nicht nötig gewesen, wir waren vorne so weit weg, da hätte ich nicht um jeden Zentimeter kämpfen müssen."

So verpasste er seinen dritten Paralympicssieg - in Tokio war der in London trainierende Sprinter über die 100 Meter zu Gold gelaufen. Zudem gewann er mit der 4x100-Meter-Staffel in Rio.

Alles regulär lief dagegen bei Teamkollegin Lindy Ave: Sie gewann Bronze. Die 26-Jährige, die ein Jahr nach ihrer Goldmedaille in Tokio Mutter geworden war und bis Mai auf internationaler Ebene pausiert hatte, kam im Finale der Klasse T38 über die Stadionrunde in 1:00,37 Minuten auf Rang drei. Für Ave ist es die insgesamt dritte Medaille bei Sommerspielen. In Japan war sie neben ihrem Triumph über die 400 Meter über die 100 Meter zu Bronze gesprintet. Im Jahr darauf ging Ave in eine Babypause. Nach ihrer Rückkehr holte die mit einer Cerebralparese antretende Ave bei der WM im Mai in Kobe den zweiten Platz. Im selben Rennen lief Weitsprung-Silbermedaillengewinnerin Nele Moos in persönlicher Bestzeit von 1:00,91 Minuten auf den siebten Rang.

Reiterinnen feiern gemeinsam

Erfolgreich lief es auch für die deutschen Dressurreiterinnen. Sie gewannen zum Abschluss der Reitwettbewerbe drei Medaillen. Anna-Lena Niehues und Regine Mispelkamp sicherten sich in ihren Klassen in der Kür jeweils Silber. Heidemarie Dresing rundete das gute Ergebnis mit Bronze ab. Die 40-jährige Niehues sicherte sich auf Quimbaya im Schlossgarten von Versailles mit 80,900 Punkten hinter der Niederländerin Demi Haerkens Platz zwei. Mispelkamp holte auf Highlander Delight's ebenfalls Silber, Gold ging an die Belgierin Michele George.

Dresing, mit 69 Jahren älteste deutsche Para-Teilnehmerin, kam mit Dooloop hinter der US-Amerikanerin Fiona Howard und der Britin Georgia Wilson zu ihrer zweiten Bronzemedaille bei den Spielen in und um Paris. "Das ist natürlich ein Traum", sagte sie. Für Mispelkamp war es nach Bronze in der Mannschaft bereits die zweite Einzel-Silbermedaille in Versailles. "Ich bin super happy", sagte sie und schwärmte von ihrem Pferd: "Er macht so viel Spaß da drin und genießt das dermaßen, das ist schon toll. Ein mega Pferd." Isabell Nowak wurde Vierte.

Niehues durfte sich in ihrer Klasse nach Bronze im Einzel- und der Teamwertung über die dritte Medaille bei den Spielen in Paris freuen. "Es war zum Abschluss noch einmal eine tolle, harmonische und gleichzeitig ausdrucksvolle Runde der beiden", sagte Bundestrainerin Silke Fütterer-Sommer.

"Wir stehen gut da"

Zu einer durchaus überraschenden Silbermedaille kam Schwimmerin Gina Böttcher. Die 23-Jährige schwamm die 50 Meter Rücken in 51,40 Sekunden und konnte nur von der Griechin Alexandra Stamatopoulou (50,12 Sekunden) bezwungen werden. "Ich hatte damit nicht gerechnet. Ich hatte auf Bronze gehofft, aber über Silber bin ich natürlich sehr happy", sagte Böttcher.

Ebenfalls Bronze sicherten sich die Rollstuhlbasketballer durch einen 75:62-Erfolg gegen Kanada. Dabei krönte das deutsche Team eine Aufholjagd und beschenkte ihren Coach Michael Engel, der seinen 40. Geburtstag in der Bercy Arena verbrachte, mit dem dritten Platz. "Es ist Wahnsinn", sagte Böhme über die erste Medaille der Basketballer seit 32 Jahren.

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Und der Chef war eigentlich schon zuvor zufrieden. "Wir stehen gut da", erklärte Karl Quade bei der Abschluss-Pressekonferenz am Morgen. Auch wenn es für die anvisierten Top Ten im Medaillenspiegel nicht mehr ganz reichen wird, zog der Chef de Mission ein tendenziell positives Fazit. Das Team habe in der zweiten Hälfte der Spiele "gut aufgeholt".

Die Negativtendenz mit dem historischen Minusergebnis von Tokio sei vorerst gebremst, das sei das Hauptziel gewesen. In Japan war das deutsche Team mit 13 Gold-, 12 Silber- und 18 Bronzemedaillen auf Rang zwölf im Medaillenspiegel gelandet, die Gesamtzahl der Medaillen ist nun mit 46 bereits überboten.

Quelle: ntv.de, ara/dpa/sid

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